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Flughafen Hahn: Fall Maxeiner scheint für System zu stehen


Rheinland-Pfalz - Am Flughafen Hahn werden im Moment viele Geschichten erzählt. Geschichten von Klüngel und Protektion, Geschichten von Cliquen- und Vetternwirtschaft.

Von unserem Redakteur Dietmar Brück

Glaubt man ihnen, muss rund um den Hunsrück-Airport ein ziemlicher Filz geherrscht haben - und immer noch herrschen. Ein besonders gravierendes Beispiel dafür ist der Fall Stefan Maxeiner.

Maxeiner ist Prokurist der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (FFHG). Und Maxeiner war 2009 in ein Geschäft verwickelt, dessen Dreistigkeit auch heute noch für Erstaunen sorgt. Nach Recherchen unserer Zeitung lässt sich der Fall wie folgt rekonstruieren: 2005 gewann ein Unternehmen mit dem charmanten Namen Serve & Smile Dienstleistungs-GmbH (SSD) eine reguläre Ausschreibung für die Passagierabfertigung am Flughafen Hahn. Ein lukratives Geschäft bei damals 3 Millionen Passagieren pro Jahr. Der dann geschlossene Vertrag hatte eine Laufzeit bis Ende 2011. Im Frühjahr 2009, inzwischen flogen 3,7 Millionen Passagiere vom Hahn ab, wurde der Kontrakt mit Genehmigung des Flughafengeschäftsführers Jörg Schumacher vorzeitig bis 2014 verlängert. Für die FFHG unterschrieb das Vertragswerk unter anderem Stefan Maxeiner als Prokurist. Der Vertrag läuft heute noch. 2009 fand keine Ausschreibung statt.

Konzertierte Aktion?

Wenige Tage später erwarb die Ehefrau Maxeiners, Dagmar Maxeiner-Müller, alle Gesellschafteranteile der SSD. Nahezu parallel dazu übernahm eine Tochter der SSD, die Handle & Smile mbH (HSD), das Geschäft mit der Kofferabfertigung. Der alte Dienstleister, die Hahn Cargo Handling GmbH, hatte früh angekündigt, das Geschäft nicht weiterführen zu wollen. In der Flughafengesellschaft passierte aber zunächst nichts. 2009 wurde dieser Geschäftszweig dann freihändig (ohne Ausschreibung) an die HSD gegeben - angeblich aufgrund des Zeitdrucks. Ohne Gepäckabfertigung funktioniert kein Flughafen.

Als die Verträge im Hahn-Aufsichtsrat in ihrer Dimension bekannt wurden, gab es intern Ärger. Der damalige Aufsichtsratschef Jochen Langen muss über das Geschäft mit der Passagier- und Gepäckabfertigung nicht besonders amüsiert gewesen sein - hatte der Vorfall doch mehr als ein Geschmäckle. Auch andere Aufsichtsratsmitglieder äußerten 2009 ihr Missfallen. Langen, dessen Integrität nie in Zweifel gezogen wurde, zog sich zwei Jahre später überraschend aus dem Hahn-Aufsichtsrat zurück.

Maxeiner (und Schumacher) konnten sich schließlich retten, weil sie eine Expertise der Rechtsabteilung der Flughafengesellschaft aus dem Hut zogen. Demnach war der Vorgang rechtlich - und vor allem vergaberechtlich - sauber. Doch der Jurist, damals frisch im Amt, distanziert sich heute von seiner damaligen Einschätzung. Er hat inzwischen den Hunsrück-Airport verlassen und noch immer ein mieses Gefühl, wenn er an den Fall zurückdenkt. In einem Gespräch mit der jetzigen Rechtsabteilung der Hahn GmbH, vor wenigen Wochen geführt, soll er bekannt haben, dass damals von ihm eine Expertise mit einem erwünschten Ergebnis erwartet wurde.

"Er machte klar, dass der Vergabevermerk nicht seiner wirklichen Rechtsauffassung entsprach", rekapitulierte ein Hahn-Jurist das bemerkenswerte Gespräch gegenüber unserer Zeitung. Nach Ansicht von Rechtsexperten ist der Vermerk ohnehin rechtlich kaum haltbar. "Das sieht man auf den ersten Blick", meinte ein Jurist.

