Flughafenausbau Kiel-Holtenau:
Belebung des Ostseekreuzfahrtgeschäftes?

In der Potenzialanalyse wird auf die Kombination zwischen Kreuzfahrtourismus und Flughafen-Ausbau hingewiesen. Man verspricht sich damit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber konkurrierenden Ostseehäfen und eine deutliche Belebung der Kieler Wirtschaft.

Derzeit legen in der Saison (Ostseekreuzfahrten finden nur in den Sommer-Monaten statt) rund 45 Kreuzfahrtschiffe in Kiel an. Die Schiffe nehmen durchschnittlich etwa 300 Passagiere auf. Die meisten durchqueren den NO-Kanal. Ausgangspunkt der Kreuzfahrten sind neben Kiel Seestädte wie Hamburg, Rostock oder Bremerhaven. Zielhäfen sind alle interessanten Städte im Ostseeraum mit geeigneten Hafenanlagen (Kopenhagen, Göteborg, Oslo, Stockholm, Helsinki, Danzig, Riga, Tallinn, etc.).

Die Zielhäfen müssen ein interessantes Rahmenprogramm für den Landgang bieten, da die Kreuzfahrten an sich nur wenige reine Seetage haben. Das schränkt die Auswahl der Städte entsprechend ein.

Ostseekreuzfahrten sind eine deutsche Spezialität. Die Tradition geht bis in die Kaiserzeit zurück. Daher ist das Publikum überwiegend deutsch. Nur "Kreuzfahrt-Fans", die schon alle Weltmeere gesehen haben, kommen aus dem Ausland. Das erklärt auch die geringe Anzahl kaufkräftiger Amerikaner in diesem Bereich. Ostseekreuzfahrten sind etwas für Spezialisten und werden auch nach Aussagen von Experten nie über ein Nischenangebot hinauskommen. Das kühle Wetter lässt leider nur selten die richtige Cruiser-Stimmung aufkommen.

Wachstum in den Ausgangshäfen ist also nur durch Verdrängung anderer Konkurrenten möglich. Kiels Hafenwirtschaft träumt schon seit Jahren von einer führenden Rolle in diesem Bereich. Voraussetzung ist neben der entsprechenden Infrastruktur des Hafens eine vernünftige Verkehrsanbindung. Kiel hat sowohl einen Autobahnanschluss als auch Bahnverbindungen. Das Flugzeug als Zubringer spielt bei Ostseekreuzfahrten eigentlich überhaupt keine Rolle. Da mindestens 90% der Passagiere aus Deutschland kommen, werden die meisten preisgünstige Anreisemöglichkeiten per Auto und per Bahn nutzen. Für die übrigen reicht das bestehende Direktflugangebot Kiels (Frankfurt, Berlin, Köln) vollkommen aus.

Charterflug und Ostseekreuzfahrten schließen sich vollständig aus. Kein Mensch würde auf die Idee kommen, vielleicht hunderte von Kilometern zu einem Sammelflughafen wie Frankfurt oder Düsseldorf zu fahren, um dann mit einer Reisegruppe in den Flieger nach Kiel zu steigen, wo dann seine Kreuzfahrt beginnt. Entsprechende Angebote wird es daher nicht geben. Die Anzahl der Passagiere pro Schiff ist dafür einfach zu gering

Hauptkonkurrent in Deutschland ist neben Travemünde die Hansestadt Rostock. Hier ist in den vergangenen Jahren nicht nur geträumt sondern gehandelt worden. Die Kaianlage für die Kreuzfahrtschiffe liegt in einem attraktiven, fast parkähnlichen Bereich. Die Altstadt Rostocks bietet auch anspruchsvollen Touristen einiges. Der Ballungsraum Berlin liegt quasi vor der Haustür. Und einen modernisierten Flughafen hat die Stadt mit Rostock-Lage auch. Eigentlich spricht vieles für Rostock und wenig für Kiel als Ausgangspunkt für Ostseekreuzfahrten. Die Qualität des Flughafens spielt hierbei aber, wie oben ausgeführt, überhaupt keine Rolle.

Es gibt in der Kieler Wirtschaft eigentlich nur einen einzigen Nutznießer eines erweiterten Kreuzfahrtbetriebs. Das ist die Firma Sartori & Berger, die als sogenannte Cruise Agency die gesamte Logistik vom Einschiffen der Passagiere bis zur Versorgung des Schiffes übernimmt. Selbst Kieler Reisebüros profitieren kaum von diesem Geschäft, da Kreuzfahrten von jedem Büro der Welt und darüber hinaus im Internet gebucht werden können. Das Landprogramm in Kiel ist vergleichsweise wenig attraktiv. Schilksee und Laboe sind fast die Highlights. Der eine oder andere Passagier nutzt vielleicht das vorhandene Shopping-Angebot in der Kieler Innenstadt. Aber wir reden von einer Größenordnung von rund 13.500 Passagieren pro Saison. Das entspricht der Anzahl der Stena-Passagiere in wenigen Tagen. Der Kaufkrafteffekt wird daher eher zu vernachlässigen sein.

Zusammengefasst lässt sich kein logischer Zusammenhang zwischen einer Belebung des Kreuzfahrt-Geschäftes und einem Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau herstellen.