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Kampf gegen verseuchtes Trinkwasser

ENKIRCH. Das werden sich die Enkircher nicht gefallen lassen: Mit allen Mitteln wollen sie sich dagegen wehren, dass der Flughafen Frankfurt-Hahn belastetes Oberflächenwasser der Start- und Landebahn in den Ahringsbach einleitet und damit womöglich ihr Trinkwasser verseucht. Die Verbandsgemeinde hat jetzt Klage eingereicht.

Von unserem Redakteur WINFRIED SIMON

Als Verbandsbürgermeister Ulrich K. Weisgerber am Donnerstagabend seinen einstündigen Vortrag, der gespickt war mit umfangreichem Detailwissen und optisch aufgearbeitet mit Gesetzestexten, Stellungnahmen, Gutachter-Erläuterungen und Kartenausschnitten auf einer Projektionswand, beendet hatte, konnte man die Betroffenheit im Saal des Tersteegenhauses deutlich spüren.

"Wir Enkircher sind offenbar nichts mehr wert", sagte ein Bürger dem TV -Reporter. Und ein anderer machte unmissverständlich klar: "Keiner will das."

Dabei hatte Weisgerber, der den Flughafen grundsätzlich für die Region positiv bewertet, ganz bewusst sachlich informiert. "Ich will keine Emotionen schüren, sondern nur die Fakten darstellen."

160 Bürger trugen sich spontan in eine Unterschriftenliste ein und dokumentierten damit, dass sie hundertprozentig hinter ihrem Verbandsgemeindebürgermeister stehen.

Am Mittwochabend hatte der VG-Rat bereits einstimmig in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen, gegen den Planfeststellungsbeschluss zu klagen (der TV berichtete). Ferner will die VG per Eilantrag erreichen, dass alle Baumaßnahmen zur Verlängerung der Start- und Landebahn sofort gestoppt werden. Denn der Flughafen will in Kürze schon im Zuge der Baumaßnahme mehrere Quellbereiche des Waschbachs zuschütten. Der Waschbach mündet in den Ahringsbach, in dem sich ein Trinkwasserbrunnen der VG für die Gemeinde Enkirch befindet.

Aber das ist nur ein Aspekt. Wie bereits mehrfach im TV berichtet, will der Flughafen das mit Enteisungsmitteln kontaminierte Oberflächenwasser der Start- und Landebahn sowie großer Enteisungsflächen für die Flugzeuge und der zusätzlicher Rollfelder in den Waschbach einleiten.


Flughafen-Manager sehen keine Bedenken


Detailliert listete Weisgerber auf, was seit Vorlage des Raumordnungsverfahrens und später des Planfeststellungsverfahrens gelaufen ist. Dutzende Gespräche wurden mit den Flughafen-Verantwortlichen und den Wasserbehörden geführt, die Verbandsgemeinde nahm eigene Wasserproben und ließ sie analysieren, sie legte dem Flughafen alternative Lösungen mit Kostenermittlung vor, ließ Probebohrungen im Ahringstal vornehmen. Ergebnis: Der Flughafen bleibt allen Argumenten verschlossen, will die Bedenken der VG nicht ernst nehmen, war teilweise auch nicht bereit, Informationen zeitgerecht weiterzugeben.

Einige Beispiele: Der Flughafen verpflichtet sich laut Planfeststellungsbescheid, einen CSB-Wert von 50 Milligramm/Liter einzuhalten. (CSB bedeutet "chemischer Sauerstoffbedarf" und ist ein Indikator für die organische Gewässerbelastung.)

Die VG nahm daraufhin eine Probe Moselwasser. Das Ergebnis: Das nicht zum Trinken geeignete Wasser hatte einen CSB-Wert von 17 Milligramm/Liter. Weisgerber: "Dann können wir ja gleich Moselwasser in die Leitungen der Häuser pumpen."

Oder: Die Analysewerte des vom Flughafen beauftragten Gutachters unterschieden sich deutlich von denen, die ein chemisches Labor im Auftrag der Verbandsgemeinde ermittelte. Als später die VG darauf bestand, dass beide Labors eine gemeinsame Probe entnehmen sollten, musste auch das "Flughafen-freundliche Labor" zugeben: "Die Belastung ist nicht unerheblich." Vorher hatte es noch geheißen, es sei alles in Ordnung. Oder: Am 17. November stellte das vom Flughafen beauftragte Labor keine Schadstoffe im Bachwasser fest. Nur: An diesem Tag war es so warm, dass die Startbahn gar nicht enteist werden musste. Die Liste der Ungereimtheiten ließe sich fortsetzen.

VG-Chef Weisgerber: "Wir haben alles Erdenkliche getan, um unsere Bedenken deutlich zu machen." Die Klageschrift liegt nun beim Oberverwaltungsgericht Koblenz. Zuvor hatten bereits der BUND und der Naturschutzbund gegen den Planfeststellungsbeschluss geklagt (der TV berichtete).

Weisgerber sagte, dass die gerichtliche Auseinandersetzung unter Umständen für die Verbandsgemeinde teuer werden könnte. Im Fall einer Niederlage vor Gericht bleibt sie auf den Prozesskosten sitzen. Im Zweifelsfall müssten sogar die Wasser- beziehungsweise Abwassergebühren erhöht werden. "Aber", so Weisgerber, "was wäre die Alternative? Nichts zu tun und hinzunehmen, dass unser Trinkwasser belastet wird?"

(Trierischer Volksfreund vom 29.01.2005)