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Billigflieger - Chance für Region?

Bernd Blumenthal zu Billigfliegern im Regionalen

Billigflieger - Segen oder Fluch? Was sind Billigflieger? Es sind Fluggesellschaften, die mit der Bewerbung von im Ausnahmefall bzw. eingeschränktem Umfang erhältlichen unvollständigen Oneway-Preisen den falschen Eindruck vermitteln, für einen Taxipreis oder weniger innerdeutsche/innereuropäische Städte zu verbinden.

Tatsächlich benötigen alle bei hoher Auslastung im Durchschnitt netto - ohne Steuern und Gebühren - mindestens 60 bis 70 Euro je Strecke, um ihre Kosten zu decken bzw. Gewinne zu erzielen. Konsequente Kostensteinsparungen, hoher Nutzungsgrad großer Flugzeuge, kein kostenfreier Service und teilweiser Verzicht auf angemessene Bezahlung oder auch Nichtinanspruchnahme von Flughafenleistungen, ermöglichen dabei niedrige Preise.

Für Flughäfen können Billigflieger eine neue Klientel von Passagieren besorgen. Es ist eine Klientel, die weniger oder anders bzw. billiger konsumiert. Für ihre Regionen sind Billigflieger eine gewisse Chance, das Incomingvolumen zu erhöhen. Warum die ganze Aufregung? Billigflieger schaffen große Mengen neuer Passagiere. Es ist besonders ein Geschäft für Flughäfen mit großen Einzugsgebieten mit großen Flugzeugen und absehbar nur großen Fluggesellschaften. In der Attraktivität günstiger Flugpreise und der Mobilität dieses neuen Passagiertyps sehen einige Randflughäfen von Ballungsgebieten ihre große Chance, über den Preis ins Geschäft mit Billigfliegern zu kommen.

Unabhängig von der Frage, ob der Flughafen Rostock-Laage angesichts eines immer dichter werdenden Netzes an Billigflugangeboten um die Ballungsgebiete überhaupt nah genug dran ist, muss das Nachfrageprofil des Flughafens bei der Wahl seiner Strategie eine wichtige Rolle spielen. So ist der Flughafen Rostock-Laage heute zwischen Hamburg und Berlin der einzig noch verbliebene Flughafen. Über die Winterangebote von AIR Berlin bieten wir bereits heute im Einzelplatzverkauf günstigste Flüge zu 22 europäischen Zielen an, mit dem bekannt guten Preis-LeistungsVerhältnis der Airline. Natürlich bemühen wir uns auch, das Angebot um attraktive und preisgünstige Städteverbindungen weiter zu verbessern. Hier tun wir uns deutlich schwerer als dicht besiedelte Regionen mit mehr Kaufkraft. Warum sollten wir jedoch einem Newcomer wie Ryanair, der nichts zu unserer Entwicklung beigetragen hat, für wenige Strecken nicht kostendeckende Vorzugskonditionen bieten, die wir zudem unseren langjährigen renommierten Partnern nicht gewähren? Schon das EU-Recht, wenn nicht der Wettbewerb, dürfte uns zwingen, die bisherigen Partner in diesem Fall gleich zu behandeln. Ein Einbruch unserer Ergebnisse wäre die Folge. Wir würden absehbar mehr für neue Passagiersegmente und die Passagiere anderer Ziele und Quellgebiete tun, als für unsere heutigen Passagiere. So haben wenige der heutigen "Ryanair-Flughäfen" überhaupt noch anderes Geschäft, die Idealsituation einer Abhängigkeit zugunsten Ryanair. Wenn sich auch Flughäfen in unserer unmittelbaren Nähe, aus Mangel an Beschäftigung, stark um Ryanair bemühen und sich mit Konditionen von zehn Prozent und weniger der bisher üblichen Entgelte geradezu prostituieren, so ist dieses Dumping weder ungesetzlich noch kostendeckend.

Anderseits liegen mittlerweile Erfahrungen vor, dass Versuche dieser Flughäfen, zumindest nachträglich moderat Preise anzuheben, mit dem sofortigen Fortgang der Airline verbunden waren. Die Loyalität ist in diesem Sonderfall des Billigfliegers an Dumping gebunden!

Öffentliche Gesellschafter, Regionen und Rechnungshöfe sollten sich frühzeitig bewusst sein, ob das Ziel bei Passagiermengen und Kaufkraftabschöpfung für die Region oder bei Kostendeckung und Wertschöpfung des Flughafens zu sehen ist. Beides wird es bei Ryanair - wie verlustreiche Pilotbeispiele in Deutschland klar zeigen - nicht gegeben.

Die Ankündigung der Stadt Lübeck, sich von bis zu 90 Prozent ihres Anteils am Flughafen zu trennen, weist auf das Problem. Sofern jedoch den Flughäfen auch nur annähernd angemessene Preise für ihre Leistungen gezahlt werden, gibt es bei Billigfliegern nur Gewinner! Günstige Flugangebote für den Passagier, neue Passagiere für die Flughäfen und neue Besucher für die Region.

Bernd Blumenthal, Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Rostock-Laage

(Schweringer Volkszeitung vom 09.04.2003)

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