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Der Hahn auf Investorensuche


Eine Privatisierung des defizitären Flughafens in Rheinland-Pfalz ist weiter fraglich - Die von der rheinland-pfälzischen Landesregierung geplante Privatisierung des Flughafens Frankfurt-Hahn kommt nicht von der Stelle.

Von Hans-Gerd Öfinger 21.08.2012 / Inland

Bei ihrem Antritt im Frühjahr 2011 waren die Koalitionspartner SPD und Grüne noch hoffnungsvoll, für den defizitären, mitten im Hunsrück zwischen Rhein, Mosel und Nahe gelegenen Airport bald einen zahlungskräftigen Käufer zu finden. Vergangenen Herbst machten Meldungen über ein bald bevorstehendes Management-Buy-out und russische Kaufinteressenten die Runde. Doch seit diesen vollmundigen Ankündigungen ist der Privatisierungsprozess nicht von der Stelle gekommen. "Das Projekt ist gestorben", meint gar ein Insider.

Auf Strategiesuche

Der für Infrastruktur zuständige Landesinnenminister Roger Lewentz (SPD) machte jüngst aus der Not eine Tugend und ließ verkünden, ihm gehe es um "Gründlichkeit vor Schnelligkeit". Dem Vernehmen nach sucht er jetzt erst einmal einen "Transaktionsberater", der eine passende Privatisierungsstrategie entwerfen soll. Später solle die Ausschreibung erfolgen. Wäre der Hahn-Airport ein renditeträchtiges Schnäppchen, so läge er vermutlich schon längst mehrheitlich in privaten Händen. "Es ist ein Aberglaube, zu meinen, man könnte mit einer Privatisierung den Steuerzahler entlasten", kritisierte der Luftfahrt-Professor Christoph Brützel von der Hochschule Bad Honnef jüngst die Mainzer Landesregierung.

Die Jahr für Jahr auflaufenden Defizite in Millionenhöhe widerspiegeln die Situation etlicher Regionalflughäfen, die in den letzten beiden Jahrzehnten aus der Konversion ehemaliger Militärflughäfen entstanden sind und nach dem Willen von Kommunal- und Landespolitikern dem jeweiligen, oftmals strukturschwachen Landstrich einen anhaltenden Wirtschaftsaufschwung bescheren sollten.

Als der irische Billigflieger Ryanair 1999 Hahn erstmals anflog und hier schrittweise seine Präsenz und Hahn zum Drehkreuz ausbaute, waren die Verantwortlichen in der Mainzer Landesregierung euphorisch und prophezeiten dem Flughafen eine goldene Zukunft im Passagier- und Frachtgeschäft. Inzwischen hat sich Ernüchterung breitgemacht. So verzeichnete "der Hahn" (so der Volksmund) im ersten Halbjahr 2012 gegenüber demselben Vorjahreszeitraum einen Rückgang im Frachtaufkommen um 28 Prozent. Gleichzeitig sank das Passagieraufkommen erneut um acht Prozent. Während 2007 noch vier Millionen Passagiere gezählt wurden, dürften es 2012 nur noch drei Millionen sein. Irgendwann würden die Zahlen sich auf die Hälfte bis ein Drittel dessen einpendeln, was einmal zu Hochzeiten war, meint Brützel. Abgesehen von der Bezeichnung Frankfurt hat der Flughafen Frankfurt-Hahn wenig mit dem gut 100 Kilometer entfernten Rhein-Main-Großflughafen zu tun. "Der Hahn" galt jahrelang als Vorzeigestück einer gelungenen Konversionspolitik des Mainzer Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) und wurde begeistert als "Jobmotor" in einer ländlichen Region gefeiert. Der Flughafenbetreiber ist vor allem von Ryanair abhängig. Als die Landesregierung vor wenigen Jahren mit einer geringfügigen Abgabe von den Fluggästen, dem sogenannten Hahn-Taler, die Defizite senken wollte, drohte Ryanair unverblümt mit dem kompletten Abzug seiner Flugzeugflotten und zwang Mainz in die Knie. Faktisch subventioniert die öffentliche Hand Ryanair. Die Iren haben inzwischen ihr Drehkreuz ausgedünnt und manche Flüge nach Baden-Baden, Weeze (NRW) oder Bremen verlagert.

Weil der Betrieb nicht kostendeckend arbeitet, zog sich der teilprivatisierte und auf Rendite getrimmte Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport schon 2009 aus dem Hunsrück-Airport zurück und verkaufte seine Anteile für einen symbolischen Preis an die Mainzer Landesregierung, die derzeit einen Anteil von 82,5 Prozent an der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH hält. Die restlichen 17,5 Prozent gehören dem Land Hessen. Eine faktische Verstaatlichung und Sozialisierung der Verluste.

Drohende Insolvenz

Brützel dämpft auch Hoffnungen auf mehr Frachtverkehr. Große Airlines würden bei starker Auslastung der fünf großen Airports auf weniger ausgelastete Verkehrsflughäfen wie Köln-Bonn oder Hannover ausweichen. "Konversionsprojekte im Niemandsland" hätten es da schwer. Luftfracht sei ein interkontinentales Geschäft und werde zur Hälfte in den Bäuchen von Passagiermaschinen transportiert, so Brützel. Hahn könne da höchstens Frachtgelegenheitsverkehr abwickeln.

Dass der Flughafen aus "übergeordneten Interessen" nicht komplett aufgegeben werden darf, könnte eine konkrete Ursache haben: "Gut ein Drittel des Frachtaufkommens entfällt auf militärische Transporte", sagt Roger Mallmenn, der für die LINKE im Kreistag des Rhein-Hunsrück-Kreises sitzt. Meistens jedoch benutzten die im Auftrag der US-Army eingesetzten Maschinen auf ihrem Weg in den Mittleren Osten den Flughafen nur zum Auftanken. "Warum decken die US Army oder die NATO nicht die Hahn-Defizite?", fragt Mallmenn.

Gleichzeitig warnte Mallmenn vor einem drohenden "finanziellen Fiasko" und einer möglichen Insolvenz: "Sollte die EU die finanziellen Zuwendungen, die der Hahn erhält, als wettbewerbsverzerrende Subventionen einstufen, droht die Insolvenz", so der Kommunalpolitiker. "Billigflieger Ryanair, der seit Jahren Flüge streicht, würde sofort abwandern."

(Neues Deutschland vom 21.08.2012)