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Eine Chance für den Hahn mit vielen Fragezeichen


Wie schön wäre es, die Menschen am und um den Flughafen Hahn könnten endlich befreit aufatmen. Doch so weit ist es noch nicht. Es gibt zwar inzwischen einen chinesischen Käufer und einen Kaufvertrag, unter dem die Tinte fast trocken ist. Doch was dieser Investor wirklich auf die wirtschaftliche Waage bringt, kann derzeit nicht beantwortet werden. Alle Aussagen zum Konzept und zur Zukunft des hochdefizitären Hunsrück-Airports sind eher vage.

Oberflächlich betrachtet, klingt alles sehr gut. Der Investor, die Shanghai Yiqian Trading Company, und seine Partner wollen den Hahn ausbauen, Frachtvolumen und Passagierzahlen steigern. Langfristig sollen mehr Arbeitsplätze entstehen. Niemand wird entlassen, auch nicht das Spitzenmanagement. Die Gehälter der Belegschaft werden nicht gekürzt. Und an leidenschaftlichen Sympathiebekundungen für den Hunsrück-Flughafen hat es auch nicht gefehlt. Das ist viel für einen Airport, der seit geraumer Zeit eine mögliche Insolvenz als ungeliebten Passagier mit an Bord hatte.

Doch wird nun tatsächlich alles gut? Zunächst einmal muss der Steuerzahler bis zu 70 Millionen Euro an Beihilfen und anderen Zuwendungen bezahlen. Zieht man den Kaufpreis im niedrigen zweistelligen Millionenbereich ab, dürften das immer noch knapp 60 Millionen Euro sein. Das ist angesichts knapper Kassen in Rheinland-Pfalz alles andere als ein Pappenstiel.

Nun kann man sagen: Das ist vermutlich immer noch billiger, als ein chronisches Dauerdefizit auszugleichen. Zudem verlangt die EU spätestens ab 2024 eine schwarze Null im operativen Geschäft. Das Land durfte seinem Flughafen, der nun in chinesische Hände geht, ohnehin nur noch begrenzt helfen. Wäre dieses Kontingent ausgeschöpft gewesen, hätte die Flughafengesellschaft beim Insolvenzrichter vorstellig werden müssen. Der Verkauf war dringend geboten, um den Airport und Tausende Arbeitsplätze in der Region zu retten.

Das werden auch die potenziellen Investoren gewusst haben, die allesamt aus China kamen. Ernsthafte Interessenten aus dem Rest der Welt konnte man offenbar nicht gewinnen. Zudem ist unklar, wie die drei Bieter auch noch untereinander verflochten sind. All das lässt den Schluss zu, dass die Verkaufsverhandlungen für das Land nicht gerade unter komfortablen Bedingungen abliefen.

Nur so lässt sich erklären, dass der Käufer an die Öffentlichkeit gehen konnte, ohne definitiv zu erklären, welches Geschäft er denn nun überhaupt in den Hunsrück bringt. Da er selbst kein expliziter Luftfahrtkonzern ist, muss er eine Fluglinie oder ein Frachtflugunternehmen mit im Paket haben. Denn ohne Zusatzgeschäft, da sind sich alle Experten einig, kann der Hahn nicht überleben.

Offenbar sind die Verhandlungen mit Yangtze River Express weit gediehen. Holt die Shanghai Yiqian Trading Company dieses Schwergewicht im Frachtfluggeschäft tatsächlich wieder in den Hunsrück, ist ein halbwegs solides wirtschaftliches Fundament gelegt. Der Abschluss dieser Bemühungen steht allerdings noch aus. Sollte der neue Investor indes mit diesem Versuch scheitern, kann man nur hoffen, dass er mehr in petto hat als schwammige Visionen.

(Rhein-Zeitung vom 07.06.2016)