Zahlen, Daten, Fakten (ZDF) Im Jahresdurchschnitt 84 Prozent Auslastung bei Ryanairflügen ab dem Flugplatz Hahn! Kann das sein?

Fluggaststatistik Flugplatz Hahn 2004, Stand: 31.12.2004

Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) veröffentlicht monatlich die ADV-Monatsstatistik, in der von 19 deutschen Verkehrsflughäfen u.a. die monatliche Anzahl der Fluggäste aufgelistet ist.
In der nachfolgenden Tabelle sind die Werte für den Flugplatz Hahn wiedergegeben. Die Analyse basiert auf den Passgierzahlen des Feldes "Europa An+Ab".

(Tabelle 1)

Anzahl der Flugverbindungen

Die nachfolgende Zusammenstellung der täglichen Flugverbindungen ist nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Sie erhebt nicht den Anspruch auf absolute Vollständigkeit und Richtigkeit. Uns ist bekannt, dass immer mal wieder einzelne Flüge ausfallen, Volareweb nur fünfmal in der Woche fliegt oder auch mit kleinerem Fluggerät geflogen wird.
Aus diesem Grund müßten wir vielleicht die Anzahl der täglichen Flugverbindungen leicht nach unten korrigieren.

Allerdings sind im Feld "Europa An+Ab" auch Passagiere

• der Flüge nach Advidsjaur in Schweden,
• der zeitweise zweiten täglichen Flugverbindung von Volareweb,
• der Flüge von Air-Polonia, 2 x wöchentlich ab Mai bis Oktober,
• von Charterflügen, Messeflügen sowie von aus Witterungs- oder sonstigen Gründen nach Hahn umgeleiteten Flügen

enthalten.

Da die genaue Anzahl der auf diese Flüge entfallenen Passagiere nicht bekannt ist, haben wir auf die Herausrechnung verzichtet.
Dies schafft einen mehr als angemessenen Ausgleich zu der nicht erfolgten Reduzierung der täglichen Flugverbindungen.

(Tabelle 2)
Die Verteilung innerhalb der Monate auf auf die einzelnen Flugziele stimmt wahrscheinlich nicht exakt.
Es kommt für diese Betrachtung aber auch nicht darauf an, ob eine Maschine nach Rom oder nach Gerona geflogen ist.
Ausschlaggebend ist lediglich die Anzahl der Gesamtflugverbindungen.

Eingesetzte Flugzeuge

Die Fluggesellschaft Ryanair setzt Flugzeuge des Typs Boeing B 737-800 mit 189 Sitzplätze ein. In seltenen Ausnahmefällen kommen Flugzeuge des Typ Boeing B 737-200 mit einer geringeren Sitzplatzanzahl von ca. 140 zum Einsatz. Die italienische Volareweb und die polnische Air-Polinia setzten Flugzeuge des Typ Airbus A 320 mit ca. 180 Sitzplätze ein.

Aus den so gewonnenen Daten läßt sich im nächsten Schritt die wahrscheinliche Auslastungsquote der Ryanairmaschinen am Flugplatz Hahn ermitteln.

(Tabelle 3)

Die so ermittelten Auslastungsquoten werden durch die Daten der UK-Airport-Statistic untermauert.

Angesichts unseren Auswertungen der offiziellen Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen und der britischen Airport-Statistic der CAA ist es für uns nicht nachvollziehbar, wie Ryanair mit gutem Gewissen zu der nachfolgende Aussage zur Auslastung ihrer Maschinen bei Flügen von und zum Flugplatz Hahn kommt:

und

Lustig finden wir folgende Aussage des Flughafens zur Auslastung:

Die Zahl der Flugbewegungen veränderte sich nur unwesentlich um ein Prozent von 31 058 in 2003 auf 31 484 in 2004. "Dies ist ein Indikator für die hohe Auslastung und Effizienz der Flüge"
Pressesprecherin der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH Maria Horbert

Die konkreten Zahlen zeigen ein völlig anderes Ergebnis als dass, was regelmäßig vom Flugplatz Hahn oder von Ryanair als Erfolge und Auslastungsquoten der staunenden Öffentlichkeit präsentiert wird.
85 Prozent Auslastung hört sich halt eben besser an als knapp 74 Prozent!

