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Russen schicken Flugzeuge in die Wüste


Weil die russische Fluggesellschaft ihre Frachtflotte umstellt, wird sie wohl nicht mehr vom Hahn aus fliegen. Luftfahrtexperten gehen davon aus, dass sich Frachtflug nur noch auf Großflughäfen lohnt.

"International erfolgreiche Airlines wie Aeroflot, Air Cargo Germany und Etihad Crystal Cargo vertrauen dem Hunsrück-Airport schon seit Jahren." So warb der Flughafen Hahn im September 2011 noch für sein "Know-how". Damals wurde der Hunsrückflughafen als bester Frachtflughafen des Jahres ausgezeichnet. Um 55 Prozent ist der Frachtumschlag im Jahr 2010 dort gewachsen.

Nicht nur dass der Hahn von solchen Steigerungen mittlerweile nur noch träumen kann - im vergangenen Jahr sank das Frachtaufkommen um 27,5 Prozent auf 207 520 Tonnen - auch haben zwei der drei noch 2011 gepriesenen Topfrachtkunden längst den Abflug gemacht: Die arabische Etihad hat ihre vier wöchentlichen Flüge vom Hunsrück nach Frankfurt verlagert, die Air Cargo Germany ist pleite. Und Aeroflot wird wohl in ein paar Wochen den Hahn verlassen. Bislang war die Gesellschaft immerhin für gut die Hälfte des Frachtumschlages auf dem Hahn verantwortlich. Eine Bestätigung für den Abzug gibt es seitens des Unternehmens nicht. Aber weder Flughafengesellschaft noch das rheinland-pfälzische Infrastrukturministerium dementieren eindeutig. "Dass ein Unternehmen strategische Überlegungen anstellt, ist selbstverständlich. Aber da gibt es nach unserem Kenntnisstand noch keine Entscheidung. Nach wie vor fliegt Aeroflot über den Hahn", sagt Flughafensprecherin Bianca Waters. Auch Ministeriumssprecher Joachim Winkler sagt, es sei "noch keine Entscheidung über eine Neuausrichtung der Aeroflot" gefallen. Die Flughafengesellschaft stehe im "engen Kontakt" mit Aeroflot.

Hintergrund des angeblichen Rückzugs der Russen vom Hahn könnte die Umstellung der Flotte sein. Nach Berichten aus Branchenzeitungen will Aeroflot die Frachtflieger vom Typ MD-11 F, mit denen sie vom Hahn zum Moskauer Flughafen Scheremetjewo und von dort aus nach Asien fliegt, ausmustern - aus Kostengründen (zu teure Wartung) und weil das Frachtaufkommen zurückgegangen sein soll. Da Aeroflot die Flugzeuge lediglich geleast hat und der Vertrag noch läuft, können die Maschinen nicht so einfach zurückgegeben werden. Daher schicken die Russen die Flugzeuge im wahrsten Sinne in die Wüste. Die Maschinen sollen bis zum Ende des Leasingsvertrags in der südkalifornischen Mojae-Wüste geparkt werden. Grund: Dort soll die Luftfeuchtigkeit so gering sein, dass die Flugzeuge unbeschädigt stehen können, ohne zu rosten.

Für Luftfahrtexperten kommt der angebliche Rückzug von Aeroflot vom Hahn nicht überraschend. Thomas Friesacher aus dem österreichischen Schwanenstadt sieht den Bedarf für Frachtflüge sinken: Es gebe für das zurückgehende Aufkommen ein Überangebot. Die großen Frachtfluggesellschaften konzentrierten sich überwiegend auf Großflughäfen, Regionalflughäfen wie der Hahn seien trotz niedriger Landegebühren nicht konkurrenzfähig. Das sieht auch Christoph Brützel, Luftfahrtexperte aus dem nordrhein-westfälischen Meerbusch, so. Frachtflug lohne sich nur an internationalen Flughäfen, wo die Ladung per Flugzeug ankomme und von dort auch weitergeflogen werden könne. Auf dem Hahn müsse die Fracht per LKW angeliefert oder abtransportiert werden. Das sei für die Speditionen zu teuer.

Während Friesacher langfristig für den Hahn keine Perspektiven sieht, glaubt Brützel, dass es eine Zukunft für den finanziell angeschlagenen Flughafen geben kann. Und die liegt seiner Meinung nach in der Konzentration auf Passagierflüge - und dabei vor allem auf Ferienflieger. Er geht nicht davon aus, dass der Hahn in den nächsten Jahren Gewinn macht. Aber der vom neuen Flughafenchef Heinz Rethage eingeleitete Weg, sich von Eigentum wie etwa Straßen zu trennen und sich auf den reinen Flugverkehr zu konzentrieren sei richtig.

Weiterführende Links

(Trierischer Volksfreund vom 13.06.2013)