Altenholz, den 17. März 2001/Klaus Reese

Die Bürgervereinigung hat die Potentialanlayse unter die Lupe genommen:

 

 

Droht der Charterflughafen Kiel-Holtenau?

Schätzung des Fluggastaufkommens grob fehlerhaft!

Flughafenausbau gigantische Fehlinvestition!

 

 

Der Flughafen Kiel-Holtenau wird nach dem Ausbau von sehr starkem Pauschalreiseverkehr abhängen. Zu diesem Ergebnis kommt die Bürgervereinigung nach Auswertung der Daten der Potentialanalyse, denn die dort angeführten Daten sind fehlerhaft und grob falsch ausgewertet. So ist nicht nur das Potential zukünftiger Fluggäste falsch berechnet. Die angestrebte Fluggastzahl von rund 354.000 im Jahr 2011 kann in einer Region mit rund 700.000 Einwohnern mit einem Schwerpunkt Linienverkehr nicht erreicht werden.

 

 

Kernaussage der seit Februar vorliegenden Potentialanalyse Flughafen Kiel-Holtenau ist es, dass nach einem Ausbau des Flughafens und der Investition von rund 160 Mio. DM im Jahre 2011 mit einem Fluggastaufkommen von ca. 354.000 Passagieren (davon ca. 65.000 Fluggäste im Pauschalflugverkehr) zu rechnen ist und dann ein Einnahmeüberschuss von ca. 3 Mio. DM erwirtschaftet werden kann.

 

Diese Kernaussage ist falsch und macht die gesamte Potentialanalyse zur Makulatur!

 

 

1. Ermittlung des Fluggastpotentials:

Das Fluggastpotential eines Flughafens ermittelt sich nach der Analyse aus folgenden drei Kriterien:

 

 

Bei der Ermittlung dieser drei Potentiale kommt die Analyse zu grob fehlerhaften Daten. Deshalb ist auch die Berechnung des Fluggastpotentials mangelhaft.

 

 

1.1 Bevölkerungspotential

Die Potentialanalyse definiert einen Einzugsbereich der sog. 45 min. Isochrone, d.h. der Fahrzeit, innerhalb welcher der Flughafen mit dem Pkw erreicht werden kann. Die Außengrenzen dieses Einzugsgebietes definieren sich durch die Städte/Orte Eckernförde, Schleswig, Rendsburg, Hohenwestedt, Bad Bramstedt, Trappenkamp, Plön, Lütjenburg. In dieses Einzugsgebiet rechnet die Potentialanalyse damit neben Kiel auch die Stadt Neumünster. Das widerspricht allerdings den in der Analyse selbst wiedergegebenen Umfrageergebnissen des Flughafens Kiel, wonach die Fluggäste des Flughafens aus folgenden Regionen kommen:

 

 

 

Stadt Kiel

ca. 30-35 %

Kreis Rendsburg-Eckernförde

ca. 25-26 %

Kreis Plön

ca. 10-11 %

Kreis Schleswig-Flensburg

ca. 4-5 %

Städte Flensburg und Neumünster

ca. 1-2 %

 

Diese tatsächlichen Ermittlungen der Flughafengesellschaft zeigen, dass Fluggäste aus Neumünster das große Angebot des Flughafens Fuhlsbüttel wählen anstatt die gleichen Ziele von Kiel aus anzureisen. Wer sollte sich die Mühe machen und ein Flugzeug in Kiel besteigen, wenn er in Hamburg bessere Verbindungen zu günstigeren Zeiten und deutlich günstigeren Flugpreisen mit annähernd gleichem Zeitaufwand haben kann.

 

Ungeachtet dieser Erkenntnisse gehen die Fluggastschätzungen der Potentialanalyse für das Jahr 2011 von einem Einzugsbereich unter Einschluss der Stadt Neumünster bis über die Stadt Bad Bramstedt hinaus aus, denn die Analyse ermittelt ein Bevölkerungspotential von rund 840.000 Personen. Diese Zahl ist zu hoch!

