Berlin Jet - Die Hunsrücker Hauptstadtlinie
Nur ein kurzer Traum!

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BERLINER BILLIGFLIEGER STELLT BETRIEB IN SCHÖNEFELD EIN / GENERVTE FLUGGÄSTE WARTEN UMSONST AM FLUGSTEIG / ZWANGSPAUSE IN PARIS

Berlinjet legt erneut eine Bauchlandung hin

GERALD DIETZ

BERLIN Schon die Werbung auf der Internet-Seite der jüngsten Berliner Billig-Fluggesellschaft Berlinjet bringt es auf den Punkt, was viele ihrer verärgerten Fluggäste in den vergangenen Tagen gedacht haben. "Wahnsinn", heißt es dort über die Flugpreise. Für die Passagiere bedeutete der Wahnsinn eher etwas anderes: Manchmal kam überhaupt kein Flugzeug, manchmal startete es viel zu spät, hob gar nicht ab oder düste nicht zum gebuchten Flughafen. Inzwischen fliegt die Maschine überhaupt nicht mehr. Berlinjet stellte gestern den Betrieb ohne Nennung von Gründen ein. Das ist der vorläufige Schlusspunkt hinter einer in der jüngeren Luftfahrt einzigartigen Geschichte von angekündigten und wieder abgesagten Starts eines neu antretenden Billig-Fliegers.

Um 14:29 Uhr landete gestern der von der isländischen Fluggesellschaft MD Airlines geleaste einzige Berlinjet zum letzten Mal auf seinem Heimat-Flughafen Schönefeld (Dahme-Spreewald). Doch schon zuvor herrschte im Flugplan des von den jungen Geschäftsführern Oliver Heinz und Torsten Mache geleiteten Reiseveranstalters das nackte Chaos. Dienstag und Mittwoch saßen 45 Passagiere der am 10. Februar gestarteten Gesellschaft im Flughafen Paris-Beauvais (Frankreich) fest. Die dortige Leitung hatte Berlinjet Start- und Landeerlaubnis entzogen. Der Grund: Paris-Beauvais wartete nach eigenen Angaben seit Wochen auf die Nutzungsgebühren in Höhe von 16 000 Euro. Der versprochene Bustransfer zum Ausweichflughafen Châlons-Vatry 100 Kilometer östlich von Paris kam lange nicht zu Stande. Manche Fluggäste sollen bereits entnervt den Zug genommen haben.

In Berlin mussten die für Paris-Beauvais gebuchten Passagiere dagegen am Mittwoch überrascht zur Kenntnis nehmen, dass ihr neues Ziel Châlons-Vatry hieß. Mit drei Stunden Verspätung ging es schließlich los. Da die einzige Maschine der Airline deshalb auch nicht rechtzeitig nach Schönefeld zurückkehren konnte, wurde der geplante Flug nach Mailand kurzerhand gestrichen.

"Ein Teil des Geldes wurde jetzt bezahlt", meldete dann plötzlich gestern Morgen der Direktor von Paris-Beauvais, Guy Monnehay. Der Flugbetrieb für Berlinjet sei wieder aufgenommen worden. Der vermeintliche Normalfall für eine Airline - nämlich zu fliegen - war jedoch nur von kurzer Dauer. Die gestern Nachmittag aus Paris gelandete Berlinjet-Maschine Typ McDonnell Douglas MD-83 mit 167 Plätzen sollte um 15 Uhr wieder nach Mailand starten. Die 32 gebuchten Passagiere waren schon an Bord - und mussten wieder raus.

Genervt ist auch die Flughafen-Leitung in Schönefeld. Pausenlos gehen dort Anfragen der Berlinjet-Gäste ein. Gestern Nachmittag klingelten auch die Chefs der Fluggesellschaft, Heinz und Mache, kurz durch. "Der Flugbetrieb wird eingestellt", habe die Nachricht der beiden geheißen, sagte der Sprecher der Berliner Flughafen-Holding, Eberhard Elie. Für Nachfragen waren Heinz und Mache gestern nicht zu erreichen.

Bereits im Oktober 2002 wollte das in Neu-Isenburg (Hessen) ansässige Unternehmen in Berlin loslegen - mit einem Jungfernflug zwischen Frankfurt/Main und Berlin-Tempelhof. Doch die sechs zahlenden Passagiere und zehn Journalisten warteten vergeblich. Während Berlinjet damals Probleme mit der Gesellschaft des geleasten Jets meldete, hatte der damalige Partner, die Ibertrans, nach eigenen Angaben im französischen Metz vergeblich mit einer Maschine auf ein Signal der Hessen gewartet. Der wirkliche Grund für den Flop ist aber offenbar damals wie heute die schleppende Nachfrage. Auf der Route, die Berlinjet zuvor von Frankfurt nach Brüssel betrieben hatte, waren nach damaliger Auskunft der Frankfurter Flughafen-Gesellschaft meist nur "vier oder fünf Passagiere"am Flugsteig.

(Märkische Allgemeine Zeitung vom 21.02.2003)

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