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Mythos Flughafen Frankfurt-Hahn: "Mit der Fracht wird das Geld verdient" entzaubert

Es gibt kaum einen Bericht zur Situation des Flugplatzes Hahn, insbesondere zum Frachtgeschäft, indem nicht irgendein Sprecher/Aufsichtsratsvorsitzender des Hahns oder irgendein Politiker, egal von welcher Partei, ihr katastrophales UNWISSEN kund tun.
Sie behaupten: "mit der Fracht wird das (große) Geld verdient oder "Hahn zieht den Löwenanteil seines Umsatzes aus der Fracht.".

1. Kund getane Fehleinschätzungen in der Presse

Bspw. meldete "op-online" am 04.05.2010:
"Rheinland-Pfalz würde den lukrativen Frachtverkehr in der Nacht gerne auf seinem Hunsrück-Flughafen Hahn abwickeln."


Der Wochenspiegel meldete am 20.12.2013:
"... sei die Auswirkung im Ergebnis relativ gering, da der Flughafen den Löwenanteil seines Umsatzes aus der Fracht bezieht."


Der SWR am 18.5.2014:
"Geht es um das Frachtgeschäft und weniger um das Passagiergeschäft. Das ist wichtig für die Region, das bringt viel Geld für die Region.
Für die FHG ist die Fracht das Entscheidende. Geld verdient man als Flughafengesellschaft mit der Fracht."


Der Trierische Volksfreund zitierte den Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn Prof. Dr. Barbaros am 29.09.2014:
"Von steigenden Passagierzahlen geht der Flughafen Hahn nicht aus. Damit verdient er allerdings ohnehin sehr viel weniger Geld als mit der Fracht."


Es gilt nur, was tatsächlich ist, nicht hingegen, was (nur) sein soll!

Den Wahrheitsgehalt der tollen Sprüche zu den "dicken Gewinnen mit der Luftfracht" oder "dem Löwenanteil des Umsatzes" haben wir anhand von Fakten untersucht.



2. Die Fakten

a) Umsatz je Verkehrseinheit und Gesamtumsatz nach Segment

Im Schlussbericht zur Neuausrichtung der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH vom 13.08.2013 (Autor: Dr. Heinz Rethage) findet sich eine Aufstellung der Umsätze je Verkehrseinheit, unterteilt in Passage, Fracht, Parkierung und Retail (Umsatzabgaben der Einzelhändler). Dabei entspricht eine Verkehrseinheit einem Passagier (1) oder einhundert (100) kg Fracht.

Der Umsatz pro Passagier im Bereich Passage bei der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH betrug 2012:
Passage: 3,91 €, Parkierung: 2,22 €, Retail: 0,72 €
Zusammen: 6,85 € je Passagier

Der Umsatz je Verkehrseinheit im Bereich Fracht bei der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH betrug 2012:
6,51 € je 100 kg Fracht

Der Gesamtumsatz je Segment betrug bei 2.790.961 Passagieren und 207.500 t Luftfracht:

Passage: ca. 10.900.000 €, Parkierung: ca. 6.200.000 €, Retail: ca. 2.000.000 €
Passage (2.790.961 Passagiere) zusammen: 19.100.000 €

Immobilien (Vermietung und Verpachtung bspw. der Ladenflächen im Terminal): ca. Immobilien: 8.300.000 €

Fracht (207.500 t): 13.500.000 €



b) 50.000 to Fracht führten nur zu 2,9 Mio. € Umsatz, d.h. 58 € je Tonne

Wie wir bereits in unserem Newsletter vom 07.04.2015 nach der Verlagerung der Frachtflüge von Yangtze River Express nach München festgestellt haben, führten 2014/2015 die ca. 50.000 to Fracht dieser Fluggesellschaft bei der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH lediglich zu ca. 2,9 Millionen Euro Umsatz.
Dies entspricht einem Umsatz von ca. 58 € je Tonne Fracht bzw. 5,80 € je Verkehrseinheit.