 

Laut statistischem Landesamt gibt es in der erweiterten K.E.R.N-Region folgendes Bevölkerungspotential (Daten von 1999):

 

 

Stadt Kiel

235.532 EW

Stadt Neumünster

80.743 EW

Stadt Schleswig

25.689 EW

Kreis Rendsburg-Eckernförde

267.186 EW

Kreis Plön (2000)

131.352 EW

gesamt

740.502 EW

 

Woher die Potentialanalyse die weiteren etwa 90.000 Einwohner nimmt, ist nicht ersichtlich, zumal große Teile des Kreises Rendsburg-Eckernförde westlich von Rendsburg sowie die Region Neumünster und die südlich davon gelegenen Bezirke der 45-Min-Isochrone aus dem von der Analyse definierten Einzugsgebiet herausgenommen werden müssen.

 

Das tatsächliche Bevölkerungspotential beträgt daher nicht mehr als 700.000 Einwohnern!

 

 

1.2 Erwerbstätigenpotential

Die Analyse ermittelt ein Erwerbstätigenpotential von rund 290.000 Personen, also knapp 35 % des zugrunde gelegten Bevölkerungspotentials. Dieses Potential ist bedeutend für die Ermittlung Geschäftsreisender aus der Region. Es wird behauptet, allein in der Stadt Kiel seien 125.000 Erwerbstätige registriert. Bei einer Bevölkerungszahl von 235.000 Einwohnern würde das bedeuten, dass 53 % aller Kieler Bürger, einschließlich Kindern und Greisen, einer registrierten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen würden, im öffentlichen Dienst oder selbständig tätig seien. Selbst wenn man die Umlandgemeinden mit einbezieht, kann die Zahl von 125.000 Erwerbstätigen nicht haltbar sein. Die gesamte K.E.R.N.-Region hat lt. Wirtschaftminister Rohwer (KN-Gespräch vom 12.3.2001) etwa 220.000 Erwerbstätige.

 

Gegen die Richtigkeit des ermittelten Erwerbstätigenpotentials spricht auch, dass die Erwerbstätigen, die in Neumünster ihren Arbeitsplatz haben, in die Berechnung voll einbezogen wurden, obgleich nach den Ermittlungen der Flughafengesellschaft nur 1-2 % der Fluggäste überhaupt aus diesem Bereich kommen.

 

Daraus folgt, dass auch das ermittelte Erwerbstätigenpotential zu hoch angesetzt wurde. Dies dürfte allenfalls bei etwa 220.000 Erwerbstätigen liegen.

 

 

       

    1. Touristenpotential

Dritter Faktor für das Fluggastaufkommen ist schließlich das Tourismuspotential, d.h. der Besucher unserer Region. Die Analyse legt eine Gästezahl von rund 650.000 Gästen jährlich zu Grunde (nicht Übernachtungen). Diese Zahl konnte von der Bürgervereinigung nicht überprüft werden.

 

Die Verfasser der Analyse gehen richtigerweise davon aus, dass unsere Urlaubsgäste nicht mit der Linienmaschine oder dem Charterflugzeug in unsere Region kommen. Sie ermitteln aus der Gesamtzahl der Gäste den Anteil der Geschäftsreisenden, die potentiell Fluglinien nutzen, indem sie davon ausgehen, dass ca. 80 % der Gäste in Städten und 20 % der Gäste im ländlichen Bereich Geschäftsreisende sind. Eine Ausnahme wird für die Stadt Kiel gemacht, da die Kieler Woche und der Fährverkehr nach Norwegen und Schweden den Urlaubsreiseverkehr erhöhen, so dass für Kiel nur ein Geschäftsreiseanteil von 70 % festgelegt wurde. Die Analyse schließt aus den vom statistischen Landesamt vorgelegten Daten, dass von den 650.000 jährlichen Gästen nur etwa 250.000 Personen Touristen sein sollen und etwa 400.000 Personen zu den Geschäftsreisenden zu zählen seien, die potentiell, d.h. zu etwa 25 %, mit dem Flugzeug an- und abreisen könnten. Nur diese Geschäftsreisenden kommen als Fluggäste in Frage.

 

Wer unsere Region kennt, weiß, dass diese Annahme der Potentialanalyse völlig unhaltbar und blanker Unsinn ist.

