Das klingen die Berichte der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH aber ganz anders.

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Shopping-Paradies Flughafen

Eine A.T.Kearney-Studie bescheinigt Wien großen Nachholbedarf.

wien (eid). Der Wettbewerbsdruck unter den europäischen Fluglinien wächst. Billig-Airlines machen den etablierten Gesellschaften massiv Konkurrenz. Aber nicht nur am Himmel wird die Schlacht um Marktanteile härter. Auch die Zeiten, wo sich Flughäfen um fette Gewinne keine Sorgen machen mussten, sind vorbei. "Das Kerngeschäft der Flughäfen, nämlich die reine Abfertigung der Flugzeuge, gerät zunehmend unter Druck. Deshalb müssen die Airports neue Geschäftsfelder entwickeln, die abseits vom Fluggeschäft sind", sagt Stefan Höffinger von A.T.Kearney.

Das internationale Beratungsunternehmen hat am Mittwoch eine Studie unter dem Titel "Airport Cities - Marktplätze des 21. Jahrhunderts" präsentiert. Schlussfolgerung der Berater nach dem Vergleich von 24 europäischen Flughäfen von Amsterdam bis Zürich: "Wien hat großen Nachholbedarf."

Während manche Flughäfen bis zu 50 Prozent ihrer Umsätze außerhalb der Luftfahrt (non-aviation) erzielen - Oslo 48 Prozent, Kopenhagen 47, München 45 und Zürich 43 Prozent, liegt der Flughafen Wien mit einem Umsatzanteil von 17 Prozent vor Frankfurt-Hahn (13 Prozent) an vorletzter Stelle (alle Werte aus 2004). Nicht viel besser ist die Stellung von Wien, wenn die Ausgaben pro Passagier verglichen werden: Da liegen die Airports München, Zürich, Oslo und Kopenhagen mit Werten zwischen elf und 8,25 Euro an der Spitze. Wien wird mit 4,52 Euro pro Person nur von Athen und Frankfurt-Hahn unterlaufen.

"Flughäfen können nur wachsen, wenn sie sich ein unverwechselbares Profil geben und dieses Image in der Gastronomie, in Geschäften, aber auch Kultur-Angeboten und Wellness-Bereichen durchziehen", betonte Höffinger. Das gehe aber nur mittels eines grundlegenden Umdenkens auch im Airport-Management: Weg von der Passagier-"Abfertigung" hin zum kundenorientierten Servicecenter lautet das Rezept von A.T.Kearney. Amsterdam habe bereits einen eigenen Manager, der wie ein Bürgermeister die "City Airport" führt.

Amsterdam bilde auch ein gutes Beispiel in der Studie, die A.T.Kearney laut Höffinger ohne Auftraggeber erstellt hat: Wer nach Amsterdam fliege, könne in Shiphol mit geschlossenen Augen landen und wüsste beim Anblick der Shops dennoch sofort, wo er sei. "Tulpen, Gouda-Käse und Holzschuhe prägen das Bild." Es gehe aber keineswegs allein um ländertypische Kitsch-Stereotype: Amsterdams Flughafen sorge auch mit einer Dependance des Rijksmuseums samt Museumsshop für Abwechslung. "Das müsste doch auch in Wien eine Überlegung wert sein", meint Höffinger.

Neben Amsterdam sind Kopenhagen und Athen die "rising stars". Dort gebe es Erlebniswelten mit Kinos, Casinos und WellnessTempeln, in Amsterdam sogar einen Kinderspielplatz. Am Flughafen Athen entstand ein Shoppingzentrum mit Ikea-Möbelmarkt und Elektronik-Megastore und ein Archäologisches Museum mit Objekten, die beim Flughafenausbau gefunden wurden.

Nicht gelten lassen wollen die Berater das Argument, dass die angestrebten kurzen Umsteigezeiten einem ausgiebigen Einkaufs- und Gastroerlebnis widersprächen. "In einem attraktiven Shop kann ich in nur wenigen Minuten hunderte Euro ausgeben", räumte A.T.-Kearney-Luftfahrt-Expertin Claudia Witzemann ein. Und ein schneller Kaffee gehe sich ebenfalls immer aus - wenn das Café einladend genug sei.

Auch wenn europäische Flughäfen von der Zukunftsvision Jebel Ali in Dubai samt Wohnhäusern, Universitäten und Golfplätzen weit entfernt sind: "Jeder Flughafen sollte sich ein maßgeschneidertes Konzept verpassen", lautet der Rat von A.T.Kearney. Auch für Wien, wo gerade der neue Terminal Sky Link entsteht. Mit 12.000 Quadratmetern neuer Flächen stehe dann doppelt soviel Platz für den Non-Aviation-Bereich zur Verfügung wie bisher. Ab 2008, wenn der Sky-Link in Betrieb sei, erwarte man zusätzliche Wachstumschancen im Non-Aviation-Bereich, hieß es dazu am Flughafen Wien. Derzeit liege der Umsatzanteil bei 22,1 Prozent.

(Die Presse vom 09.03.2006)