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Von Jochen Remmert Für die EU-Kommission ist die Entscheidung noch vollkommen offen, ob sie den Frankfurter Flughafen und den 120 Kilometer entfernt liegenden Flughafen Hahn im Hunsrück im Sinne des EU-Rechts als ein Flughafensystem akzeptiert. Das teilte die Brüsseler Behörde gestern auf Anfrage mit. Dem Betreiber, der Fraport AG, würde das Recht zukommen, Airlines nach eigenem Ermessen entweder in Frankfurt oder im Hunsrück landen zu lassen. Dieses Privileg, selbst den Verkehr zu verteilen, ist für Fraport von entscheidender Bedeutung, da der Konzern die umstrittenen Nachtflüge von Frankfurt nach Hahn verlegen will, um am Main ein Betriebsverbot zwischen 23 und 5 Uhr in die Tat umsetzen zu können. Das hatte Fraport selbst auf politischen Druck aus Wiesbaden beantragt, um die Chancen für die Erweiterung des Flughafens um die Nordwestlandebahn im Kelsterbacher Wald zu erhöhen. Kommission widerspricht Beck und KochVor wenigen Tagen hatten die Ministerpräsidenten von Hessen und Rheinland-Pfalz, Roland Koch (CDU) und Kurt Beck (SPD), in einer gemeinsamen Mitteilung geäußert, das Ansinnen, die beiden Flughäfen bei der EU quasi als zwei Teile eines Airports zu deklarieren, sei "auf gutem Weg". Sie bezogen sich dabei nach eigenem Bekunden auf einen Brief der EU-Kommission. Diese bestätigte gestern zwar dieser Zeitung, dass es ein entsprechendes Schreiben an die deutschen Stellen gegeben habe, es habe sich dabei aber lediglich um eine Darstellung der nach wie vor ungeklärten Frage eines Flughafensystems gehandelt. In der Antwort der EU-Kommission heißt es weiter, dass insbesondere die entscheidende Frage nicht positiv beantwortet sei, ob beide Flughäfen - Frankfurt und Hahn im Hunsrück - dieselbe Region bedienten. |
Die EU-Kommission weist ausdrücklich darauf hin, dass sie sich vor allem angesichts der erheblichen Entfernung der beiden Flughäfen voneinander bislang nicht habe entscheiden können, von einem Flughafensystem auszugehen, das allen EU-Vorschriften gerecht werde. Ein Ausschlusskriterium für eine solches Flughafensystem, bei dem der Betreiber selbst den Flugverkehr auf zwei Standorte verteilen kann, sieht die Kommission in einer möglichen Verletzung des Diskriminierungsverbots. Es dürfte zu keiner Benachteiligung von Fluggesellschaften führen, wenn Fraport beispielsweise Charterfluggesellschaften nächtliche Starts und Landungen nurmehr von Hahn aus gestattet. Condor: Hahn kein Ersatz für FrankfurtGenau eine solche Schlechterstellung sieht aber beispielsweise die Kelsterbacher Ferienfluggesellschaft Condor für den Fall gegeben, dass sie nicht mehr von Frankfurt aus ihre Ziele - etwa auf Gran Canaria, Fuerteventura oder Mallorca - bedienen kann, wie eine Sprecherin gestern sagte. Die Kundschaft der Condor - Reiseveranstalter - akzeptierten Flüge vom Flughafen Hahn aus nicht als gleichwertigen Ersatz. Im harten Konkurrenzkampf der Pauschalreisen-Anbieter seien schnell ausländische Airlines zur Stelle, die dann vom Ausland aus Frankfurt bedienten. Wie die EU-Kommission gestern weiter wissen ließ, hat man in dem Schreiben an die Bundesregierung den Vorschlag unterbreitet, aus dem Frankfurter Flughafen und dem im Hunsrück eine Kooperation zu kreieren, ohne dabei das Recht zu beanspruchen, in eigener Regie den Flugverkehr zwischen Frankfurt und Hahn zu verteilen. Für eine solche Lösung sei - anders als bei einem echten Flughafensystem - auch keine Genehmigung der EU-Kommission nötig. Das Schreiben betrachte die EU-Kommission auch als Aufforderung, sich zu der angesprochenen Frage zu äußern. |
(F.A.Z. vom 16.10.2007)