 

Es wird völlig außer Acht gelassen, dass der gesamte Kreis Plön und der östliche Teil des Kreises Rendsburg-Eckernförde Ferienregionen mit hohen Übernachtungszahlen sind. Dies wird vor allem an folgenden Beispielen deutlich:

 

Eine Stadt wie Eckernförde mit ihren knapp 23.000 Einwohnern hatte laut der von der Potentialanalyse zu Rate gezogenen Statistik im Jahre 1998 21.211 Gäste. Nach den Annahmen der Potentialanalyse wären 80 % dieser Gäste Geschäftsreisende, was einer Zahl von rund 17.000 Gästen entspräche. Das Geschäftsreisendenpotential unserer Nachbarstadt müsste also so interessant sein, dass auf 1,25 Eckernförder Einwohner einschließlich Kindern und Greisen ein Geschäftsreisender kommt, der sie jährlich besucht und dabei potentiell eine der sechs prognostizierten Flugverbindungen nach Kiel nutzt. Dabei hat Eckernförde gerade mal 10 Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten.

 

In der Gemeinde Laboe haben sich im Jahre 1998 etwa 12.000 Gäste aufgehalten. Da es sich hier nicht um eine Stadt, sondern um einen ländlichen Raum handelt, sollen etwa 20 % davon Geschäftsreisende gewesen sein. Das wären 2.400 Geschäftsreisende, die in den 960 zur Verfügung stehenden Betten in Laboe übernachtet hätten. Dass diese Annahme der Potentialanalyse richtig ist, ist mit Sicherheit auszuschließen.

 

Die Gast- und Übernachtungszahlen der Feriengebiete dürfen daher für die Ermittlung des Fluggastpotentials nicht herangezogen werden.

 

Für die Stadt Kiel mit Schilksee hat das statistische Landesamt eine Zahl von 124.000 Gästen ermittelt, die im Jahre 1998 in den zur Verfügung stehenden 2.900 Betten etwa 241.000 Nächte verbracht haben sollen. Da hier die Verweildauer der Gäste, anders als bei den übrigen Orten im Einzugsbereich des Flughafens, nur bei ca. zwei Tagen liegt, scheint es tatsächlich möglich, dass hier der von der Analyse angenommene Wert von 70 % Geschäftsreisenden stimmt, was zu einem Anteil von rund 87.000 Geschäftsreisenden führen würde.

 

Woher die Potentialanalyse die verbleibenden 313.000 Geschäftsreisenden nimmt, beantwortet sie nicht. Ebenso fehlen irgendwelche gesicherten statistischen Erhebungen dazu, welcher Anteil der Geschäftsreisenden im Einzugsgebiet oder zumindest in der Stadt Kiel das Flugzeug benutzt, um hierher zu gelangen.

 

Auch das Potential künftiger Geschäftstouristen ist deutlich zu hoch angesetzt.

 

 

 

2. Schätzung der Fluggastzahlen für das Jahr 2011

Die Potentialanalyse schätzt, dass sich die Fluggastzahlen in Kiel-Holtenau von 103.824 Fluggästen im Jahre 1999 nach dem geplanten Ausbau des Flughafens im sog. Szenarium 2 im Jahre 2011 auf rund 354.000 Fluggäste steigern lassen. Dabei fehlt in der Analyse jegliche Erläuterung, wie es zu dieser Steigerung der Passagieraufkommens kommen soll. Die Daten aus der Region sprechen gegen eine wesentliche Ausweitung der Fluggastzahlen.

 

 

2.1 Linienverkehr

2.1.1 Verhältnis der Fluggastzahlen zum Bevölkerungspotential

Eine Steigerung der übrigen Fluggastzahlen von 103.824 im Jahr 1999 auf 289.000 im Jahr 2011 – also fast eine Verdreifachung ! - ist völlig unrealistisch. Schon bei dem von der Potentialanalyse unterstellten Bevölkerungspotential im 45-Minuten-Einzugsbereich des Flughafens von 839.000 Einwohnern müsste rein rechnerisch jeder dritte Einwohner des Einzugsgebietes im Jahre 2011 zumindest einmal im Jahr einen Linienflug zu den sechs geplanten Flugzielen buchen oder Besuch von einem Linienflugnutzer bekommen. Derartige Potential-Auslastungszahlen sind nicht einmal im Viel-Fliegerland USA erreicht. Legt man den von der Bürgervereinigung ermittelten Wert von höchstens 700.000 Einwohnern zu Grunde, so beträgt der Anteil sogar 41,3 % !

