Der "Bahn-Wahn" in Hahn

Leserbrief zu diesem Artikel:
Warum ist das Land RLP bereit, die Verlagerung der Lärmbelastung ins eigene Land auch noch mit der Übernahme des jetzt schon erwarteten Betriebskostendefizits der Bahn in Höhe von 12 – 13 Mio € jährlich(!) zu zahlen? Was hat die Region davon?
Zurück zur Übersicht

drucken

Hahn-Bahn kommt später und wird teurer

Von unserem Korrespondenten Joachim Winkler

Der "Flughafen-Bahn" zum Hahn kommt, allerdings erst nach 2010 und für geschätzte 85 Millionen Euro Ausbaukosten. Damit dauert das Projekt länger als geplant und wird deutlich teurer als ursprünglich veranschlagt. Vieles hängt von der Akzeptanz der Streckenanlieger ab.

Mainz. "Wir haben die Hunsrückbahn auf das richtige Gleis gesetzt", verkündete Verkehrsminister Hendrik Hering bei der Unterzeichnung einer Planungsvereinbarung mit der Deutsche Bahn Netz AG. Mit der Strecke soll der boomende Flughafen Hahn an das Rhein-Main-Gebiet und den "Mutter"-Flughafen Frankfurt angeschlossen werden. Die vom Minister als Durchbruch gefeierte neue Planung verschiebt einige bisherige Eckdaten für die Reaktivierung der 62 Kilometer langen Strecke zwischen Langenlonsheim/Nahe und dem Flughafen deutlich. So sollen bereits zum Neustart zwei Abschnitte von insgesamt 8,5 Kilometer zweigleisig ausgebaut werden. Damit verlängern sich nicht nur die Planungsverfahren merklich. Auch die Kosten werden von ursprünglich geschätzten 62 auf rund 85 Millionen Euro steigen. Das Land wird mit rund acht Millionen Euro und mit Kosten für den Umbau von Bahnübergängen mit von der Partie sein, die Bahn rund 65 Millionen Euro Bundesgelder einbringen. Die Bauzeit ist auf drei bis fünf Jahre veranschlagt. Die Hälfte der rund 80 Bahnübergänge soll wegfallen.

Das neue Bedienungskonzept für die Strecke Mainz-Hahn sieht einen Stundentakt von morgens fünf bis ein Uhr nachts vor. Allerdings werden sich dabei nicht langsame Regionalbahn und ein Zug ohne Halt abwechseln, wie bislang geplant. Durch die Einrichtung von insgesamt sechs Haltepunkten in Bingen, Langenlonsheim, Stromberg, Rheinböllen, Simmern und Kirchberg, die regelmäßig angesteuert werden sollen, erhofft sich Hering mehr Akzeptanz für eine wiederbelebte Strecke vor Ort. Landrat Bertram Fleck vom Rhein-Hunsrück-Kreis erwartet, dass die Masse der Bevölkerung die Strecke als Anbindung an das Rhein-Main-Gebiet mitträgt.

Man brauche das Entgegenkommen der Region, so der Minister, denn es müssen nicht nur Bahnübergänge geschlossen und der komplette Oberbau erneuert werden, sondern auch Bahnsteige neu gebaut, Schallschutz errichtet und Grundstücke für die zweigleisigen Abschnitte erworben werden.

Die Fahrtzeit für die 100 Kilometer Distanz nach Mainz wird auf 1:35 Stunden taxiert. Damit liegt man deutlich über den 75 Minuten, die bisher von Bussen erreicht werden. Eine ursprünglich geplante neue Querspange über die Nahe, die die Verbindung verkürzt hätte, ist vom Tisch. Erwartete jährliche Betriebskostendefizite, die im schlechtesten Fall auf bis zu 13 Millionen Euro geschätzt werden, wird das Land übernehmen. Allerdings hofft Hering, mit einer europaweiten Ausschreibung zu besseren Konditionen zu kommen.

Meinung Kompromiss-Zug Die endlose Geschichte der Hahn-Bahn kommt ins Rollen. Vorschnelle Ankündigungen von früheren Verkehrsministern und amtierenden Ministerpräsidenten hatte die Wirklichkeit bislang trotz allen politischen Drucks schnell eingeholt, denn es ist nicht damit getan, einen Zug auf die maroden Gleise zu setzen. Von Hirngespinsten um Transrapid-Trasse oder neue ICE-Strecke ganz zu schweigen. Die Betroffenen hatten frühzeitig klar gemacht, dass die Menschen von der neuen Bahn profitieren müssen und die Züge nicht nur vorbeifahren dürfen. Herausgekommen ist ein Kompromiss-Zug. Die Bahn zum Hunsrück-Airport braucht man aus zwei Gründen: Der wachsende Passagier-Ansturm muss bewältigt werden, und der Zug ist Vor-aussetzung für ein Flughafensystem Frankfurt-Hahn - und damit auch für den Ausbau des Flughafens Frankfurt einschließlich des daran gebundenen Nachtflugverbots. Doch Zweifel bleiben. Wie groß ist die Akzeptanz der Kunden für einen Zug, der deutlich langsamer ist als ein Bus?

(Trierischer Volksfreund vom 06.07.2007)