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Regierungschefin Malu Dreyer in Erklärungsnot


Der Flughafen Hahn gilt seit Jahren als Sorgenkind der Landesregierung. Nach dem Einschreiten der Staatsanwaltschaft bekommt die Debatte eine neue Qualität. Die Brisanz steigt und könnte in eine Regierungskrise münden.

Mainz. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat Erklärungsbedarf. Als der Volksfreund gestern von ihr wissen will, ob sie nach der Razzia der Staatsanwaltschaft Koblenz wegen des Verdachts der Untreue am Flughafen Hahn Gefahren für die von ihr geführte rot-grüne Landesregierung sieht, ruft wenig später Regierungssprecherin Monika Fuhr an: Die Ministerpräsidentin lädt Journalisten heute Abend zum Hintergrundgespräch ins Gästehaus der Regierung ein. Solche Gespräche gibt es außer der Reihe nur, wenn Brandherde ausgetreten werden sollen.
Natürlich gilt für die Beschuldigten des Flughafens - Ex-Geschäftsführer Jörg Schumacher und Prokurist Stefan Maxeiner - die Unschuldsvermutung.

Allerdings fällt auf, wie schnell die Ermittler zur Stelle waren, nachdem sie die von Hahn-Aufsichtsratschef Salvatore Barbaro zur Verfügung gestellten Unterlagen erhalten hatten. Diese bezogen sich auf die für eine Privatfirma äußerst lukrative Passagierabfertigung. "Die Staatsanwaltschaft hat sich nicht zufällig am Hahn verlaufen", kommentiert CDU-Chefin Julia Klöckner. Noch etwas fällt auf: Das Strickmuster am Flughafen Hahn ähnelt stark dem am Nürburgring - hier wie dort verantwortliche SPD-Minister, während an der Spitze der Landestochter Sozialdemokraten als Geschäftsführer mit Millionen Euro Steuermitteln hantieren. Und aus den jeweils mit Politikern besetzten Aufsichtsräten dringt in all den Jahren kaum Kritik nach außen.

Warum das am Flughafen so war, erklärt Hans-Josef Bracht (CDU), von Sommer 2009 bis Sommer 2013 Mitglied des Kontrollgremiums, heute so: "Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt gut informiert gefühlt." Der Aufsichtsrat sei so stark von der Regierung dominiert gewesen, dass es unmöglich gewesen sei, Strukturen nachhaltig zu ändern.

"Durch die Intransparenz des Gesellschafters konnte ich meine Aufgabe nicht wahrnehmen", unterstreicht Bracht im Gespräch mit dem Volksfreund. Für jede Kritik im Landtag sei er von der SPD "niedergemacht worden". Dass nun die Staatsanwaltschaft ermittelt, "verwundert mich nicht so sehr", sagt Bracht.

Gerne hätte unsere Zeitung auch etwas von Landtagspräsident Joachim Mertes gehört, der viele Jahre lang stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates war. Doch der Sozialdemokrat will zum laufenden Verfahren nichts mehr sagen, lässt sein persönlicher Referent Benno Hauck wissen. Hauck schiebt noch nach, überrascht von der Staatsanwaltschaft könne niemand gewesen sein, denn schließlich habe diese von Finanzstaatssekretär Barbaro ja die Unterlagen erhalten.

Trotz der Krisenherde - zum Nürburgring und Hahn gesellt sich auch noch Fußball-Zweitligist 1. FC Kaiserslautern, der laut Steuerzahlerbund 120 Millionen Euro unerlaubter staatlicher Beihilfen kassiert haben könnte - will Rot-Grün von einer Regierungskrise nichts wissen.

Abdichtungsversuche

Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler sieht Fortschritte: Am Nürburgring könne das Fass ohne Boden für den Steuerzahler "endgültig abgedichtet werden". Und am Hahn hätten die Grünen schon vor längerem konsequente Aufklärung gefordert. Köbler sagt: "Man kann nicht aufklären, ohne dass es einer merkt." Nicht nur Oppositionsführerin Klöckner stellt sich allerdings die Frage, wie lange die Grünen den Druck der Altlastenbeseitigung noch aushalten. Das Motto "mitgehangen, mitgefangen" beschäftigt die Öko-Partei durchaus. Schließlich bekommt auch sie die Fehler für die Projekte, die allesamt unter der SPD-Vorgängerregierung gestartet wurden, angekreidet.

Bislang hätten sich die Grünen ihr Schweigen von der SPD durch Zugeständnisse teuer bezahlen lassen, etwa beim Aufbau der teuren Energieagentur, einem grünen Steckenpferd, kritisiert Julia Klöckner. Doch "Steuermittel ohne Konzept durchzuwinken, kann nicht funktionieren".

Fakt ist: Während einerseits ständig Negativschlagzeilen die Landesregierung aufschrecken, fehlt als Gegenpol ein durchschlagendes Erfolgsprojekt für Rot-Grün. Das dämmert den Parteistrategen allmählich.

(Trierischer Volksfreund vom 25.03.2014)