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Neuer Chef soll dem Flughafen Hahn Flügel verleihen


Heinz Rethage soll als neuer Chef des Flughafens Hahn dessen Umstrukturierung und Sanierung vor-antreiben. Innenminister Roger Lewentz sowie SPD und Grüne meinen, Rethage sei als Experte für Unternehmenssteuerung der richtige Mann. Die CDU hält der Regierung Hilflosigkeit vor.

Mainz. Politiker reden viel. Das ist ihr Job. Manchmal müssen sie aber außergewöhnlich viel erzählen. So wie Innenminister Roger Lewentz und Staatssekretär Jürgen Häfner am Freitag. Die Herren hatten großen Erklärungsbedarf, um die Wogen aufgrund ihrer Personalentscheidungen am Flughafen Hahn zu glätten.

In den vergangenen Tagen hat sich der Stabwechsel am Hunsrück-Airport abgezeichnet. 72 Unternehmer haben einen Brandbrief an Ministerpräsidentin Malu Dreyer geschrieben, Kommunalpolitiker aus dem Hunsrück und 600 Mitglieder des Vereins Bürger für den Zivilflughafen Hahn ebenfalls. Alle haben vor der Ablösung von Jörg Schumacher, seit 1998 Geschäftsführer und seit 2005 Sprecher der Geschäftsführung, gewarnt.

Letztlich vergeblich. Das Land, mit 82,5 Prozent der Anteile Hauptgesellschafter am Hahn, hat den bis 2014 laufenden Vertrag mit Schumacher vorzeitig aufgelöst. Der Manager soll künftig als Berater fungieren. Für ein Honorar, dessen Höhe man nicht preisgibt, soll Schumacher die Hahn-Gesellschaft und deren Kunden betreuen, Marketing betreiben und im laufenden EU-Beihilfeverfahren die Kontakte nach Brüssel vertiefen.

Der verantwortliche Minister sieht das positiv. Schumacher habe nun "mehr Bewegungsfreiheit", sagt Roger Lewentz. Mit dem Betriebsrat, den beschwerdeführenden Firmen, dem Mitgesellschafter Hessen und anderen habe man gesprochen. Alle könnten den Schritt nachvollziehen. Landtagspräsident Joachim Mertes, der mit Rücktritt aus dem Hahn-Aufsichtsrat gedroht hatte, sei "sehr einverstanden".

Der neue starke Mann am Flughafen, der am 1. Februar antritt, wird mit großen Vorschusslorbeeren bedacht. Heinz Rethage sei ein erfahrener Manager und Unternehmenssteuerer, heißt es von Lewentz, SPD-Fraktionschef Hendrik Hering und Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler. Lewentz sagt, Rethage habe im Landesbetrieb Mobilität "den Laden zusammengehalten und eine Reihe von Sparmaßnahmen intern durchgesetzt". Mit ihm sei man nun "deutlich besser aufgestellt", um die erforderliche große Lösung für den Hahn zu erarbeiten.

Die Lage sieht so aus:

Für die Opposition steht eine Antwort bereits fest: "Das Ministerium ist völlig überfordert", sagt CDU-Fraktionsvize Alexander Licht. Jahrelang habe Geschäftsführer Schumacher um Hilfe gerufen, "das steht sogar wörtlich im Geschäftsbericht 2011". Seine Ablösung sei nur ein "Maulkorbvertrag". Licht: "Damit sollen die Hilf- und Ratlosigkeit der Landesregierung und ihre gravierenden Versäumnisse vertuscht werden."

Meinung

Lewentz muss Farbe bekennen

Bis 2009 war die Welt des Flughafens Hahn halbwegs in Ordnung. Zweistellige Millionenverluste pro Jahr gab es zwar schon, doch Hauptgesellschafter Fraport kam dafür auf. Ebenso wie für die hohen Altschulden von 120 Millionen Euro. Man hat noch das Triumphgeheul der damaligen SPD-Landesregierung im Ohr, den Hahn für nur einen Euro von der Fraport erworben und damit die alleinige Verfügungsgewalt zu haben. Drei Jahre später ist die Euphorie längst Entsetzen gewichen. Der defizitäre Flughafen, der im strukturschwachen Hunsrück als Jobmotor unersetzlich ist, steckt in einer tiefen Krise. Ihm geht das Geld aus, und der Steuerzahler muss bluten. Obwohl die drängenden Probleme hinlänglich bekannt sind, ist herzlich wenig passiert. Der verantwortliche Minister Roger Lewentz räumt selbst Versäumnisse ein, für die er nicht nur massiv von der Opposition, sondern auch aus den eigenen Reihen gescholten wird. Mit dem aktuellen Chefwechsel am Flughafen demonstrieren Lewentz und Staatssekretär Jürgen Häfner Tatkraft. Es drängt sich jedoch der Eindruck auf, dass hier nur ein unbequemer Manager durch einen getreuen ersetzt worden ist. Die Probleme bleiben jedenfalls ungelöst. Mitte Februar schlägt für Lewentz und Häfner die Stunde der Wahrheit. Dann liegen ihnen, sagen sie, Ergebnisse von Wertermittlungen und der Markterkundung der KPMG in Bezug auf Investoren vor. Dann wüssten sie, ob sich der Verkauf weiterer Flächen am Flughafen an den LBM rechnet und die strenge EU-Kommission für diese Lösung gewonnen werden könnte. Zumindest einen Weg aus dem Dilemma müssen die beiden Politiker dann aufzeigen.

(Trierischer Volksfreund vom 25.01.2013)