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Flughafen Hahn: Heftiges Ringen um die Sanierung


Rheinland-Pfalz - Plötzlich brechen viele Dämme: Am Flughafen Hahn fangen Menschen an zu reden, die lange die Faust in der Tasche machten. Unregelmäßigkeiten und Unstimmigkeiten kommen zum Vorschein.

Von unserem Redakteur Dietmar Brück

Zugleich tobt ein Kampf hinter den Kulissen, wie lückenlos aufgeklärt werden soll. Offenbar hat es neben fragwürdigen Sponsoringverträgen und dem Fall des Hahn-Prokuristen Stefan Maxeiner, dessen Ehefrau angeblich eine profitable Firma zugeschanzt wurde (wir berichteten), weitere Unregelmäßigkeiten gegeben. In der Dimension sind sie kleiner und doch bezeichnend für die Unternehmenskultur, die sich über Jahre an dem Hunsrück-Airport eingeschlichen hat. Einer dieser Fälle soll ein Mitglied des Betriebsrats der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (FFHG) betreffen, wie unsere Zeitung erfuhr.

Untersuchung läuft noch

Bei einer internen Durchsicht aller Zahlungsbelege und Kostenstellen sind angeblich überhöhte Reisekostenabrechnungen aufgefallen. Der Verdacht: Fahrten wurden abgerechnet, die gar nicht stattgefunden haben. Zugleich wurden überzogene Kilometerangaben gemacht und der FFHG berechnet. In einem sehr überschaubaren Zeitraum soll ein Schaden von rund 1000 Euro entstanden sein. Der Fall wird noch genauer untersucht. Nicht die einzige Ungereimtheit, um die sich ein kleines, internes Team von Sanierern kümmert. Am Flughafen Hahn wird zurzeit jeder Stein umgedreht.

Zugleich versucht das Infrastrukturministerium unter der Führung von Roger Lewentz (SPD) offenbar, im Dialog weitere Zerwürfnisse am Flughafen Hahn zu verhindern. Aus gutem Grund: Der neue Geschäftsführer Heinz Rethage hat sich mit seinem kaufmännischen Pendant Wolfgang Pollety zerstritten. Pollety war bisher für die Zahlen, also auch fürs Controlling verantwortlich. Zudem prallen Rethage und Aufsichtsratschef Hans Endler aufeinander. Endler wirft Rethage Eigenmächtigkeiten und Regelverstöße vor. Rethage indes pflügt wie ein Eisbrecher durch alte Strukturen und Netzwerke am Hahn. Mit einer Konsequenz und Rigorosität, die Widerstände provoziert.

Die CDU beklagt, ohne sich inhaltlich arg festzulegen, das Chaos am Hahn. Fraktionsvize Alexander Licht geht noch einen Schritt weiter und meint kurzerhand: "Der Hahn ist Opfer eines SPD-Intrigantenstadls." Licht stand vor wenigen Tagen selbst in der Kritik, weil er den Förderverein eines Handballvereins anführt, der von der maroden Hahn GmbH kürzlich noch mit üppigen Sponsorengeldern unterstützt wurde.

Während der Aufsichtsratssitzung vorigen Freitag indes muss es zugegangen sein wie bei einer offenen Feldschlacht. Aufsichtsratschef Endler, sonst eher der ruhige Typ, muss Rethage hart in die Parade gefahren sein, als dieser auf eine Reihe von Unregelmäßigkeiten zu sprechen kam. Es ging so heftig zu, dass die Sitzung sogar kurz unterbrochen wurde.

In der turbulenten Aufräumphase am Hahn passieren offenbar auch handwerkliche Fehler. Schon bei der Ernennung Rethages soll der Aufsichtsrat nicht ausreichend informiert worden sein, berichtet ein Mitglied des Kontrollgremiums. Auch die Eintragung ins Handelsregister fehlte wohl zunächst.

Solidaritätsadresse für Rethage

Überhaupt rätseln die Befürworter eines harten Sanierungskurses (auch am Hahn selbst), inwieweit die Landesregierung hinter ihrem neuen Mann an der Spitze steht. Da wird auch die Haltung Lewentz' hinterfragt. Sein Verhältnis zu Rethage gilt als distanziert, obwohl dieser sein Mann ist. Die Industrie- und Handelskammern haben sich schon zweimal mit einer Solidaritätsadresse für den Hahn-Geschäftsführer in die Bresche geworfen. Dort geht die Sorge um, dass der kriselnde Flughafen vor die Wand fährt, weil seine finanzielle Gesundung nicht druckvoll genug betrieben wird.

Auch bei den Grünen wächst die Sympathie für einen klaren Schnitt am Hahn. Die Fraktion drängt derart vehement auf Aufklärung, dass das nach mehr als einem politischen Reflex klingt. Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) redete zudem mit dem Projektteam, das das Sanierungskonzept erarbeitet hat. Nachher sprach sie von kompetenten Mitarbeitern und erklärte: "Den von der Geschäftsführung eingeschlagenen Weg der Konsolidierung begrüße und unterstütze ich ausdrücklich."

Angst vor verbrannter Erde

Im Innenministerium scheint das Verhältnis zu dem kantigen Sanierer ambivalent zu sein. Rethage wird als Aufräumer respektiert, aber die Sorge geht offenbar um, dass er zu viel verbrannte Erde am Hahn hinterlässt. Irgendwann wird sich natürlich auch die Frage stellen, wie gründlich die Kontrollgremien gearbeitet haben, die dem früheren Hahn-Geschäftsführer Jörg Schumacher auf die Finger schauen sollten. Im Hahn-Aufsichtsrat sitzen SPD- und CDU-Vertreter, aber auch Abgesandte der rheinland-pfälzischen und hessischen Landesregierung.

Schumacher, bis Anfang des Jahres Flughafenchef im Hunsrück, wird von Hahn-Kennern als machtvoller Chef beschrieben, der nach Gutsherrenart regierte. Wer mit ihm konnte, hatte es gut, wer nicht, hatte nichts zu lachen. "Da wurden auch Leute rausgemobbt", meint ein Angestellter.

Schumacher soll noch heute über viel Einfluss verfügen. Er hat den Hahn groß gemacht und offenbar irgendwann die Bodenhaftung verloren. Als der Hunsrück-Flughafen tief in die roten Zahlen rutschte, soll er noch immer alles rosarot gemalt haben. Diese Form der Realitätsverweigerung habe die Trennung von ihm letztlich unvermeidlich gemacht, hört man aus der SPD. Ganz falsch dürfte diese Analyse nicht sein.

(Rhein-Zeitung vom 04.09.2013)