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Privat in die Luft gehen

Wenn eine Landesregierung einen Verkehrsflughafen europaweit zur Privatisierung ausschreibt und das Management Interesse an einer Übernahme mittels »Buy-Out« bekundet, sollte dies bei Beschäftigten und Gewerkschaften Alarmstimmung auslösen. Die Rede ist vom rheinland-pfälzischen Flughafen Hahn. Der ehemalige US-Militärstützpunkt wurde lange als Vorzeigemodell gelungener Konversion und als boomender Jobmotor in einer strukturschwachen Region gefeiert. Vielleicht wollte sich Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) auch ein Denkmal setzen.

Dass die Arbeitsbedingungen zu wünschen übrig lassen, viele in Leiharbeit und Minijobs beschäftigt sind, passt nicht ins Bild einer heilen Welt. Erst politischer Druck von links hat Anfang 2011 bewirkt, dass keine Ein-Euro-Jobs mehr angeboten werden. Und nun bangen die Beschäftigten um ihre Zukunft.

Spätestens seit der Frankfurter Betreiber Fraport AG seine Anteile am Flughafen Hahn an das Land abstieß, wurde deutlich, dass der Airport Jahr für Jahr mit einem Millionendefizit abschließt. Als die Landesregierung einst mit einer mäßigen Gebühr das Defizit senken wollte, erpresste der für seinen ruppigen Umgang mit dem Personal bekannte irische Billigflieger Ryanair die Mainzer und zwang sie zum Rückzug. Jetzt steht Ryanair wieder auf der Matte. Dem Vernehmen nach soll die Landesregierung den Iren eine als »Marketingzuschuss« verkleidete Subvention in Millionenhöhe zugesagt haben. All dies wirft ein Schlaglicht auf die wahren Machtverhältnisse. Gewinne werden privatisiert und Verluste sozialisiert.

Nun wollen dem Vernehmen nach Investoren aus Russland oder anderswo einsteigen. Sie betrachten den Flughafenbetrieb, insbesondere den Frachtbereich und die nach wie vor stattfindenden US-Militärtransporte offenbar als Renditeobjekt. Den Beschäftigten droht ein weiterer Angriff auf Tarifstandards und Arbeitsplätze. Derzeit wehren sich europäische Gewerkschaften gegen die von der EU-Kommission vorgesehene Freigabe des Marktzugangs zu den Bodenverkehrsdiensten, die Billigunternehmen, Lohndumping und Qualitätsverluste fördert. Ohne Widerstand könnten die Hahn-Beschäftigten als Versuchskaninchen enden, denen das Fell über die Ohren gezogen wird.

(Neues Deutschland vom 17.11.2011)