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Flughafen Hahn: Unruhe in der Belegschaft


Hahn - Zehn Tage vor der nächsten Aufsichtratssitzung wird der Flughafen Hahn zum politischen Topthema im Land.
Von unserem Redakteur Volker Boch

Im Vorfeld des mit Spannung erwarteten Zwischenberichts des neuen Flughafenchefs Heinz Rethage ist von einem gestörten Betriebsklima in der Belegschaft die Rede. Aus der Flughafen-Gesellschaft ist zu hören, dass das Verhältnis zwischen den beiden Geschäftsführern Rethage und Wolfgang Pollety empfindlich gestört sein soll. Es ist sogar die Rede davon, dass die beiden Chefs der Gesellschaft nicht mehr miteinander reden sollen. Laut Brancheninformationen wird Pollety, der sich zurzeit im Urlaub befindet, derzeit als ein "heißer Kandidat" für eine Führungsaufgabe an einem süddeutschen Flughafen gehandelt. Es ist ganz offensichtlich eine schwierige Zeit am Hahn.

Die "Allgemeine Zeitung" beschrieb bereits "Existenzsorgen" in der Mitarbeiterschaft und zitierte Beschäftigte, die Flughafenchef Rethage als "arrogant, kaltschnäuzig und überheblich" bezeichnen. Gegenüber unserer Zeitung war zuletzt von "internem Mobbing" die Rede. Fakt ist, dass Rethage seit seinem Amtsantritt am 1. Februar die Flughafengesellschaft durchleuchtet und als Konsequenz dessen viel Unruhe herrscht.

Er ist mit der Aufgabenstellung angetreten, die GmbH, die den Hahn führt, auf ihre Effektivität zu überprüfen. Insider erklären, dass eine neutrale Begutachtung der GmbH an gewissen Stellen auch sinnhaft sei. Es wird unter anderem berichtet, dass zumindest zwischenzeitlich nahezu jeder vierte Mitarbeiter mit einem Dienstwagen ausgestattet war.

Der Flughafen Hahn ist als maßgebliches Konversionsprojekt inzwischen rheinland-pfälzische Chefsache. Die Landesregierung wartet derzeit darauf, dass aus Brüssel die genauen Details der Flughafen-Leitlinie der Europäischen Kommission bekannt werden. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagt Innenminister Roger Lewentz (SPD), dass er im zweiten Halbjahr des Jahres damit rechnet, dass die Leitlinie verabschiedet wird. Dann erst könne auch die Investorensuche für den Hahn konsequent betrieben werden.

Zurzeit sondiert die renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vorab den weltweiten Markt. Parallel dazu arbeitet die Landesregierung intensiv mit den Industrie- und Handelskammern (IHK) Koblenz und Trier zusammen, um regional schlagkräftiger zu werden. Vor einigen Wochen gab es ein erstes Treffen mit Lewentz, den Kammern sowie deren Chefs Manfred Sattler (Koblenz) und Peter Adrian (Trier). Letzterer ist Sprecher der IHK-Arbeitsgemeinschaft in Rheinland-Pfalz und ein Hahn-Kenner. Adrian war Mitglied der 2009 gegründeten Entwicklungsgesellschaft Hahn. "Wir haben im März Kontakt mit dem Hahn aufgenommen", sagt Sattler, "und wir haben uns selbst ein Bild gemacht."

Um es zurückhaltend zu formulieren: Die Vertreter der IHK waren wenig erbaut. "Das eigene Marketing der Flughafengesellschaft war wenig ausgeprägt bis nicht vorhanden", sagt der Koblenzer IHK-Chef. So habe beispielsweise in der Vergangenheit niemand Gespräche mit regionalen Speditionen geführt, für die der Hahn durchaus ein starker Partner sein könnte. Derzeit arbeiten die IHKs daran, einen Hahn-Workshop mit regionalen Firmen auf den Weg zu bringen. Auch dem produzierenden Gewerbe sollen die Möglichkeiten, die der Flughafen bietet, nähergebracht werden. "Wir wollen, dass sich etwas ändert", sagt Sattler, "und es muss sich auch etwas ändern."

Aus Sicht des IHK-Präsidenten gilt dies auch für die Gesellschaft als solche, die "zurechtgerückt" werden müsse, gerade, was die Kosten anbelangt. "Wir fordern auch Einschnitte der Politik", sagt Sattler, "denn man kann heute nicht erahnen, ob man es in Zukunft schafft, die Umsätze zu halten oder sogar zu entwickeln." Vertreter der IHKs haben vergangene Woche auch mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ein offenes Gespräch geführt, um sich für den Hahn zu positionieren. Denn letztlich gilt es, mit dem Hahn auch die an die IHK angeschlossenen Unternehmen in der Region zukunftsfähig zu halten, da sie direkt an den Hahn angebunden sind. Als weitere Großbaustelle gilt die Tourismuswerbung für die Region rund um den Hahn. Diese ist von der Mosel über die Nahe bis hin zum Unesco-Welterbetal höchst attraktiv, aber bis dato enorm unterrepräsentiert. Es ist nur ein Aspekt eines negativen Gesamtbildes, dass an anderen Ryanair-Destinationen, die den Hahn ansteuern, nicht für den Hunsrück-Flughafen und dessen touristisches Potenzial geworben wird.

Am 26. August wird Heinz Rethage vor dem Aufsichtsrat einen Zwischenbericht vorlegen, der voraussichtlich auch die von Sattler angesprochenen Einschnitte skizzieren wird. "Früher war es so, dass es am Hahn Probleme gab und das Land dann Kredite aufgenommen hat", sagt Innenminister Lewentz. Dies ist auch aufgrund des EU-Verfahrens endgültig Geschichte. "Wir wollen die schwarze Null am Hahn schaffen", beschreibt Lewentz das Ziel für die kommenden Jahre.

(Rhein-Zeitung vom 18.08.2013)