 

2.1.2 Vergleichsflughäfen

Der von der Potentialanalyse genannte Vergleichsflugplatz Dortmund mit Fluglinien nach Frankfurt, München, Amsterdam, Zürich, Mailand, Paris und Rom hat ein Einzugsgebiet von 9 Mio. Einwohnern in der 45-Minuten-Ioschrone. Das Fluggastaufkommen betrug 1999 637.000 Fluggäste im Linienverkehr. Daraus ergibt sich ein Linienfluggastaufkommen von 7 % im Verhältnis zur Gesamtbevölkerungszahl.

 

Die Potentialanalyse nennt den Flughafen Mönchengladbach als eher mit Kiel-Holtenau vergleichbar. Im Einzugsbereich dieses Flughafens leben 2,5 Mio. Menschen und von dort finden Flüge nach Berlin, Leipzig, München, London und Jersey sowie demnächst auch Kiel statt. Der Flughafen ist Ausweichflughafen für Düsseldorf. Nach der Potentialanalyse betrug die Anzahl der Fluggäste im Linienverkehr im Jahre 1999 für den Flughafen Mönchengladbach rund 174.000. Auch dies entspricht einer Quote von 7 % des Fluggastaufkommens im Verhältnis zum Bevölkerungspotential.

 

Die Potentialanalyse nennt weiter die Flughäfen Saarbrücken, Erfurt, Friedrichshafen und Augsburg als mit Kiel-Holtenau vergleichbar. Für diese Flughäfen werden auch Passagierzahlen im Linienverkehr genannt, ohne dass allerdings Angaben über die Bevölkerungszahl des Einzugsgebietes gemacht werden. Mit Kiel-Holtenau vergleichbar dürfte am ehesten der Flughafen Saarbrücken sein. Auch dieser Flughafen liegt in einer relativen Randlage. Im Unterschied zu Kiel-Holtenau ist Saarbrücken allerdings ein internationaler Flughafen mit Verbindungen nach Düsseldorf, Berlin, Leipzig, Dresden, München, Stuttgart, Hamburg und Luxemburg. Trotz dieser interessanten Flugverbindungen stagnieren dort die Fluggastzahlen und lagen im Linienverkehr im Jahre 1999 bei 134.000 Fluggästen. Die Gesamtfluggastzahl von Saarbrücken ist mit ca. 443.000 Fluggästen angegeben, woraus sich bereits ergibt, dass hier die relative Randlage des Flughafens auf diesen positiv wirkt, weil Konkurrenzflughäfen in der Region nicht vorhanden sind, so dass das Einzugsgebiet von Saarbrücken tatsächlich weit größer sein dürfte, als die 45-Minuten-Isochrone. Die Zahlen zeigen aber auch, das Saarbrücken vom Chartergeschäft lebt.

 

2.1.3 Schlussfolgerung

Soweit Vergleichszahlen vorliegen (Dortmund, Mönchengladbach), beträgt das Verhältnis der Fluggastzahlen zum Gesamtbevölkerungspotential lediglich 7 %. Ein Wert,. der deutlich über 10 % liegt, kann nicht als realisierbar angesehen werden, erst recht kein Wert von über 40%! Kiel-Holtenau dürfte daher mit 103.824 Linienfluggästen im Jahr 1999 die (Bevölkerungs-)-kapazitäten schon sehr gut ausgeschöpft haben. Eine Zahl von 284.000 Linienfluggästen im Jahr 2011 wird nicht zu erreichen sein, auch wenn neue Destinationen hinzu gerechnet werden.