Vielleicht ist aber auch ein Mitglied des Bürgervereins für mehr Fluglärm im Hunsrück und an der Mosel mit der Berechnung betraut.
Die kennen sich ja bekanntermassen mit statistischen Berechnungen bestens aus, bei denen im öffentlichen Interesse, aus Staatsräson oder entprechend dem Wunsch der Auftraggeber das Ergebnis mindestens über 80 Prozent liegen muss.

Die Folgen der niedrigen Auslastung von Ryanair

Die dünneren Margen sind die Folge der am Flugplatz Hahn permanent laufenden Sonderaktionen, insbesondere der Umsatzträger "Zum Nulltarif", 0,99 € oder 1,99 €.
Solche Flüge werden inzwischen regelmäßig im Hunderttausenderpack auf den hartumkämpften Markt geschmissen.
Dass diese Schnäppchenpreise inzwischen in den Sommermonaten und oft sogar noch kurzfristig buchbar sind, ist bezeichnend.

Der ominöse "Marketing Support"

Es stellt sich zwangsläufig die Frage, warum Ryanair den Flugplatz Hahn trotz nachgewiesener niedrigerer Auslastung als im Konzerndurchschnitt weiterhin anfliegt.
Vielleicht liegt es daran:

Im Geschäftsbericht der Flugplatz Frankfurt-Hahn GmbH für das Jahr 2002 heißt es:
"Die Sonstigen betrieblichen Aufwendungen beinhalten insbesondere Kosten für "Marketing Support" Ryanair Ltd."
Im Geschäftsbericht 2003 heißt es hierzu: "Die betrieblichen Aufwendungen beinhalten insbesondere Kosten für Marketing Support".
Nachfolgend die Entwicklung der "Sonstigen Betrieblichen Aufwendungen" der Flugplatz Frankfurt-Hahn GmbH

Im April 1999 hat Ryanair den Flugbetrieb am Flugplatz Hahn aufgenommen. Zunächst mit einer täglichen Verbindung nach London-Stansted. Der Flugbetrieb wurde nach und nach um zwei weitere tägliche Flüge nach London-Stansted und tägliche Flüge nach Glasgow-Prestwick und Shannon erweitert. Am 22. November 2001 schloß Ryanair mit der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH einen Vertrag über den Aufbau ihrer ersten deutschen Basis. Diese Pläne wurde am 14. Februar 2002 realisiert.

Beim Flugplatz Hahn hat die massive Steigerung der Passagierzahlen durch Ryanair zu einer drastischen Erhöhung der Betriebsverluste geführt.

Dem Dilemma der steigenden Passagierzahlen bei sinkender Auslastung und sinkendem Durchschnittserlös bei Ryanair und den permanent hohen Betriebsverlusten bei der Flugplatz Frankfurt-Hahn GmbH will man anscheinend durch Aufnahme von immer neuen Flugverbindungen (bei Gewährung von gleichzzeitigem Marketing-Support durch die Flugplatz Frankfurt-Hahn GmbH und den Zielflughäfen wie bspw. in Santander 1,2 Mio und Gerona 6,2 Mio) entgegnen.

Expansion durch Reduzierung von Flugverbindungen?

Angesichts der ausgewiesenen niedrigen Auslastung in den Wintermonaten wundert es nicht, dass im Gegenzug zu der pressewirksam angekündigten Expanision ab dem 31.10.2004 mit den neuen Flugzielen Riga in Lettland und Santander in Nordspanien, folgende Routen, die bis zum 30.10.2004 täglich angeflogen werden, still und heimlich über die Einschränkung der Buchungsmöglichkeit reduziert werden:

Außerdem wird das Flugziel Pisa auf eine tägliche Verbindung reduziert.

