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Fraport verweigert Daten zum Fluglärm

Frankfurter Magistrat fordert die Übermittlung von exakten Messwerten an das städtische Umweltamt

Zwischen Stadt und Flughafenbetreiberin Fraport droht ein handfester Krach. Grund ist die Weigerung der Fraport, dem Umweltamt Einzelergebnisse der Fluglärmmessungen im Stadtteil Oberrad mitzuteilen. Der Magistrat hat Fraport schriftlich aufgefordert, die Daten bereitzustellen.

VON WOLFGANG SCHUBERT

Frankfurt · 10. Februar · Es war eine schwere Geburt, bis die Messstelle nahe dem Oberräder Friedhof im Südosten Frankfurts im Februar 2003 endlich in Betrieb ging. Erst wollte die Fraport nicht, dann gab es Schwierigkeiten mit dem Standort, und schließlich bereitete die Übertragung der Daten Probleme. Als die Anlage schließlich lief, waren die Oberräder Bürger - und vor allem die dort ansässigen Flughafen-Ausbaugegner - immer noch nicht zufrieden.

Denn der Flughafen als Betreiber der Station stellte dem städtischen Umweltamt nur eine monatliche Auswertung über den so genannten äquivalenten Dauerschallpegel und die Häufigkeitsverteilung der Maximalpegel nach Monaten und Pegelklassen zur Verfügung. Das war den Anwohnern zu wenig. Sie wollten keine Durchschnittswerte, sondern möglichst aktuell erfahren, mit welchem Lärm zu welcher Stunde ihr Stadtteil täglich überflogen wird. "Wir wollten nachprüfen, ob die von der Mediation empfohlenen Fluglärmwerte auch nachts eingehalten werden", sagt Volker Hartmann von der Bürgerinitiative WOFA (Bürger für Wohnen ohne Fluglärm und Absturzbedrohung). Danach sollte bei den Starts die Lärmgrenze von 68 dB(A) über Oberrad nicht mehr als sechsmal pro Nacht überschritten werden.

Das Umweltamt hatte den Oberrädern in Aussicht gestellt, die Angaben zu liefern und war davon ausgegangen, die entsprechenden Daten online von Fraport zu erhalten. Doch der Flughafenbetreiber sagte Nein und ist bis heute dabei geblieben.


Bedenken, Daten weiterzugeben

"Lange Zeit hatten wir den Eindruck, dass sich das Umweltamt mit der Situation abfindet", sagt der Oberräder Bürger Hartmann. Auf Initiative der Fraktion der Flughafen-Ausbau-Gegner im Römer und der SPD-Fraktion beschloss der Magistrat schließlich im Dezember einen erneuten Anlauf. Im Januar reichte Umweltdezernentin Jutta Ebeling die Aufforderung schriftlich nach.

An der Situation wird sich vermutlich wenig ändern. "Unsere Juristen haben Bedenken, die Einzeldaten an das Umweltamt weiterzugeben", erklärt Fraport-Umweltmanager Mathias Brendle im Gespräch mit der FR. "Wir sind der Auffassung, dass das Umweltamt nicht gewährleisten kann, dass die Daten nicht an Dritte weitergegeben werden." Die Fraport befürchtet, Bürger könnten sich unter Berufung auf das Umweltinformationsgesetz beim Umweltamt Zugang zu den Aufzeichnungen erzwingen.

Und diese Bürger, so die Fraport, könnten mit den Daten nicht sachgerecht umgehen. "Das setzt Fachkenntnis voraus", beteuert Brendle. Die sei "unbestritten beim Umweltamt vorhanden", aber nicht bei Dritten. Die könnten die Lärmwerte falsch interpretieren oder gar missbrauchen.

"Wir haben schlechte Erfahrungen gemacht", sagt Brendle und führt ein Beispiel an. So sei in Raunheim (Kreis Groß-Gerau) an Hand von Einzeldaten ein "dramatischer Anstieg der Flugbewegungen und des Fluglärms in der Nacht" beklagt worden, obwohl die Zunahme der Starts und Landungen tatsächlich zwischen 6 und 8 Uhr "und damit tagsüber war". Bei der Interpretation der Daten sei übersehen worden, dass die Messungen nach Weltzeit (UTC) erfolgen. Die hinkt unserer Sommerzeit zwei Stunden hinterher. Auf dem Messprotokoll war die Zeit von 4 bis 6 Uhr angegeben. Tatsächlich aber war dies für Raunheim der Zeitraum von 6 bis 8 Uhr.

Was Bürgerinitiativen als Aufklärung verstehen würden, fürchtet Fraport als Polemik. "Ich sehe schon Darstellungen wie die schlimmsten drei Wochenenden", sieht der Fraport-Manager voraus: "Da werden dann Einzelaspekte losgelöst vom Zusammenhang rausgegriffen." Für die Lärmmedizin, gibt Brendle zu bedenken, seien vor allem Langzeitaufzeichnungen von Bedeutung. Für die Zurückhaltung der Fraport nennt er noch einen weiteren Grund: "Bei 1300 Flugbewegungen pro Tag und 26 festen Messstellen hätten wir ein riesiges Problem, die ganze Datenflut zu handhaben. Wenn wird die Daten von Oberrad liefern, wollen die anderen Kommunen diese Daten auch."

Umweltdezernentin Jutta Ebeling (Grüne) hat für den Magistrat der Stadt noch einmal an die Einsicht des Unternehmens appelliert und mögliche Konsequenzen angesprochen: "Durch diese Verweigerungshaltung wird sowohl bei den Politikern als auch bei den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck verstärkt, dass Informationen gezielt unter Verschluss gehalten werden, um das tatsächliche Ausmaß der Fluglärmbelastung zu verheimlichen."

(Frankfurter Rundschau vom 12.02.2005)