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Nach Fraport-Ausstieg am Hahn Kreditfragen offen

Von Jochen Remmert

05. Juni 2009 Nicht genug, dass das Zukunftskonzept des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministers Hendrik Hering (SPD) nichts enthält, was der ehemalige Haupteigner Fraport AG nicht schon in Erwägung gezogen oder versucht hätte, um den Flughafen Hahn doch noch in die Gewinnzone zu bringen. Nun attestiert auch noch Jochen Riebel (CDU), der für Hessen im Aufsichtsrat des Flughafens sitzt, den Mainzern, bei der Übernahme der Fraport-Anteile in Finanzierungsfragen gravierende handwerkliche Fehler begangen zu haben, die womöglich Millionen kosten.

Bei den Vorhaltungen Riebels, bis 2006 Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten in der hessischen Staatskanzlei, davor Finanzstaatssekretär und noch früher Landrat im Main-Taunus-Kreis, geht es um die Absicherung von Krediten der Frankfurt-Hahn Flughafengesellschaft GmbH. Er geht davon aus, dass teuere Vorfälligkeitsentschädigungen zu zahlen seien, weil die Landesregierung in Mainz es versäumt habe, die von der Fraport AG getragenen Bürgschaften und Verpflichtungen zu übernehmen beziehungsweise für eine Fortgeltung zu sorgen.

Geschäftsgeheimnis

Tatsächlich sind, wie es beim Frankfurter Flughafenbetreiber heißt, mit dem Verkauf der 65 Prozent an das Land Rheinland-Pfalz rückwirkend zum 1. Januar 2009 für einen Euro "alle wesentlichen bestehenden wirtschaftlichen Verpflichtungen gegenüber der Flughafen Hahn GmbH" erloschen. Für die Banken heißt das Riebel zufolge, dass damit auch die entsprechenden Sicherheiten als Voraussetzung für die bisherigen Kredite an die Flughafengesellschaft am Hahn nicht mehr gegeben sind und die Kredite deshalb fällig gestellt werden. Der neue Hauptanteilseigner muss sie also kurzfristig ablösen. Für die Banken ergibt sich Riebel zufolge außerdem ein Anspruch auf entsprechende Vorfälligkeitsentschädigungen, weil ihnen die Zinsen für die ursprünglich vertraglich vereinbarte Laufzeit entgehen. Die daraus entstehenden zusätzlichen Kosten schätzt er auf rund 1,5 Millionen Euro.

Aus dem Mainzer Wirtschaftsministerium heißt es dazu nur, dass Gespräche mit den Banken im Gange seien, die zum Ziel hätten, "eine für die Flughafengesellschaft günstige Regelung zu finden". Einzelheiten zu den laufenden Verhandlungen könne das Ministerium nicht nennen, ohne das geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu verletzen.

Bei der "Neustrukturierung der Bankverbindlichkeiten" erhofft sich Rheinland-Pfalz, das nun 82,5 Prozent der Anteile hält, sogar Vorteile gegenüber der bisherigen Finanzierung wegen des derzeit niedrigen Zinsniveaus. Ein Versäumnis der Landesregierung und der von ihr in den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft entsandten Vertreter sieht das Wirtschaftsministerium jedenfalls nicht. Der von Riebel genannte Millionenschaden sei auch nicht entstanden.

Das allerdings bezweifelt der ehemalige hessische Finanzstaatssekretär ebenso nachdrücklich wie die Höhe des im Wirtschaftsplan des Flughafen Hahn für das laufende Jahr angegebene Minus von 16,75 Millionen Euro, Riebel geht von "mindestens 20 Millionen Euro" aus. Im Jahr 2008 lag der Fehlbetrag noch bei 18 Millionen Euro.

Vorruhestandsregelungen

Den nach wie vor bestehenden Lasten aus dem Betrieb des Flughafens Hahn stellt das Mainzer Ministerium die rund 11.000 Arbeitsplätze gegenüber sowie das zusätzliche Steueraufkommen, das mit rund 93 Millionen Euro angegeben wird. Das Konversionsprojekt müsse man als strukturpolitische Maßnahme sehen, eine bloße betriebswirtschaftliche Betrachtung werde dem Zweck nicht gerecht, heißt es dazu regelmäßig aus dem Ministerium.

Dem Vernehmen nach beschränken sich die Meinungsverschiedenheiten zwischen Hessen und Rheinland-Pfälzern im Aufsichtsrat längst nicht nur auf die Finanzierungsfragen. Die hessische Seite soll auch massive Kritik an der Besetzung des Aufsichtratsvorsitzes geübt haben. Aus Hessen, das nach wie vor 17,5 Prozent der Anteile hält, soll die Forderung gekommen sein, diese Aufgabe mindestens auf Ebene der Staatssekretäre zu vergeben. Tatsächlich hat Mainz diese Aufgabe aber Jochen Langen übertragen, der die Abteilung 1 im Wirtschaftsministerium leitet. Und schließlich sollen sich die Hessen auch darüber ärgern, dass Vorruhestandsregelungen am Flughafen Hahn angestrebt würden, die die Kosten zusätzlich in die Höhe trieben. Nach einer reibungslosen Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinweg hört sich das alles nicht an.

Weiterführende Links

(Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 05.06.2009)