Der Kaufpreis wird nie gezahlt werden

Zurück zur Übersicht

drucken

Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn und Grüne gestern nachmittag:
"Der Kaufpreis wird nie gezahlt werden"
Kaufvertrag Flughafen Hahn präsentiert und interpretiert: "Minister Brüderle hat den Hunsrück ausgeliefert"

FLUGHAFEN HAHN. GLA. Zu einer Stunde der Abrechnung mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle machte gestern die Bürgerinitiative (BI) gegen den Nachtflughafen Hahn ihren "Knaller": Sie präsentierte den Kaufvertrag für den Flughafen.

Die Veröffentlichung inhaltlicher Details aus dem Kaufvertrag hatte das Wirtschaftsministerium bisher strikt abgelehnt. Ab kommender Woche soll, so die Bl, "jeder, den es interessiert und politisch angeht", nachlesen können, was im Vertrag steht: Sofort nach Eintritt der Rechtskraft hat die Holding Unternehmen Hahn dem Bund vom Kaufpreis von 29,39 Millionen plus Besserungsschein von 8,3 Millionen Mark eine erste Rate von 16,6 Millionen zu zahlen. Der Besserungsschein als letzte Rate wird Ende 2007 fällig, sofern die Nachtfluggenehmigung Bestand hat und über mehrere Jahre mindestens 24 000 Flugbewegungen von Maschinen mit einem Startgewicht von mehr als 20 Tonnen erreicht werden.

Zur Sanierung von Altlasten zahlt der Bund 90 Prozent der Kosten bis maximal zur Höhe des Kaufpreises, wobei davon ausgegangen wurde, daß 4,5 Millionen Mark nicht überschritten werden. Vereinbart wurde, daß Kosten ab drei Millionen mit Ratenzahlungen für den Kaufpreis verrechnet werden.

Der Kaufvertrag ist erst rechtskräftig, wenn Bundestag und Bundesrat zugestimmt haben. Der Haushaltsausschuß des Bundestages wird sich in den kommenden Wochen mit dem Thema befassen; die erste Rate des Kaufpreises ist folglich noch nicht geflossen. In der Zwischenzeit zahlt die Holding dem Bund Zinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweiligen Zinssatz der Deutschen Bundesbank auf die Summe von 16,6 Millionen Mark.

"Trotz schönster Formulierungen im Vertrag wird der von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle stolz verkündete Kaufpreis nie gezahlt werden," erklärte gestern die Bürgerinitiative, vertreten durch ihren Vorsitzenden Manfred Schumacher, Simmern, ihren Sprecher Klaus Reitz, Lötzbeuren und Vorstandsmitglied Annette HoffmannWild aus Kleinich. Unterstützt wird vom Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen, gestern vertreten durch Sigrid Braun-Pfaff.

Gezahlt würden nämlich lediglich 16,6 Millionen Mark, die leicht aufzubringen seien, da das Land bereits 18 Millionen Mark Abschlag auf den Umbau der Landespolizeischule gezahlt habe. Die weiteren Raten, so vermutet die Initiative, "dürften zudem in voller Höhe des vermeintlichen Kaufpreises mit den Kosten der Altlastensanierung auf dem Hahn verrechnet werden. Für wie dumm halten Brüderle und der Bund eigentlich Wayss & Freytag, wenn diese nicht mindestens Sanierungskosten in Höhe des Kaufpreises abrechnen?" fragte sie.

Damit sei einem "risikoscheuen, skandalumwitterten Frankfurter Multi" ohne Not ein Flughafen zum Nulltarif zugeschanzt worden. Jetzt müsse das Land dafür Miete, zahlen: mindestens 70 Millionen, wie aus vertraulichen Papieren der Landesregierung hervorgehe. Gleichzeitig kaufe es den kleineren und schlechter erschlossenen Flughafen Zweibrücken für 40 Millionen Mark. Jetzt sei der Hunsrück "auf Gedeih und Verderb dem Bauriesen ausgeliefert. Die verantwortungsbewußten Hunsrücker Unternehmer bleiben vor der Tür oder müssen sich dem Diktat des neuen Herrn unterwerfen," erklärte die Bl.

(Hunsrücker Zeitung vom 02.09.1995)

Zurück zur Übersicht