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Auch HNA wird am Flughafen Frankfurt-Hahn die Märkte nicht betrügen können - Mindestanforderung für ausgeglichenes Ergebnis: 2,5 Millionen Passagiere, 400.000 to Luftfracht

In der gutachterlichen Äußerung des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz zum Verkaufsprozess der Anteile des Landes an der Flughafen Frankfurt Hahn GmbH vom 04. April 2017 findet sich folgende Aussage:

"Nach der von der FFHG in der Sitzung des Aufsichtsrats vom 16. Oktober 2015 vorgelegten Deckungsbeitragsrechnung wären etwas mehr als 400.000 t Fracht und 2,5 Mio. Passagiere pro Jahr erforderlich, um ein ausgeglichenes Ergebnis zu erreichen. Danach wären zur Deckung der variablen, produktfixen und bereichsfixen (nicht der unternehmensfixen) Kosten zusätzlich acht bis neun Cargo-Vollabfertigungen pro Tag notwendig."

Die Aussage bezüglich der Kosten und der daraus resultierende Mindestbedarf an Passagieren und Fracht gilt, bei unveränderten Rahmenbedingungen, auch für die HNA Airport Group, die neue Betreibergesellschaft des Flugplatzes Hahn. Somit benötigt auch HNA zur Vollkostendeckung, d.h. zusätzlich der unternehmensfixen Kosten, noch höhere Passagier- und/oder Frachtzahlen. Zwangsläufig sind noch bessere Verkehrsergebnisse für den Fall nötig, dass HNA am Flugplatz Hahn Gewinne erzielen will.


Können die Mindestanforderungen erfüllt werden?


Die veranschlagten 2,5 Mio. Passagiere werden angesichts des zu erwartenden massiven Ausbaus des Billigfliegergeschäftes am Flughafen Frankfurt/Rhein-Main und der aggressiven Expansion von Ryanair an den benachbarten Flughäfen Frankfurt, Luxemburg und Köln-Bonn und der zum Erliegen gekommenen Expansion von Wizz Air am Standort Hahn, mittelfristig, evtl. sogar schon kurzfristig, nicht mehr zu halten sein.
Auch das Erreichen der für ein ausgeglichenes Ergebnis zusätzlich benötigten 400.000 to Fracht sind angesichts der nachfolgend dargestellten Marktbedingungen völlig illusorisch.

"Die Geschäftsführung der FFHG gab Anfang 2016 eine Studie über mögliche Strategien im Frachtgeschäft bei Desel Consulting in Auftrag. Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis, von der 2014 an deutschen Flughäfen umgeschlagenen Fracht von rund 4,4 Mio. t verblieben als relevanter Markt lediglich 640.000 t, um die sich der Flughafen Frankfurt-Hahn im Wettbewerb mit anderen Standorten hätte bemühen können. Integratorfracht, also Fracht von Logistikdienstleistern, die die komplette Wertschöpfungskette vom Versender bis zum Empfänger vollständig selbst abbilden (z. B. DHL), und Belly-Fracht, also Fracht, die an Bord von Passagiermaschinen befördert wird, kämen für den Flughafen Frankfurt-Hahn nicht in Frage. Desel Consulting prognostizierte, dass der Anteil der Belly-Fracht am Gesamtaufkommen von 58 % auf 62 % in den Jahren 2013 bis 2033 steigen und der Anteil der Vollfrachter entsprechend von 42 % auf 38 % sinken werde. Bei einzelnen Verkehrsverbindungen gingen die Verfasser der Studie von jährlichen Zuwachsraten für Luftfracht zwischen Europa und Asien von 5,3 % aus."

(Gutachterliche Äußerung des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz zum Verkaufsprozess der Anteile des Landes an der Flughafen Frankfurt Hahn GmbH vom 04. April 2017)

Im gleichen Dokument (Zahlen aus der Luftverkehrsstatistik des Statistischen Bundesamtes) findet sich auch nachfolgende Aussage:

"Ohne Transit-, Post- und Belly-Fracht wurden 2015 in Deutschland mit China rund 472.589 t abgewickelt, davon über den Flughafen Frankfurt/Rhein-Main 295.760 t."


