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Nach Gerichtsurteil zu Frankfurt
Lufthansa schweigt über Plan B

Von Manfred Köhler
24. August 2009 Die Deutsche Lufthansa argumentiert weiterhin, dass ein Aus für Nachtflüge auf den Frankfurter Flughafen dem Unternehmen und überhaupt dem Logistik-Standort schweren Schaden zufügen würde. Auf die Frage, ob es nach dem Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofs nicht an der Zeit sei, sich mit einem Verbot von Frachtflügen in der Zeit zwischen 23 und 5 Uhr einzurichten, sagte ein Konzernsprecher lediglich: "Der Druck wird natürlich größer für einen Plan B". Er machte aber keine Angaben, wie sich die Lufthansa im Einzelnen aufstellen will, sollte es tatsächlich zu einem Nachtflugverbot kommen.

Im vergangenen Jahr war Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzender von Lufthansa Cargo, bereits etwas genauer geworden. Zu den Ausbauplänen für Frankfurt befragt, hatte er bekräftigt, falls es die erhoffte Ausnahme vom Nachtflugverbot gebe, werde in der Mainmetropole ein neues Logistikzentrum entstehen. Sonst aber werde die Expansion woanders stattfinden: "Entweder in Leipzig, wo wir mit unserem Partner DHL bereits auf eine kritische Masse kommen, oder in München, wo die Frachtkapazität vieler Passagierflüge zusammenkommt."

Worüber "niemand" "nachdenkt

Spohr legte seinerzeit allerdings darauf Wert, dass auch bei einem Nachtflugverbot, das diesen Namen verdient, das Frachtflugdrehkreuz Frankfurt als solches nicht aufgegeben wird. "Niemand bei uns denkt darüber nach, alle 19 Frachtflugzeuge nach Leipzig oder München zu verlagern." Es werde lediglich das Wachstum begrenzt, während andere Standorte schneller expandieren würden.

In einem Gespräch mit der Rhein-Main-Zeitung im Februar dieses Jahres hingegen hatte Spohr ausgeführt, bei einem Stopp aller Nachtflüge stehe durchaus der Logistik-Standort Frankfurt als solcher auf dem Spiel, weil Spediteure nicht doppelte Logistikzentren für Tag- und Nachtverkehr betreiben würden. Eher würden sie die Fracht auch tagsüber dort umschlagen, wo sie es dann nachts täten. "So gesehen, reden wir hier nicht nur von dem Teil der Fracht, die tatsächlich nachts geflogen wird, sondern wir reden von der Existenz des Logistikstandorts Frankfurt. Dann fliegt die Fracht künftig von Amsterdam, von Luxemburg oder von Paris."

Tatsächlich scheint das Fliegen in den Nachtstunden dort auf weniger Hemmnisse zu stoßen als am Main. Nach einer Statistik der europäischen Flugsicherungsorganisation Eurocontrol fanden 2007 zwischen Mitternacht und fünf Uhr in der Früh in Frankfurt durchschnittlich 26 Flüge statt, bei wichtigen Konkurrenten auf dem Kontinent hingegen jeweils mehr. In Paris waren es 59, in Madrid 45 und in Amsterdam 29.

Der Lufthansa-Sprecher bekräftigte gestern auch, dass der Flughafen Hahn keine Alternative zu Frankfurt sei - nicht nur wegen der langen Fahrzeit dorthin, sondern auch wegen der dort fehlenden Infrastruktur und der zahlreichen Nebeltage im Hunsrück. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs am Freitag hatte die Landesregierung von Rheinland-Pfalz noch einmal Hahn ins Gespräch gebracht. Dort ließen sich durchaus zusätzliche Flüge abwickeln, hieß es.

Der Lufthansa-Konzern argumentiert dabei stets, dass es nicht bloß darum gehe, einen Ort zu finden, an dem sich in der Nacht mehrere Frachtflieger treffen, so dass sich die Ware von einem in den anderen umladen lässt. Vielmehr werde annähernd die Hälfte der Fracht in Passagiermaschinen befördert, so dass nur an einem Drehkreuz, an dem sich sowohl Passagier- als auch Frachtmaschinen träfen, ein Umladen von hier nach dort möglich sei.


Billiger fliegen von Leipzig aus

Trotzdem hat die Lufthansa zuletzt auch in Leipzig investiert, wo der Personenverkehr eine nachgeordnete Rolle spielt. So wurde gemeinsam mit DHL eine Frachtlinie namens Aerologic gegründet, deren Maschinen in der sächsischen Stadt stationiert sind. Das neue Unternehmen fliegt mit modernen Maschinen, die weniger Treibstoff verbrauchen als die in Frankfurt stationierten Frachtflugzeuge. Zudem sind die Entgelte der Crews bei Aerologic geringer. Lufthansa Cargo habe in Leipzig einen zweiten Standort aufgebaut, genauso wie Lufthansa Passage in München, sagte Spohr dazu im Februar. Er bekräftigte aber zugleich, 90 Prozent der mit dem Konzern transportierten Fracht gingen nach wie vor über Frankfurt.

Allerdings ist nicht klar, ob die Richter tatsächlich Nachtflüge vollständig untersagen werden. In der Pressemitteilung der Gerichts heißt es nur, "die Zulassung der 17 Flüge in der Mediationsnacht sei nicht mit dem gesetzlich gebotenen Schutz der Bevölkerung vor nächtlichem Fluglärm zu vereinbaren", urteilten der Richter.

Weiterführende Links

(Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.08.2009)