Unsere Berechnung wird durch nachfolgende Aussage in der gutachterlichen Äußerung gemäß § 88 Abs. 3 Landeshaushaltsordnung zum Verkaufsprozess der Anteile des Landes an der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH vom 04. April 2017 bestätigt. Dort heißt es:
"Hinzu kam der Weggang von Yangtze River Express Airlines Company, Ltd (Yangtze) Anfang 2015 mit zuletzt 50.000 t/a. Dadurch verlor der Flughafen Frankfurt-Hahn allein mehr als ein Drittel des Gesamtaufkommens 2014 (Jahresumsatzverlust von ca. 3 Mio. €)."

Dies entspricht einem Umsatz von ca. 60 € je Tonne Luftfracht bzw. 6 € je Verkehrseinheit.


c) Preisnachlässe für Yangtze River Express?

Da 2012 der Umsatz je Verkehrseinheit noch 6,51 € betrug, 2014/2015 im Falle von Yangtze River Express nur noch 5,80 € (6,00 €) betrug, könnten Yangtze River Express Preisnachlässe für die Durchführung von Frachtflügen ab Hahn gewährt worden sein.


d) Flugplatz Hahn: Niedrige Frachtraten wegen Standardfracht

Der niedrigere Umsatz von 58 € je Tonne Luftfracht könnte auch einen anderen Grund haben. Dieser wird im Schlussbericht zur Neuausrichtung der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH vom 13.08.2013 erläutert. Der damalige Geschäftsführer der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH, Herr Dr.-Ing. Heinz Rethage stellt fest:
"Grundsätzlich ist das am Standort Hahn durchgeführte Geschäft der "Vollfrachter", also reine Frachtflugzeuge, welche nicht gleichzeitig noch Passagiere befördern, durch ein hohes Maß an Volatilität gekennzeichnet. Ergänzend handelt es sich bei den Frachtströmen gegenwärtig vor allem um sogen. "General Cargo", also Standardfracht, bei der eine hohe Wettbewerbsintensität und vergleichsweise niedrige Frachtraten vorherrschen. Daraus folgt, dass auch die Erlössituation für den Flughafenunternehmer schwierig ist."


e) Frachtraten unter Druck

Auch der nachfolgende Hinweis des Finanzministeriums aus der gutachterlichen Äußerung des Landesrechnungshofes im Zusammenhang mit dem Verkauf der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH an die SYT deutet genau in die gleiche Richtung:
"Weiter gab das Finanzministerium zu bedenken, ... dass vorhandene Margen im Frachtflugbereich noch weiter unter Druck geraten könnten."


e) 7 Minuten Arbeit soll Riesenumsätze generieren?

In der Ausgabe 3/2010 des Politikbriefs des "Frankfurt Hahn airport" findet sich nachfolgende Aussage:
"Ein weiterer Vorteil ist der schnelle Transfer aus dem Flugzeug auf den LKW. Im Schnitt benötigen wir hier am Hahn dafür sieben Minuten. Ein absoluter Spitzenwert, der in Europa seines Gleichen sucht ... "


In einem Bericht im Trierischen Volksfreund vom 29.09.2014 heißt es:
"Der Hahn lockt damit, dass er die Fracht nach der Landung schon drei Stunden später in die Hallen des Frankfurter Flughafens bringt, von wo aus sie ins paneuropäische Verteilnetz kommen. Landen die Maschinen in Frankfurt dauert es sechs Stunden. Am Hahn können die Frachtflieger auch schon nach zweieinhalb Stunden wieder abheben."

Für sieben Minuten Arbeit je Flugzeug und bei lediglich zweieinhalb Stunden Aufenthalt lassen sich keine großen Rechnungen schreiben.