Auch die Flugverbindung nach London-Stansted ist von einer weiteren Reduzierung betroffen. Von den mit Pauken und Trompeten verkündeteten sechs täglichen Flugpaaren sind zur Zeit nur noch vier übrig geblieben. Selbst diese werden ab dem 31.10.2004 weiter reduziert. Dem Winterflugplan ist zu entnehmen, dass diese Verbindung samstags mit niedrigerer Frequenz geflogen wird.
Hinzu kommt, dass die italenische Fluggesellschaft Volareweb ihre Flüge ab dem Flugplatz Hahn eingestellt hat. Zwar wurde angekündigt, dass die polnische Fluggesellschaft Air-Polonia ab dem 01.11.2004 sechsmal wöchentlich vom Flugplatz Hahn nach Warschau fliegt, allerdings wurde diese Flüge wegen Zahlungsunfähigkeit ab Dezember 2004 auch schon wieder eingestellt.
D.h., unter dem Strich wird die Anzahl der täglichen Flugverbindungen ab dem 31.10.2004 reduziert.

Daher ist es um so verwunderlicher, dass der Fraport-Finanzvorstand, Herr Stefan Schulte während einer Analystenkonferenz noch mitteilte, dass Ursache des niedrigeren Wachstums des Flugplatz Hahn die Entscheidung von Ryanair sei, erst im 3. Quartal zusätzliche Strecken von Hahn aus anzubieten.

Noch ungelaubwürdiger sind die Ankündigungen in der Hunsrücker Zeitung (09.11.04) und dem Trierischen Volksfreund (29.10.04).
Beide melden, dass ab dem Winterflugplan die Anzahl der täglichen Flugverbindungen ab dem Flugplatz auf im Schnitt durchschnittlich etwa 60 Flüge, also 5 mehr als im Sommerflugplanq steigt.

Gehen Ryanair und dem Flugplatz Hahn die attraktiven Flugziele aus?

Man kann den Eindruck gewinnen, dass die Zeit der großen Passagierzuwächse für Ryanair am Flugplatz Hahn zu Ende ist. Neue Routen gehen zu Lasten von bestehenden.
Beispiel in 2004:
Tampere zu Lasten eines Flugpaares nach London-Stansted,
Jerez de Frontera zu Lasten eines weiteren Flugpaares nach London-Stansted.
Das Potential scheint ausgeschöpft, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Konkurrenz bspw. in Köln-Bonn, Stuttgart, auf dem Baden-Airport uns selbst am richtigen Flughafen Frankfurt immer mehr zunimmt.
Die Flugziele am Hahn konkurrieren inzwischen untereinander. Die neuen Flugziele wie Riga und Santander wie auch das ab Januar 2004 angebotene Tampere in Finnland üben bei weitem nicht den Reiz aus wie die Städteflugverbindungen nach London, Rom, Stockholm und Mailand. Wer will schließlich im Winter schon nach Finnland, Lettland oder an die Biskaya nach Nordspanien.
Und selbst den eifrigsten Hahn-Befürwortern müßte es doch inzwischen auf den Geist gehen, jedes zweite Wochenende nach London-Stansted oder Rom zu fliegen.

Das neue Zauberwort "Incoming-Tourismus"

An den von Ryanair angebotenen Flugzielen ab Hahn läßt sich erkennen, dass das Potential für den von Flughafengesellschaft und Politik ausgelobten "Incoming-Tourismus" eher bescheiden ist.
Es fällt schon schwer, nachzuvollziehen, dass Schweden, Norweger, Finnen, Iren, Schotten und Engländer scharenweise mit Ryanair einfliegen und an Mosel, Rhein, Nahe oder im Hunsrück Urlaub zu machen oder um den Weihnachtsmarkt in Bernkastel-Kues oder Sohren zu besuchen, wenn sie zum gleichen Preis auch nach Spanien, Mailand oder Rom fliegen können.
Noch unwahrscheinlicher dürfte sein, dass Italiener bspw. aus Pescara oder Sardinien, Spanier aus Girona oder Jerez de Frontera oder fast unvorstellbar Franzosen ihr Heimatverland verlassen und zu uns in den Hunsrück fliegen, um dort Urlaub zu machen.
Auch die Litauer, die ja bekanntlich nur ein Zehntel von dem verdienen wie die Menschen in Deutschland (deswegen werden ja auch unsere Arbeitsplätze dorthin verlagert), dürften nicht die Klientel darstellen, die zum Urlaubmachen bei uns einfliegt.