 

 

2.2 Pauschaltourismus

Die Potentialanalyse gibt für das Jahr 2011 einen Anteil von ca. 65.000 Passagiere im sog. Pauschalreiseverkehr zu Zielen im Mittelmeerraum an. Der Anteil des Pauschalflugverkehrs am Gesamtflugverkehr beträgt nach den von der Analyse vorgelegten Zahlen aller Regionalflughäfen rund 37 %. Für den Flughafen Kiel-Holtenau würde das eine Fluggastzahl von rund 131.000 Pauschalreisenden bedeuten. Die Analyse gibt als Grund für die geringere Zahl an Pauschalreisenden die Randlage Kiels an. So wird die Leitlinie für eine Norddeutsche Luftverkehrspolitik vom 12.6.1995 mit der Einschätzung zitiert, dass der Flughafen Holtenau von Passagieren wegen der großen Entfernung zu Hamburg nicht akzeptiert werde. Das Luftfahrtkonzept 2000 des Bundesverkehrsministeriums fordert zwar, Regionalflughäfen in der Nähe großer Verkehrsflughäfen soweit zu entwickeln, dass sie in der Lage sind, gewisse Funktionen von den Verkehrsflughäfen zu übernehmen. Nach Ansicht der Verfasser der Studie sei aber hier auch weiterhin der Flughafen Lübeck aufgrund seiner größeren räumlichen Nähe zum Ballungsgebiet Hamburg und seiner besseren Verkehrsanbindung (demnächst einschließlich der A 20 nach Mecklenburg-Vorpommern) bevorzugt werden.

 

Dieser Einschätzung kann die Bürgervereinigung nicht folgen. Da, wie oben dargelegt, im Linienflugverkehr zu hohe Fluggastzahlen errechnet wurden, wird der Flughafen Kiel-Holtenau in erheblich stärkerem Umfang Pauschalflüge abfertigen müssen als angegeben, um einigermaßen wirtschaftlich arbeiten zu können. Wir befürchten für Kiel-Holtenau ein ähnliches Desaster wie für den Flughafen Baden-Airport. Dieser Flughafen war 1996 mit dem Anspruch in Betrieb genommen worden, eine Auslastung von 85 % an Linienfluggästen zu erreichen und Firmen über den angegliederten Baden-Airpark ansiedeln zu können. Beide Ansprüche mussten bereits 3 Jahre später als gescheitert angesehen werden, da u.a. das Linienfluggastpotential grob falsch eingeschätzt wurde. So konnte der nahe Raum Karlsruhe nicht ausreichend genutzt werden. Der Flughafen wird nach der Insolvenz im Jahr 2000 jetzt nur noch mit einer Linienverbindung nach Berlin betrieben! Über 90 % der Flüge sind ausgelagerte Pauschalflüge aus Stuttgart!

 

Karte der Destinationen des Baden-Airports im Jahr 2001

 

 

Die im Jahr 2000 erreichte Linienfluggastzahl wird nicht wesentlich steigerungsfähig sein, auch wenn neue Flugverbindungen hinzu kommen. Die angestrebten 354.000 Fluggäste im Jahr 2011 können nur über ein nicht an die K.E.R.N.-Region gebundenes Pauschalfluggastpotential erreicht werden, da für Urlauber der Zeitfaktor eine erheblich geringere Rolle spielt als für Geschäftsreisende.

 

 

     

  1. Wirtschaftliche Perspektiven

 

3.1 Laufender Betrieb

Wie bereits eingangs dargestellt, empfiehlt die Potentialanalyse den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau als Zukunftsinvestition in die Region, die binnen zehn Jahren dazu führen soll, dass aus dem Unternehmen Kieler Flughafengesellschaft, das derzeit jährlich mit rund 2,5 Mio. DM bezuschusst wird, ein Unternehmen entsteht, dass einen Einnahmeüberschuss von rund 3 Mio. DM jährlich erwirtschaftet.

