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Hunsrück-Flughafen: Schwere Vorwürfe von Hahn-Mitarbeitern an Geschäftsführer Rethage und die Landespolitik

Von Markus Lachmann

Der Flughafen Hahn steht am Scheideweg. In diesen Tagen will Hahn-Geschäftsführer Heinz Rethage sein Sanierungskonzept präsentieren. Doch hinter den Kulissen rumort es gewaltig. Die eigenen Mitarbeiter werfen dem Manager Überheblichkeit und Arroganz vor - und mangelnde Kenntnisse der Luftfahrtbranche. "Es wird mit Angst und Schrecken regiert", sagt ein Insider im Gespräch mit dieser Zeitung. Er steht mit seiner Meinung nicht alleine im Unternehmen. Schwere Vorwürfe erhebt die Belegschaft auch an die rot-grüne Landesregierung in Mainz.

Offiziell äußern will sich in der Hahn-GmbH, die rund 400 Beschäftigten Lohn und Brot bietet, niemand. Auch Betriebsratschef Jörg Munsteiner will nichts zum Klima im Unternehmen sagen. Dabei gibt es Probleme zuhauf. Mitarbeiter berichten von einem hohen Krankenstand. Viele Beschäftigte seien "auf Tauchstation" gegangen.

Angstregime

Geht man nach den Aussagen von Insidern, herrscht am Hahn ein regelrechtes Angstregime. Aus Existenzsorgen trauen sich viele nur hinter vorgehaltener Hand ihre Meinung zu äußern. "Wer nicht nach der Pfeife von Rethage tanzt, wird "erschossen", sagt einer. Früher habe sich die Hahn-Mannschaft als Team präsentiert, gemeinsam an Lösungen gearbeitet. Nun aber werde "berechtigte Kritik" nicht mehr gehört. "Aus Misstrauen untereinander und gegenüber der Geschäftsführung wird kein Dialog mehr geführt", erklärt ein Mitarbeiter.

Rethage, der dem Vernehmen nach mit seinem Geschäftsführer-Kollegen Wolfgang Pollety zerstritten ist, hat offenbar seinen eigenen Stil. "Arrogant, kaltschnäuzig, überheblich", sei der Hahn-Chef, heißt es in der Belegschaft. "Von Flughafen hat der keine Ahnung", sagt ein Beschäftigter über den früheren Chef des Landesbetriebs Mobilität. Ohne "Grundwissen oder Sachkunde" agiere der Manager, der seit 1. Februar am Hahn ist.

Kunden an den Pranger gestellt

Sparen sei die eine Seite, aber Umsatz generieren die andere - und daran werde offenbar nicht mehr gedacht. "Man spart den Hahn kaputt", heißt es. Mit den Kunden rede man "gar nicht mehr".
Tatsächlich ist zuletzt vor allem darüber geschrieben und geredet worden, welche Kunden gerade mal wieder gehen: Zuletzt die russische Frachtairline Aeroflot. Derzeit gibt es viele Gerüchte, etwa darüber, dass die chinesische Frachtfluggesellschaft Yangtze River Express Flüge von Hahn nach Amsterdam verlegt. Mehrere Anfragen dieser Zeitung bei der Mutter des Unternehmens, der HNA-Gruppe in China, blieben in den vergangen Wochen unbeantwortet. Auch ein Devisenspezialist will sich nach Informationen dieser Zeitung am Hunsrück-Airport zurückziehen. Auch hier keine Bestätigung.

"Es geschieht nichts nach vorne Richtung Kunden", sagt einer, der sich am Hahn gut auskennt. Stattdessen wurden altgediente Kunden zuletzt von Rethage an den Pranger gestellt, etwa der Gastro-Unternehmer Rainer Scherer. Dass ein Airport öffentlich einen Kunden per Pressemitteilung abkanzelt, dürfte in der deutschen Luftfahrtgeschichte wohl einmalig sein.

Die Jungen sehen keine Perspektive

Auch an der Politik in Mainz lässt die Hahn-Belegschaft kein gutes Haar. Die Regierung sei "nur noch abgetaucht", heißt es am Hunsrück-Airport. Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD) wird als "glatt" und "unnahbar" dargestellt. Und auf die grüne Wirtschaftsministerin Eveline Lemke angesprochen, sagt ein Mitarbeiter: "Lemke: Wer ist das?" Besser redet die Belegschaft über Hendrik Hering, seinerzeit rheinland-pfälzischer Wirtschaftsminister, jetzt SPD-Fraktionschef im Landtag. Dieser habe sich immerhin regelmäßig blicken lassen und sei wenigstens glaubwürdig.

Die Forderungen rheinland-pfälzischer Grüner nach einem Nachtflugverbot am Hahn machen die Betroffenen fassungslos. "Das verunsichert die Mitarbeiter", heißt es. Ohnehin herrsche große Verunsicherung am Hahn. Man frage sich, ob der Flughafen zugemacht, gar abgewickelt werde. Die Jungen, heißt es, hätten keine Perspektive. Und die älteren Kollegen wüssten nicht, ob sie es noch bis zur Rente schafften.

Sauer ist man am Hahn auch auf die Medien, die eine Negativschlagzeile nach der anderen produzieren. Allerdings sei es Aufgabe des größten Gesellschafters, in dem Falle des Landes Rheinland-Pfalz, hier gegenzusteuern. Die Verunsicherungen und Debatten gehen bis in die Familien der Mitarbeiter hinein. "Man kommt sich vor wie ein schuldiger Steuergeldverbrenner", sagt einer.

(Allgemeine Zeitung vom 16.08.2013)