Luftnummer Frachtzuwächse - Nichts blendet so sehr wie der Selbstbetrug


Der Flugplatz Hahn hat in seinem Spitzenjahr 2011 insgesamt 286.415 to abgefertigt. Davon waren jedoch allein 63.579 to Militärgüter, die zum Höhepunkt der amerikanischen Rache- und Ablenkungsfeldzüge im Irak und Afghanistan auf dem Hahn lediglich zwischengelandet wurden. Den Großteil der restlichen ca. 217.000 to Luftfracht waren an Bord von Maschinen der auf dem Hahn angesiedelten ACG Air Cargo Germany und der russische Aeroflot Cargo, die bis Mitte 2013 auf dem Hahn ihr Logistikcenter für Mitteleuropa betrieben hat. Beide Fluggesellschaften existieren inzwischen nicht mehr. Sie haben ihre zum Ausgleich der Standortnachteile des Flugplatzes Hahn angebotenen Dumpingpreisen mit dem finanziellen Kollaps gebüßt. Beide Gesellschaften haben zu keiner Zeit auch nur annähernd rentabel gewirtschaftet.
Selbst die 286.415 to sind noch weit entfernt von den etwas über 400.000 to Luftfracht, die für ein ausgeglichenes Ergebnis benötigt werden. 2016 wurden am Flugplatz Hahn nur noch ca. 72.000 to Luftfracht, davon ca. 10.000 to Militärgüter, abgefertigt. Selbst wenn es die Flughafengesellschaft schaffen sollte, 2017 die Frachtmenge wieder auf 100.000 to zu bringen, wäre dies noch nicht einmal ein Viertel des Bedarfes. Inwieweit die Frachtzuwächse auch noch mit Preisnachlässen mit entsprechenden Folgen in der Verlustmarge je to erkauft werden, ist noch nicht bekannt. Spätestens, wenn die Personalfreisetzungen bei der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH beginnen, hoffen wir auf diesbezügliche Informationen.


BI: Erkenntnisse zur möglichen Frachtmenge am Flugplatz Hahn schon seit 1991 bekannt


Dass der Luftverkehrsmarkt in Deutschland und den Anrainerstaaten nicht genügend Fracht für einen wirtschaftlichen Betrieb des Flugplatzes Hahn hergibt, ist bereits seit 1991 bekannt. Erste Hinweise hierzu lieferte das Gutachten "Möglichkeiten der Umnutzung bestehender Militärflughäfen in Rheinland-Pfalz in zivile Verkehrsflughäfen" der Prognos AG. Dort heißt es:
"In Rheinland-Pfalz bestehen keine Angebotslücken für den Luftverkehr. Ein neuer Flughafen kann hier sein Verkehrsaufkommen nur zu Lasten anderer Flughäfen gewinnen. Er wird sich seine Marktanteile erkämpfen müssen."

Noch deutlicher wurde es 1992, als der Vorstand der BI den Flughafen Frankfurt besichtigte, um den zum damaligen Zeitpunkt angeblich unmittelbar vor der Verlagerung nach Hahn befindlichen Nachtpostern und den Eurofrachtknoten im laufenden Betrieb, sowie die dafür benötigten Verkehrsflächen und Gebäude samt technischen Einrichtungen in Augenschein zu nehmen.

Beim Einführungsvortrag zum mehrstündigen Besichtigungsprogramm wurde der BI von der Geschäftsleitung der Fraport die Zusammensetzung der in Deutschland und den Anrainerstaaten umgeschlagenen Luftfracht, die Herkunft und die Verteilung auf die einzelnen Flughäfen dargestellt. Unterteilt genauso wie in der Studie von Desel-Consulting in Integratorfracht, Belly-Fracht und Fracht an Bord von Vollfrachtern, als zusätzliches Segment die damals noch geflogene Nachtpost.