Nach unseren Informationen wird inzwischen der größte Teil der Fracht von Etihad Sky Cargo und von Nippon Cargo Airlines überhaupt nicht mehr am Flughafen Hahn abgefertigt, sondern am Hahn nur noch schnell vom LKW in den Flieger geschoben bzw. vom Flieger direkt auf den LKW verladen. Der Rest der Arbeit wird jeweils bei den Frankfurter Handling Unternehmen der beiden Luftfahrtgesellschaften erledigt.
Wie die Durchfahrt von mit Luftfracht beladenen LKWs von und nach Frankfurt "viel Geld in die Region" bringen soll, ist uns rätselhaft.


3. Unrealistisch: SYT plante Umsatz mit 75 € je Tonne

In der gutachterlichen Äußerung findet sich der "Fair Deal" Business-Plan der Shanghai Yiqian Trading Co., Ld. für die Jahre 2016 bis 2024. Laut diesem Plan ging SYT von einem durchschnittlichen Umsatz von 75 € je Tonne Luftfracht aus.
Warum die für das Jahr 2016 geplanten 222.000 to Fracht zu 18.315.000 € Umsatz und die 348.000 to im Jahr 2024 zu 28.723.900 € führten, was einem Umsatz von 82,50 € je Tonne bedeutet, ist im Bericht nicht erläutert.
Angesichts der Realitäten erscheinen die von SYT in den Profit-Plänen angesetzten Umsätze von 75 € je Tonne Luftfracht, beschönigend ausgedrückt "sehr optimistisch".


4. Hahn kein Einzelfall

Der Flugplatz Hahn ist kein Einzelfall. Auch an anderen Flughäfen in Deutschland, aber auch in Europa, bedeutet hohes Frachtaufkommen nicht automatisch, dass sich damit "Geld", und schon gar nicht "viel Geld" verdienen lässt.

a) Flughafen Brüssel: Cargo is not obviously a big money maker for airports

Am Flughafen Brüssel - Frachtaufkommen 2014: 453.954 to - scheint man mit der Fracht auch nicht das große Geld zu verdienen. In einem Artikel des Fachmagazin "aircargonews" wird der Leiter der Frachtabfertigung am Flughafen Brüssel, Herr Steven Polmans" wie folgt zitiert:

"Cargo is not obviously a big money maker for airports"

und weiter:

"but we learned that not having dedicated cargo people would lose us much more money. For example, some passenger routes are not profitable without cargo."

Die angesprochenen Synergieeffekte treffen für den Flugplatz Hahn nicht zu, da es dort überhaupt keine Beifracht in Passagiermaschinen gibt und es auch keine Fluggesellschaft gibt, die den Hahn mit Fracht- und Passagiermaschinen gleichzeitig anfliegt.


b) Flughafen Leipzig-Halle: 38 Millionen Euro Verlust trotz 910.970 to Fracht

Den besten Beweis, dass selbst mit einer riesigen Menge Luftfracht kein Geld verdient wird, liefert der Flughafen Leipzig-Halle, immerhin der zweitgrößte Frachtflughafen Deutschlands.
Dort wurden 2014 laut den Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen insgesamt 910.970 to Fracht umgeschlagen. Auch dort gibt es nach unserem Wissen so gut wie keine Fracht als Beiladung in Passagiermaschinen.

Trotz den 910.970 to Fracht hat der Flughafen ein sattes Minus von 38 Millionen Euro erwirtschaftet.


5. Das Fazit

Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH: "Mit der Fracht wird weniger Verlust gemacht als mit der Passage"

Die Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn ist überzeugt, dass die Aussage, dass am Hahn mit der Fracht das "Geld" bzw. sogar das "große Geld" verdient wird, falsch und nur das übliche, von jeglicher Sachkenntnis ungetrübte, Politikergeschwätz ist.

Richtig könnte vielleicht sein: "Mit der Fracht wird ein bisschen weniger Verlust je Verkehrseinheit erwirtschaftet als mit der Passage".

(Newsletter der BI Nachtflughafen Hahn vom 21.06.2017)