 

In der ursprünglichen Fassung der Potentialanalyse waren hier versehentlich falsche Zahlen über die Einnahmesituation aus Bodendiensten vorhanden, die bis ins Jahr 2011 fortgeschrieben wurden und so zu einem völlig falschen Bild führen. Auch aus der jetzt vorliegenden korrigierten Fassung ist nicht nachvollziehbar, warum sich die Einnahmen aus Bodendiensten von prognostiziert einer Million DM im Jahre 2001 auf 4,29 Mio. DM im Jahre 2011 steigern sollen. Die Landeentgelte sollen eine Steigerung von derzeit 942.000,00 DM für das Jahr 2001 auf 3.267.000,00 DM im Jahre 2011 erfahren, was natürlich voraussetzt, dass die prognostizierten Fluggastzahlen von 354.000 Fluggästen erreicht werden. Mit dem nicht Erreichen dieser Zahlen werden natürlich auch die Einnahmen aus Bodendiensten, Abstellentgelten und sonstigen mit dem Betrieb des Flugshafens verbundenen Einnahmen sinken, weil sie allesamt von der Zahl der beförderten Fluggäste abhängen. Selbst wenn man aber die Zahlen der Prognose als richtig unterstellen würde und sich die Einnahmen von derzeit 3,25 Mio. DM auf zukünftig 9,68 Mio. DM steigern ließen, ergäbe dies noch keine nachvollziehbare Begründung für die Erwirtschaftung eines Einnahmeüberschusses von 3 Mio. DM. Während nämlich auf der Einnahmeseite eine Steigerung um 300 % erreicht werden soll, bleiben merkwürdigerweise auf der Ausgabenseite die Beträge annähernd konstant. Für das Jahr 2001 sind Ausgaben für Personal, sonstige Auszahlungen, Zinsen für bestehende Kredite in Höhe von insgesamt 4,3 Mio. DM prognostiziert. Die Ausgaben sollen sich aber im Jahre 2011 nur auf 5,78 Mio. DM steigern. Diese Kostensteigerung wird ausschließlich durch eine prognostizierte Kostensteigerung für das Personal in einer Größenordnung von 1,2 Mio. DM bestimmt. Während also die Fluggastzahlen um fast 300 % steigen sollen und auch die Einnahmen dementsprechend um 300 % sich erhöhen würden, soll sich die Kostensituation des Flughafens nur um 30 % nach oben verändern. Verwiesen werden soll in diesem Zusammenhang auf die Daten des Flughafens Dortmund, der trotz einer glänzenden Linienauslastung das Geschäftsjahr 1999 mit einem Verlust von 4,7 Mio. DM abschloss.

 

Gratulation der Unternehmensführung, die es schafft, eine Umsatzsteigerung um 300% mit einem nur um 30% ausgeweiteten Betriebskostenanteil zu realisieren!

 

Das Management der Kieler Flughafengesellschaft kann dies wohl nicht, denn es erwirtschaftet derzeit Jahr für Jahr einen Zuschussbedarf von 2,5 Mio. DM, wobei nach den Erkenntnissen der Potentialanalyse laut Bilanz des Jahres 1999 bei einem Stammkapital von 100.000 DM das Eigenkapital der Gesellschaft mit einem Betrag von 901.000 DM negativ ausgewiesen war. Der Gesellschafter einer normalen Kapitalgesellschaft, die nicht am Tropf des Staates hängt, müsste bei einer solchen Bilanzsituation die Insolvenz wegen Überschuldung anmelden!

 

 

3.2 Investitionen

Erschwerend kommt hinzu, dass die Potentialanalyse von vornherein die Investitionskosten für den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau in die Bewertung der laufenden Kosten nicht einstellt. Die Kosten von mindestens 160 Mio. DM sollen also nach dem Willen der Potentialanalyse von Bund, Land und Stadt Kiel, möglicherweise gefördert von der EU, als Investition in den Standort Kiel getätigt werden, ohne dass diese Investition durch das, was mit ihr geschaffen wird, in irgendeiner Weise amortisiert werden soll.

 

