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Internationale Ausschreibung geplant: Land wirft Hahn auf den Markt

Der Flughafen Hahn steckt in den roten Zahlen, die Passagierzahlen schwächeln und die Schuldenbremse drückt: Die rot-grüne Landesregierung in Mainz möchte den früheren US-Fliegerhorst im Hunsrück lieber heute als morgen loswerden.


Von Markus Lachmann

Jetzt könnte Bewegung in das Vorhaben kommen. Der Flughafen Hahn soll noch in diesem Jahr international ausgeschrieben werden. Dabei geht es sowohl um den Betrieb als auch die Gesellschafteranteile. Der rheinland-pfälzische Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD) bestätigte entsprechende Informationen dieser Zeitung. Lewentz spricht von einem "internationalen Interessenbekundungsverfahren" - so lautet die korrekte Bezeichnung.

Dies ist im Grunde eine weichere Form der Ausschreibung: Das Land eruiert, ob private Anbieter Interesse haben, in den Flughafen einzusteigen. Bei einer solchen Form der Ausschreibung muss man nicht alle Geschäftszahlen veröffentlichen, der private Interessent wiederum kann noch eigene Vorstellungen mit einbringen.

Infrastrukturentwicklung wichtig

Hintergrund dürften die Erfahrungen mit dem Freizeitzentrum am Nürburgring sein: Die EU-Kommission prüft derzeit, ob gegen Beihilfe- und Vergaberecht verstoßen wurde.

Derzeit hält das Land Rheinland-Pfalz 82,5 Prozent der Anteile am Hahn, das Land Hessen 17,5 Prozent. Dem Vernehmen nach sollen eine Fluggesellschaft sowie ein Unternehmen, das mit einer anderen Airline zusammenarbeitet, mit dem Hunsrück-Airport liebäugeln. Wie es heißt, handele es um ein "deutsch-russisches sowie türkisches Umfeld". Lewentz wollte sich dazu nicht äußern. Wichtig sei die Infrastrukturentwicklung am Flughafen, so der Minister. "Dann kann man auch über unterschiedliche Modelle der Beteiligung sprechen." Lewentz hatte zuletzt nicht ausgeschlossen, dass das Land auch bereit ist, mehr als 50 Prozent der Anteile zu verkaufen.

Unklar ist unterdessen, was aus dem Vorschlag des Hahn-Managements wird, selbst in den Flughafen einzusteigen. Erst vor kurzem hatten fünf Mitglieder des Managements entsprechende Vorschläge ("Management Buy Out") unterbreitet. Demnach würden sie 25 Millionen Euro für deutlich mehr als 51 Prozent der Anteile zahlen. Hahn-Geschäftsführer Jörg Schumacher hatte erklärt, jeweils zwei Personengruppen stünden bereit, einen solchen Ankauf zu finanzieren. Eine davon soll dieselbe deutsch-russische Gruppe sein, mit der auch die Landesregierung im Gespräch ist. Details wollte Schumacher erst zu Beginn der Gespräche mit der Mainzer Landesregierung mitteilen - die aber noch nicht stattgefunden haben. Wie Minister Lewentz sagte, werde das Angebot des Hahn-Managements derzeit "bewertet".

"Richtiger Zeitpunkt"

Auch bei einer Ausschreibung wäre das Angebot des Hahn-Managements nicht vom Tisch, sagte Grünen-Landtagsfraktionschef Daniel Köbler dieser Zeitung. "Es wäre eines von mehreren denkbaren Angeboten." Wichtig sei ein "vergaberechtlich sauberes Verfahren" - was als verdeckte Spitze gegen das Vorgehen am Nürburgring zu werten ist -, sowie eine für das Land wirtschaftliche Lösung. SPD-Fraktionschef Hendrik Hering nannte das Interessenbekundungsverfahren eine "sinnvolle Vorgehensweise". Er sprach auch das vorläufige Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen an: "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um an den Markt zu gehen."

Im ersten Halbjahr 2011 waren die Passagierzahlen am Hahn um 13 Prozent auf 1,4 Millionen zurückgegangen. Im vergangenen Jahr betrug der Verlust elf Millionen Euro.

(Allgemeine Zeitung vom 02.11.2011)