"Wir müssen nicht so tun, als ob die Beförderung von US-Soldaten in Krisengebiete das Gleiche ist, als ob eine Familie in den Urlaub fliegt."
Rechtsanwältin Franziska Kunze während der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht

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Flughafen Leipzig/Halle
Freistaat gesteht US-Militärflüge ein

Der Freistaat Sachsen hat erstmals öffentlich eingeräumt, dass der Flughafen Leipzig/Halle von der US-Armee militärisch genutzt wird. Am zweiten Tag der Verhandlung zu den Nachtflugregelungen des Flughafens räumte Siegfried de Witt, der Anwalt des Freistaates, Transporte von US-Soldaten ein. Diese seien durch einen ergänzenden Planfeststellungsbeschluss ermöglicht worden und würden auf Grundlage "militärischer Anforderungen" genehmigt. Der Flughafen Leipzig/Halle hatte bislang stets von zivilen Flugbewegungen gesprochen. Während der Verhandlung wurde deutlich, dass US-Soldaten, die auf ihren Flügen in den Irak und nach Kuwait umstiegen, in Leipzig bisher als "Transitpassagiere" erfasst wurden.


In den Nachtstunden werden auf dem Flughafen Leipzig/Halle regelmäßig US-Soldaten abgefertigt


Nach Angaben des Flughafens Leipzig/Halle landen täglich etwa neun Maschinen mit US-Soldaten an Bord. Diese fliegen anschließend weiter in den Heimaturlaub oder in ihre Einsatzgebiete im Nahen Osten und in Afghanistan. Diese Flüge veränderten die Sicherheitslage des Flughafens, sagte Wolfgang Baumann, der Rechtsanwalt der klagenden Anwohner. Durch die militärische Nutzung könne der Flughafen Leipzig/Halle in das Visier von Terroristen gelangen, argumentierte Baumann. Siegfried de Witt, der Anwalt des Freistaates Sachsen, sagte dagegen, der Verweis auf die Terrorismusgefahr sei mittlerweile ein "modisches Argument".


Anwohner wollen Nachtflugverbote ausweiten lassen


Verhandelt wird vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Klage von drei Anwohnern des Flughafens Leipzig/Halle. Diese wollen eine Einschränkung des Nachtflugverkehrs erreichen und klagen deshalb gegen einen Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Leipzig. Nach diesem besteht für Passagiermaschinen zwischen 23:30 Uhr und 5:30 Uhr ein Start- und Landeverbot, Frachtmaschinen und Militärmaschinen sind davon ausgenommen. Das Luftfrachtunternehmen DHL betreibt auf dem Flughafen Leipzig/Halle sein europäisches Luftfrachtdrehkreuz, pro Nacht starten und landen etwa 60 Maschinen.

Während seines Schlussvortrages forderte Kläger-Anwalt Wolfgang Baumann einen weitgehenden Verzicht auf Nachtflüge und militärische Flüge. Zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr sollten nur noch Flüge mit Expressfracht zulässig sein. Siegfried de Witt, der Anwalt des beklagten Freistaates Sachsen plädierte dagegen für die Beibehaltung der bisherigen Nachtflugregelungen. Ein weltweites Luftfrachtzentrum sei anders nicht zu betreiben, erklärte de Witt. Das Bundesverwaltungsgericht will sein Urteil voraussichtlich in der kommenden Woche verkünden.

(MDR vom 16.07.2008)