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Gewerkschaft: Es fehlt an erfahrenen Techníkern
Kritik an der Flugsicherheit von Aeroflot

Die russische Gewerkschaft für Flugzeugtechniker hat gravierende Sicherheitsmängel bei der Fluglinie Aeroflot angeprangert.

HB MOSKAU. Vor allem auf Inlandsflügen gebe es dramatische Missstände bei der Wartung von Maschinen, sagte Viktor Kleschtschenkow, Mitglied des Rates der Gewerkschaft von Aeroflot-Technikern, am Donnerstag in Moskau. Auch auf einigen internationalen Flügen habe es gefährliche Mängel gegeben. Die mehrheitlich vom Staat kontrollierte Fluggesellschaft wies die Vorwürfe als unbegründet zurück.

In einer Maschine, die am 25. April dieses Jahres von Moskau nach Oslo fliegen sollte, seien alle drei Treibstoff-Filter der Triebwerke verstopft gewesen. Wäre dies nicht unmittelbar vor dem Start noch bemerkt worden, hätte es zu einer Katastrophe kommen können, betonte Kleschtschenkow. Auf Inlandsflügen sei die Lage deutlich schlechter, weil die knappen Wartungskapazitäten auf die internationalen Flüge konzentriert würden.

Die Aeroflot-Leitung ließ mitteilen, dass der Grad der Flugsicherheit im Unternehmen "in den letzten Jahren bei 99,99 Prozent" liege. Aeroflot-Generaldirektor Waleri Okulow hat der Belegschaft jegliche Kontakte mit der Gewerkschaft untersagt.

Aeroflot unterhält im internationalen Flugverkehr nach eigenen Angaben die jüngste und modernste Flotte innerhalb Europas. Im Vorjahr flogen nach Unternehmensangaben knapp 310 000 Menschen von Deutschland aus mit Aeroflot. Der Marktanteil von Aeroflot betrug im Jahr 2004 elf Prozent im Inlandsflugverkehr und 39 Prozent im internationalen Flugverkehr mit Start oder Ziel in Russland.

Die Schadensquote in Aeroflot-Flugzeugen sei selbst für russische Verhältnisse überdurchschnittlich hoch, bemängelte die Gewerkschaft. "49 Prozent der 2004 in russischen Flugzeugen nachgewiesenen 7046 Defekte entfielen auf Aeroflot-Maschinen", sagte Kleschtschenkow, der seit über 30 Jahren als Ingenieur bei der Fluglinie arbeitet.

Wegen der niedrigen Löhne hätten allein im Vorjahr knapp 100 Techniker gekündigt. "In den Autowerkstätten verdienen sie drei Mal mehr", betonte der Gewerkschafter. Es mangele an erfahrenen Ingenieuren, die neue Kräfte schulen. Die Gewerkschaft vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von 1300 Aeroflot-Mitarbeitern.

(Handelsblatt vom 09.06.2005)