Rüge für Schumacher

Schumacher und Maxeiner sollen am Ende von Aufsichtsratschef Langen nur eine Art Rüge erhalten haben, wie im Sitzungsprotokoll vermerkt ist. Dagmar Maxeiner-Müller gab ihre Gesellschafteranteile aufgrund des internen Wirbels wieder zurück. Sie blieb aber in führender Position. Auf der Internetseite der SSD, die für die Passagierabfertigung zuständig ist, firmiert sie unter "Qualitäts-/Projektmanagerin". Im Handelsregister ist sie für die SSD und die Tochterfirma HSD (Kofferabfertigung) jeweils seit Oktober 2010 mit Einzelprokura eingetragen. Auch für Stefan Maxeiner hatte der Vorfall keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Er ist weiter Prokurist der FFHG und zuständig für die Verkehrsleitung. 2010 wurde übrigens die Ausschreibung für das Koffergeschäft nachgeholt, bei der die HSD den Zuschlag erhielt. Beide Firmen sind bis heute im Geschäft.

Mitglieder einer Projektgruppe um den neuen Hahn-Geschäftsführer Heinz Rethage sind der Meinung, dass man diesen Vorfall nie so einfach zu den Akten hätte legen dürfen. Beim Durchforsten aller Verträge, Absprachen und Kalkulationen, um ein Sanierungskonzept für den hoch defizitären Flughafen zu erarbeiten, stießen sie auf die entsprechenden Unterlagen. Sie haben den Fall erneut arbeitsrechtlich untersuchen lassen. Eine Expertise, die streng unter Verschluss gehalten wird. Hinter den Kulissen der Flughafengesellschaft ist offenbar ein Richtungskampf entbrannt, wie gründlich an dem hoch verschuldeten Flughafen aufgeräumt werden soll. Jüngere Mitarbeiter sprechen inzwischen sogar von einem System "Maxeiner/Schumacher", gegen das über Jahre nur schwer etwas auszurichten war. Da fallen harte Worte.

Andere stützen die alte Garde offenbar, die lange die Geschicke des Flughafens bestimmte. Wieder andere (vor allem in der Politik) halten sich bedeckt, fordern allenfalls vage Aufklärung, bis sie wissen, wer als Gewinner aus dem Ringen hervorgeht. In der Region sind zudem die Verdienste Schumachers unvergessen, der den Hunsrück-Airport groß machte und durch "Belohnen führte", wie es ein Aufsichtsratsmitglied schildert. Intern wurde schon mal gespottet, dass die kleine Flughafengesellschaft im Hunsrück mehr Dienstwagen als die Frankfurter Fraport unterhielt. Ein Teil der Finanzmisere, für die jetzt der rheinland-pfälzische Steuerzahler mit zweistelligen Millionensummen geradestehen muss, dürfte hausgemacht sein. Dafür könnten sich irgendwann auch die Rechnungshöfe interessieren - in Rheinland-Pfalz und in Hessen. Vielleicht auch die Staatsanwälte.

Der jetzige kaufmännische Geschäftsführer der Hahn GmbH, Wolfgang Pollety, soll vor Jahren versucht haben, an den Zuständen am Hahn etwas zu ändern, wird im Hunsrück erzählt. "Er hat nie zu den Netzwerken von Schumacher gehört", so ein Aufsichtsratsmitglied. Irgendwann gab Pollety wohl auf. Immerhin: Der kaufmännische Geschäftsführer gehörte nicht zur der Gruppe von Hahn-Managern, die im Herbst 2011 den Flughafen übernehmen wollten. Er hielt Distanz. Daher ist tragisch, dass Pollety und Rethage sich zerstritten haben. Sie könnten Verbündete sein.

Höchst lukratives Geschäft

Die Fragwürdigkeiten rund um die Firmen für die Passagier- und Kofferabfertigung haben noch eine weitere Facette. Im Sanierungskonzept zum Hahn wird ausgerechnet in diesem Bereich ein hohes Einsparpotenzial ausgemacht (360 000 Euro pro Jahr) - unter anderem durch die Überprüfung der erbrachten Leistung. Bei den Hahn-Sanierern heißt es, die bestehenden Verträge seien nachteilig für den Hahn. Das Unternehmen für die Passagierabfertigung (SSD) erreichte laut Bundesanzeiger 2011 einen Bilanzgewinn von rund 650 000 Euro und 2010 einen von 531 000 Euro. Die HSD (zuständig für die Gepäckabfertigung) ist - im kleineren Maßstab - ähnlich ertragreich.

Ex-Flughafenchef Jörg Schumacher dürfte allen Aufklärungsbemühungen gelassen entgegensehen. Sein Aufhebungsvertrag vom Frühjahr 2013 enthält eine "Erledigungsklausel", die Hahn-Aufsichtsratschef Hans Endler unterschrieb und die die Gesellschafter nachträglich genehmigten. Damit ist Schumacher aus allem raus.

Weiterführende Links

(Rhein Zeitung vom 03.09.2013)