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BINGEN/HAHN Der Direktbus "Bingen-Hahn" steht möglicherweise vor dem Aus. Trotz idealer Verbindung vom Hunsrück-Flughafen ins Mittelrheintal nutzt kaum ein Passagier den Service, der erst im Mai vergangenen Jahres eingerichtet wurde.
Von Christine Tscherner
Aus "betriebswirtschaftlichen Gründen" ist Rüdesheim seit Montag bereits abgehängt und der Bingen-Fahrplan gekürzt. Die Busfahrt bis vor die Terminal-Haustür, mit einer Stunde Fahrzeit kaum länger unterwegs als mit dem eigenen Auto und dazu keine Parkgebühr - eigentlich sollte solch ein Bus doch angenommen werden. Dachten sich sowohl die Omnibusverkehr Rhein-Nahe (ORN) als auch die Binger Tourist-Information. Doch mit durchschnittlich 2,5 Passagieren pro Fahrt sieht die Bilanz nach einem Jahr erbärmlich aus. "Miserabel" nennt Hans-Egon Link, ORN-Geschäftsführer, die Auslastung des Mittelrhein-Shuttle.
Ganz im Gegensatz zum Mainz-Bus, der "hervorragend" von den Fluggästen genutzt wird. Bis zum WM-Ende sei die Direktlinie vom Flughafen Hahn nach Bingen (Haltepunkte Haupt- und Stadtbahnhof) und über die Fähre nach Rüdesheim noch mit täglich vier Fahrten erhalten worden, seit Montag endet der Bus in Bingen. "Die Fährfahrt war einfach ein zu hoher Kostenfaktor", so Link. Das Minus in der ORN-Kasse (Link: "Ein hoher fünfstelliger Betrag.") will das Unternehmen mit nur noch drei statt vier täglichen Fahrten minimieren. "Wenn die Linie nicht angenommen wird, stellen wir sie zum Jahresende ganz ein."
"Unsere Erwartungshaltung war anscheinend viel zu optimistisch", kommentiert Touristik-Amtsleiter Dieter Glaab. Wer auf den Billigflug nach Deutschland setzt, investiere das gesparte Geld für einen Mietwagen. Und die Mietauto-Anbieter am Terminal werben massiv für ihre Angebote.
Warum nutzen die Menschen aus der Mittelrhein-Region und den Verbandsgemeinden rund um Bingen den Bus-Service nicht? "Vielleicht hat es sich noch nicht herumgesprochen, dass ein Tag Parkhaus auf dem Hahn mittlerweile 20 Euro kostet." Viele Passagiere lassen sich wie nach Frankfurt von Freunden oder Verwandten fahren. Oder sie nehmen lange Wege auf dem Flughafen-Gelände zu einem günstigen Parkplatz in Kauf.
"Das Einzugsgebiet um Bingen ist für den Bus-Shuttle nicht groß genug", vermutet ORN-Geschäftsführer Link. An der Werbung habe das mangelnde Interesse am Flughafen-Bus nicht gelegen, betonen Glaab und Link unisono. Auf der Rüdesheim-Fähre, beim Handelshof in Gensingen und sogar an Schulen sei für den Direkt-Shuttle getrommelt worden. "Wir werden jetzt noch einmal mit der Werbung anziehen", kündigt Link an.
Wenn die Buslinie erst gestrichen ist, können sich die Binger so bald keine große Hoffnung auf eine ÖPNV-Verbindung zum Hahn machen: Der Vorschlag vom Stopp des Mainz-Busses an der Abfahrt Bingen-Ost stößt beim Verkehrsunternehmen ORN auf wenig Gegenliebe. "Wir würden Einbußen beim unserer Mainz-Linie riskieren", hält Link dagegen. Nur wenige Minuten Anhalten ist nicht der Punkt, sondern die Psychologie: "Nur Non-Stopp lässt sich verkaufen, sonst nehmen die Kunden gleich das Auto."
(Allgemeine Zeitung vom 13.07.2006)