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Flughafen Hahn will Konversionsballast abwerfen

Rheinland-Pfalz. Die strukturpolitische Erfolgsgeschichte des Flughafens Frankfurt-Hahn auf dem Arbeitsmarkt wird für die GmbH zur schweren Hypothek. Heute halten es SPD wie CDU für einen "Konstruktionsfehler", den Aufbau ziviler Infrastruktur nicht vom reinen Flugbetrieb zu trennen, der schwarze Zahlen schreibt.

Auf dem Areal des ehemaligen US-Militärflughafens beschäftigt die Flughafen-GmbH heute "400 hoch motivierte Mitarbeiter". Auf dem Gelände sind 3000 Arbeitsplätze entstanden. Der reine Flugbetrieb fliegt ein Plus ein. Aber die GmbH drücken Konversionslasten, die Mitbewerber nicht haben.

Aber: Mit 138 Millionen Euro Schulden (Ende 2011), einem Defizit von zuletzt 10,6 Millionen Euro und einem Eigenkapital von 44 Millionen Euro (Stand Ende 2011) kann die GmbH auch aus Sicht des Infrastrukturministers Roger Lewentz (SPD) 2013 in eine "Grenzsituation" geraten, wenn zudem Passagier- und Frachtzahlen zurückgehen.

Deshalb will er, wie er am Dienstag bekräftigte, bis Anfang 2013 eine Antwort dafür haben, wie sich die Flughafen-GmbH von flugfremdem Ballast auf der ehemaligen US-Airbase befreien lässt. Dann wäre der Hunsrück auch für Investoren interessanter, die Lewentz möglichst 2013 präsentieren will.

Der für Hessen im Aufsichtsrat sitzende Ex-Minister Jochen Riebel (CDU) bezweifelt, dass Rheinland-Pfalz die dringend notwendige Neuordnung bis Anfang 2013 stemmt, und befürchtet bereits, dass zum 31. März der Gang zum Insolvenzrichter notwendig wird. Deshalb fordert er im Gespräch mit unserer Zeitung, dass Rheinland-Pfalz "Geld nachschießt" und notfalls auch eine EU-Strafe riskiert, um den Hahn zu retten. Außerdem erwartet er, dass Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) "die Beine in die Hand nimmt und sich nach Brüssel aufmacht", um behilferechtliche Probleme zu klären. Landesminister würden schließlich von EU-Kommissaren nicht ernst genommen und vorgelassen. "Ich verstehe nicht, warum Beck dies nicht tut", wettert Riebel.

Komplizierte EU-Verfahren schweben über dem Flughafen Hahn in der Tat seit 2008, angestrengt vom Ryanair-Konkurrenten Lufthansa. Damit entstehen neue Probleme, so die GmbH. Weil das Land, sagt Hahn-Geschäftsführer Wolfgang Pollety, nach einem EU-Hinweis das Eigenkapital der Flughafen-Gesellschaft nicht aufstocken sollte, erhielt sie 40 Millionen Euro aus dem Liquiditätspool des Landes. Da der Hahn die Millionen aber länger als zwölf Monate braucht, ist diese Finanzierung nach der Lesart des Landesrechnungshofs klar verfassungswidrig und verletzt das Budgetrecht des Landtags. Hätte das Land so nicht gehandelt, würde der Hahn aber europarechtlich "am langen Arm verhungern", argumentiert der Hahn-Geschäftsführer. Er mahnt von der EU Klarheit an.

Er weist auch Riebels Darstellung, wonach das Eigenkapital ohne neue Finanzspritze Ende März aufgezehrt ist, als unredlich zurück. "Nach keinem Szenario ist es in drei bis vier Jahren aufgebraucht", betont er. Die Einschätzung von Lewentz, dass es bis Anfang 2013 gelingt, die Infrastruktur samt Kosten und Schulden vom Flugbetrieb abzutrennen, teilt er. Daran hat er selbst höchstes Interesse, damit die GmbH mit 400 Mitarbeitern nicht in Schieflage gerät. Nach der CDU-Kritik dauert die Lösung des Kernproblems seit dem Abzug des alten Mehrheitsgesellschafters Fraport schon viel zu lange. Riebel wie rheinland-pfälzische CDU-Abgeordnete halten es für einen schweren Fehler, dass Rheinland-Pfalz die Fraport 2009 ziehen ließ, die vorher stets zweistellige Millionendefizite übernommen hatte. Für den damals zuständigen Wirtschaftsminister Hendrik Hering war dies aber alternativlos, weil die Fraport den Hahntaler (3 Euro Eintritt) forderte. Dies bekämpfte der irische Billigflieger und Großkunde Ryanair. Hering erklärt: "Er hätte alle Maschinen abgezogen. Der Hahn wäre am Ende gewesen." Bei aller Kritik, die Riebel umtreibt: Der Ex-Minister, der in Hessen für eine Beteiligung (17,5 Prozent) geworben hat, ist von der Zukunft des Hahns überzeugt. "In zehn Jahren wird er Gold für die Entlastung Frankfurts sein. Aber die Jahre müssen überbrückt werden."

(Rhein-Zeitung vom 22.08.2012)