Im Gegensatz zu der im Prüfbericht des Rechnungshofes angeführten Studie von Desel verfeinerte Fraport die Aussage zur Fracht an Bord von Vollfrachtern um den Begriff der "nicht anschlussgebundenen Luftfracht". Dieses verdeutlichte sie an einem Beispiel eines Vollfrachterfluges von Lufthansa nach Frankfurt. Das damalige Beispiel ist uns leider nicht mehr präsent.

Anhand des Beispiels aus dem Politikbrief der Lufthansa vom November 2009 wird klar, was sich hinter dem Begriff der "nicht anschlussgebundenen Luftfracht" verbirgt, welche Auswirkungen dies auf die Luftfrachtmenge für den Flugplatz Hahn hat, und vor allen Dingen, weshalb sich bspw. die Vollfrachterflüge von Lufthansa nicht auf den Hahn verlagern lassen.

Am 20.10.2009 transportierte Lufthansa mit einem MD-11-Frachter 72,2 Tonnen Luftfracht von Mumbai nach Frankfurt. Davon wurden ab Frankfurt 44,3 Tonnen mit andern Vollfrachtern, 16,6 Tonnen per Passagiermaschinen und lediglich 1,3 Tonnen per LKW weiter transportiert.

Wenn man die Aussagen von Fraport zur Nichtverlagerbarkeit der "anschlussgebundenen Fracht" auf das Beispiel von Lufthansa anwendet, kommen somit die 44,3 Tonnen (Weiterflug zu 11 Destinationen per Vollfrachter von Lufthansa) sowie die 16,6 Tonnen (Weiterflug zu 9 Destinationen per Passagiermaschinen von Lufthansa) für eine Verlagerung nach Hahn von vorne herein nicht in Frage. Als insgesamt für eine Verlagerung in Frage kommende maximale Frachtmenge wurden 1992 von Fraport 100.00 bis im allerbesten Fall 120.000 to genannt.
Von der in der Studie von Desel-Consutling 640.000 to bezifferten möglicher Fracht dürfte somit auch aus heutiger Sicht nur ein geringer Teil für eine Verlagerung nach Hahn in Frage kommen.

Lufthansa wird weiterhin mit ihren Vollfrachtern nach Frankfurt fliegen. Aero Logic, ein Joint-Venture zwischen Lufthansa und DHL, wird ebenso weiterhin mit ihren Vollfrachtern zum DHL-Drehkreuz nach Leipzig-Halle fliegen. Und die Gesellschaften, die mit Vollfrachtern München, Köln-Bonn und Düsseldorf anfliegen, werden nicht, nur weil zukünftig die chinesische HNA den Hahn betreibt, weg von ihren Kunden nach Hahn umziehen.

Geht man von aufgezeigten Realitäten im Passagier- und Frachtgeschäft aus, die durch die derzeitigen minimalen, mit zweistelligen Millionenverlusten "erkämpften", präzise ausgedrückt, erkauften Marktanteile von ca. 1 Prozent bei den Passagieren und ca. 2 Prozent bei der Fracht bestätigt werden, steht auch das Geschäftsmodell des neuen Hoffnungsträgers HNA für den Flugplatz Hahn auf äußerst wackeligen Füßen. Die chinesische HNA soll jetzt schaffen, was der Fraport nicht gelungen ist.

Trotzdem wird mit dem Flugbetrieb weitergemacht, auch wenn sich in den letzten 25 Jahren deutlich gezeigt hat, dass es nicht funktioniert. Die Standortnachteile des Hahns und vor allen Dingen das Fehlen einer zumindest für die Grundauslastung ausreichenden regionalen Marktnachfrage ist ein zu großes Hindernis. Daran kann auch HNA nichts ändern. Jetzt wirft das Land Rheinland-Pfalz den durch die Investition in den Flugplatz Hahn zu schlechtem Geld gewordenen 500 Millionen Euro nochmals fast 100 Millionen Euro gutes Geld als Subventionen für HNA hintergeworfen, um in ein paar Jahren wahrscheinlich festzustellen, dass dies nur ein bisschen Aufschub vor dem endgültigen Aus gebracht hat.


Denn wir sind sicher: Auch die HNA Airport-Group wird die Märkte nicht betrügen können!

(Newsletter der BI Nachtflughafen Hahn vom 26.06.2017)