Landesregierung und Stadt Kiel scheinen der Auffassung zu sein, der Bund würde die voraussichtlich erforderlichen 60 bis 80 Mio. DM für die Herstellung eines Straßentunnels zwischen Holtenau und Stift zu Verfügung stellen. Dieser Tunnel müsste vier Fahrbahnen zzgl. zwei Rad- und Fußgängerwegen aufnehmen. Warum der Bundesverkehrsminister veranlasst sein sollte, die bisher gut ausgebaute Bundesstraße auf seine Kosten in die Erde zu versenken und noch dazu für Radwege und Fußgängerwege zusätzliche Tunnel zu schaffen, wird nicht verraten. Klar muss aber auch Wirtschaftsminister Rohwer sein, dass der Bundesverkehrsminister etwaige Investitionen in dieses Projekt von den Mitteln bestreiten wird, die dem Land Schleswig-Holstein insgesamt zur Verfügung stehen. Erst kürzlich hat Verkehrsminister Rohwer das Straßenbauprogramm von Bund und Land vorgestellt, bei dem 550 Mio. DM von Bund und Land in den Bau der A 20, die Verlegung von Bundesstraßen und die Anlegung von Ortsumgehungen gesteckt werden soll. Rohwer mag den betroffenen Bürgern selbst erklären, warum ihre seit Jahren herbeigesehnte Ortsumgehung doch nicht gebaut wird und statt dessen in Kiel eine autobahnmäßig ausgebaute Bundesstraße versenkt werden muss, damit die Landesregierung und die Stadtväter ihren Prestigeflughafen erhalten.

 

Die Landesregierung und die Stadtväter Kiels sollten sich darüber hinaus auch Gedanken machen, woher sie die mindestens 100 Mio. DM bekommen, die nach der günstigen Prognose der Potentialanalyse erforderlich sein sollen, um die Landebahn auszubauen und die Infrastruktur des Flughafens zu verbessern. So muss der erst im Jahre 1999 neu eingeweihte Tower wohl einem Neubau weichen, weil er für die gewünschten Düsenjets nicht die erforderliche Höhe hat. Unmittelbar an den reinen Wohngebieten in Holtenau soll das Logistik- und Wartungszentrum des Flughafens entstehen. Die Anbindung an das Straßennetz erfolgt nach der Planung über die Immelmannstraße, die durch die Kleingärten unmittelbar an den Wohnhäusern, die ohnehin vom Fluglärm schon genug belästigt sind, weiter ausgebaut werden soll.

 

Die Hoffnung auf EU-Gelder für dieses Regionalprojekt dürfte trügerisch sein. Die europäische Union wird sicher nicht in einen Flugplatz investieren, bei dem die von ihr selbst gewünschten Schallpegelwerte nicht eingehalten werden, wie dies für Kiel-Holtenau bereits jetzt der Fall ist.

 

Darüber hinaus ist dringend zu prüfen, ob die angesetzten Investitionskosten der Potentialanalyse ähnlich "optimistisch" berechnet wurden wie die anderen Daten. Es sei nur erwähnt, dass die Analyse Folgekosten in den Bereichen Umwelt und Lärmschutz außer Ansatz lässt. Hier ist eine genaueste Kostenkontrolle durch die Gesellschafter der Flughafen-GmbH gefordert!

 

Auch die Wirtschaft der K.E.R.N.-Region muss prüfen, ob sie eine Bindung aller Mittel für die Wirtschaftsförderung auf Jahrzehnte hinaus in Kauf nehmen will. Über eine mögliche Stärkung des Wirtschaftsraums Kiel spekuliert die Analyse nur, ohne Fakten zu liefern. Ein genauerer Blick auf den schon erwähnten Flughafen Baden-Karlsruhe sollte allzu optimistische Hoffnungen dämpfen. Von Pauschaltouristen hat unsere Region jedenfalls nichts außer Belastungen.

 

 

 

Ergebnis:

 

Das Zahlenmaterial, das die Firma Dornier Systemconsult vorgelegt hat, bietet aus wirtschaftlicher Sicht nur Argumente dafür, eine Erweiterung des Flughafens Kiel-Holtenau nicht durchzuführen. Das berechnete Linienflugpotentials steht im Missverhältnis zum tatsächlichen Bevölkerungs- und Erwerbstätigenpotential. Eine wesentliche, den Ausbau rechtfertigende Steigerung der Fluggastzahlen ist ohne sehr starken Pauschaltourismus nicht zu erwarten.

 

Die politischen Entscheidungsträger müssen sich darüber im Klaren sein, dass ein JA zum Flughafenausbau ein JA zum Charterverkehr ist

NEIN zur Verschwendung von Steuergeldern!

 

NEIN zur Subventionierung von Urlaubsflügen!

 

NEIN zum Charterflughafen Kiel-Holtenau!

 

NEIN zur Startbahnverlängerung!