Seriöse Berichterstattung oder Propaganda??
In der Hahn-Hunsrück-Zeitung vom 04.07.2005 war noch folgende Aussage zum Tourismus zu finden:
" -spätestens seit der Hahn zum Nest für Billigflieger geworden ist und jährlich mehrere Millionen Touristen und Geschäftsleute anlockt"
(Autor u.a. Peter Kuntz  )

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Überraschende Tourismus-Fakten

Den Kreistagsmitgliedern wurden Ergebnisse des umfangreichen Dart-Projekts für ein ganzheitliches Konzept vorgestellt.

In einem Schnellkurs wurden die Mitglieder des Kreistages in ihrer jüngsten Sitzung zu Tourismusexperten ausgebildet. Das DART-Projekt für ein Tourismuskonzept wurde vorgestellt mit einigen verblüffenden Ergebnissen.

RHEIN-HUNSRÜCK. Für gut eineinhalb Stunden wurde der Sitzungssaal der Kreisverwaltung in Simmern in einen Hörsaal umfunktioniert. Auf dem Plan standen "Vorlesungen" zum Thema Tourismus. Oder wie es auf der Tagesordnung der Kreistagssitzung im Behördendeutsch hieß: "Vorstellung des DART-Interreg-Projektes: Integriertes Tourismuskonzept. "Der Titel klingt theoretisch, der Inhalt, der sich dahinter verbirgt, liefert jedoch ungemein wichtige Erkenntnisse für die touristische Praxis im Hunsrück und im Rheintal.

Im Grunde geht es bei dem EU-Förderprogramm DART aus Rhein-Hunsrücker Sicht um die Frage, wie man im Kreis größeren touristischen Profit aus dem Flughafen Hahn schlagen kann. Die "Wertschöpfung" ist bisher sehr bescheiden, wie der Vortrag zeigte. Für das DART-Projekt hat eine Gruppe der TU Kaiserslautern eine Studie für ein ganzheitliches Tourismuskonzept erstellt. Dabei kommt der internationalen Zusammenarbeit mit den DART-Partnern in Schottland und Irland große Bedeutung zu. Die Kreistagsmitglieder in Simmern waren natürlich vorrangig an Ergebnissen für Rhein-Hunsrück interessiert. Und da hatten sowohl die für die Studie federführende Professorin Gabi Troeger-Weiß als auch Achim Schloemer, Geschäftsführer der Rheinland-Pfalz-Touristik (RPT), Interessantes mitzuteilen.

Ein bemerkenswertes Ergebnis der Studie, die den Zeitraum 1993 bis 2003 untersuchte: Auf dem Flughafen Hahn starteten und landeten beispielsweise im letzten Jahr bereits 2,8 Millionen Passagiere. In den Betten Rhein-Hunsrücker Hotels, Pensionen und Gaststätten landete davon aber nur ein ganz kleiner Bruchteil. Nur ein Prozent der Gästeankünfte in Rheinland-Pfalz wird über den Flughafen Hahn generiert, Bei vergleichbaren Flughäfen in anderen Regionen sei diese Zahl um 18 Prozent höher, berichtete RPT-Geschäftsführer Achim Schloemer.

Verblüffend ist auch die hohe Dispkrepanz zwischen so genannten Outgoing- und Incoming-Reisenden. Aus dem Fraport-Monitor Hahn, einer Befragung von Fluggästen, ergab sich für 2004 und die erste Hälfte von 2005, dass 82 Prozent der Passagiere so genannte Outgoing-Reisende waren, sich also auf dem Hinflug befanden, Nur 18 Prozent waren für den Tourismus interessante Incoming-Reisende, die zuvor eine gewisse Zeit in Deutschland verbracht hatten.

Von diesen wenigen Incoming-Reisenden hatten nur 50 Prozent in Hotels oder Pensionen übernachtet. 48 Prozent kamen bei Freunden, Verwandten oder Bekannten unter, Schlechte Karten also für Gastronomen und Hoteliers in der Region.
Passend dazu: Von den Privatreisenden gaben 71 Prozent an, bei ihrem Deutschlandaufenthalt nichts für Übernachtungen ausgegeben zu haben, Bei den Geschäftsreisenden liegt dieser Anteil bei 26 Prozent. Die "Touristen", die nicht zum Nulltarif unterkamen, gaben bei ihrem Aufenthalt für Ubernachtungen durchschnittlich etwa 262 Euro aus.

Der Hunsrück - auch das ergab die Befragung - ist für viele Flugreisende immer noch ein weißer Flecken auf der Landkarte.Das Welterbe Mittelrheintal genießt einen etwas höheren Bekanntheitsgrad. "Unsere Reiseziele sind noch nicht bekannt. Es ist daher schwierig, Reisende in die Region zu bringen", sagte Achim Schloemer.

Aus den vielen Daten und Fakten ergab sich für die Kreistagsmitglieder der Schluss: Es gibt für den Tourismus noch viel zu tun, aber wie fangen wir's an? Auch hier wussten die Experten Rat. Als ein vordringliches Ziel sieht es Schloemer, die Region in den Quelhnärkten bekannter zu machen.

Die Experten erwarten im Aktiv- (Mountainbiken, Nordic Walking) und Kulturtourismus (Welterbetal), beim Thema Wein und kulinarische Spezialitäten, Gruppenreisen und Geschäftstourismus gute Entwicklungsmöglichkeiten für den regionalen Tourismus. Um die Zielgruppen zu erreichen, müssten Marketingaktivitäten in größerem Unif ang nachgeschoben werden.

"Die Tür ist geöffnet, jetzt muss man hineingehen", umschrieb Schloemer den derzeitigen Stand des Marketings. Viele Kontakte seien geknüpft und Vorarbeiten erledigt, Auf insgesamt 600 000 Euro jährlich schätzt der RPT-Geschäftsführer die erforderlichen Werbemittel. Nach seinem Finanzierungsmodell würden 300 000 Euro auf Basismaßnahmen durch die RPT, 250 000 auf die Landkreise unter Mithilfe von DART und 50 000 Euro auf "Leistungsträger" wie zum Beispiel Hoteliers entfallen.

Der Kreistag Rhein-Hunsrück steht nun vor der Auf gabe, die Ergebnisse auszuwerten, um dann die richtige Strategie zu entwickeln, mit der die Tourismuswirtschaft der Region auf den Zug Hahn aufspringen kann. Dieses Thema wird Rat und Verwaltung noch lange und intensiv beschäftigen.

Peter Kuntz

(Hunsrücker Zeitung vom 13.07.2005)