Newsletter anfordern
Newsletter
anfordern!
Newsletter als PDF-Dokument (leichter zu lesen)

drucken

Fragwürdige Planungen der chinesischen HNA für die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH und eine nicht nachvollziehbare Entscheidung der EU

Wie können, angesichts der im folgenden dargestellten Fakten, eine Wirtschaftprüfungsgesellschaft dem Flughafen Frankfurt-Hahn eine positive Zukunftsprognose ausstellen und die EU auf dieser Grundlage die Erlaubnis zur weiteren Subventionierung des Hahn geben?

Vorwort:

Komplexe Sachverhalte der Betriebswirtschaftslehre und des Finanz- und Rechnungswesens lassen sich nicht mit wenigen schlagzeilenträchtigen Formulierungen beschreiben, darum folgende ausführliche Darstellung.



Ausgangslage:

1. Am 4. April 2014 veröffentlichte die EU-Kommission neue Luftverkehrsleitlinien. Danach kann die öffentliche Hand einer Flughafengesellschaft bis 2024 Betriebsbeihilfen in Höhe von 50% des anfänglichen Defizits gewähren. Voraussetzung hierfür ist dass der der EU-Kommission im Rahmen eines Notifizierungsverfahrens ein plausibler Wirtschaftsplan vorgelegt wird, der am Ende dieses Übergangszeitraums die volle Deckung der Betriebskosten ausweist.

2. In einem Artikel der Allgemeinen Zeitung vom 25.03.2017 zum Verkauf der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH an die chinesische HNA-Group findet sich folgende Information:

Seriöser ist hingegen die HNA-Group: Dies geht auch aus den Zahlen des vertraulichen Businessplans hervor, in den unsere Zeitung ebenfalls Einsicht nehmen konnte. Sie rechnet durchaus konservativ. So geht sie nicht von einer Steigerung der Passagierzahlen aus. Diese bleiben gegenüber 2,6 Millionen Passagieren (2016) mit 2,5 Millionen Passagieren im Jahr 2024 in etwa konstant. Die Tonnage der umgesetzten Fracht will HNA von 72,6 Tonnen 2016 auf 182 Tonnen (2024) steigern. Der Umsatz von 38 Millionen Euro im Jahr 2016 soll auf 53 Millionen Euro im Jahr 2024 gesteigert werden, wobei die Einnahmen aus dem Fluggeschäft von 14,7 Millionen Euro (2016) auf 32,8 Millionen Euro (2024) mehr als verdoppelt werden sollen.
(Anmerkung: statt 72,6 Tonnen soll es bestimmt 72.600 Tonnen heißen und statt 182 bestimmt 182.000 Tonnen heißen)

Fragwürdiger Umsatz I: 5,7 Mio. €, Differenz zwischen 38 Mio. und 32,2 Mio. €

HNA geht in ihrem Businessplan von einem Umsatz von 38 Mio. € für die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH 2016 aus.Tatsächlich betrug der Umsatz laut Jahresabschluss 2016 lediglich 32,2 Mio. €. Die Differenz zu dem angeblichem Umsatz von 38 Mio. € sind die "Sonstigen betriebliche Erträge" in Höhe von 5,7 Mio. €.

Die 5,7 Mio. € "Sonstige betriebliche Erträge" setzen sich wie folgt zusammen:

Betrag in €
Erträge aus der Auflösung des Sonderpostens für Investitionszuschüsse 288.000
Erstattung von Sicherheitskosten des Flugbetriebs 2.666.000
Buchgewinne aus Anlageverkäufen 50.000
Erträge aus der Auflösung von Einzelwertberichtigungen 304.000
Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen 1.548.000
Erträge aus der Abrechnung von Betriebskosten 330.000
Weiterberechnung aus der Weiterberechnung von Abbrucharbeiten 119.000
Unerläuterter Betrag 333.681
Summe "Sonstige betriebliche Erträge" 5.764.681


Fragwürdiger Umsatz II: 4,2 Mio. €, Differenz zwischen 32,2 Mio. und 28,0 Mio. €

Selbst die 32,2 Mio. Euro sind nicht der tatsächliche Umsatz 2016. Wie wir bereits in unserem Newsletter vom 02.07.2017 dargestellt haben, sind die 4,2 Mio. € in Wirklichkeit auch "Sonstige betriebliche Erträge", die 2016, anders als in den Vorjahren, als "Sonstiger Umsatz" in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen wurden.
Warum wohl?


Buchhalterische Maßnahmen sind keine planbaren Umsätze

Buchgewinne aus Anlagenverkäufen, Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen oder Einzelwertberichtungen sind keine Posten, die planbar sind. Es könnte genau so gut auch das Gegenteil eintreten. Sie haben demzufolge in der Umsatzplanung nichts zu suchen. Genau so wenig wie Erträge bspw. aus der Weiterbelastung von Abbrucharbeiten oder von Betriebskosten. Erst recht nicht Erträge aus Grundstücksverkäufen.
Zudem ist klar, dass ab 2024 keine staatlichen Zuschüsse mehr fließen dürfen. Somit entfallen bspw. auch die Zuschüsse für die Sicherheitsleistungen und die Flugsicherung.


Umsatzsteigerung: 25 Millionen statt ausgewiesener 15 Millionen

Dies alles hat zur Folge, dass statt der ausgewiesenen Umsatzsteigerung um 15 Mio. € (38 Mio. € in 2016 auf 53 Mio. € in 2024), tatsächlich eine Umsatzsteigerung in Höhe von 25 Mio. € von 28 Mio. € auf 53 Mio. € erfolgen muss.
Offensichtlich hat man von Seiten der HNA versucht, durch Einrechung der "Sonstigen betrieblichen Erträge" und der umdeklarierten "Sonstige betrieblichen Umsätze den Umsatz für 2016 höher darzustellen, als er in Wirklichkeit ist. Dies wahrscheinlich mit dem Ansinnen, die beabsichtigte Umsatzsteigerung auf 53 Mio. € leichter erreichbar erscheinen zu lassen.
Das man von Seiten der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH dem VorhabenVorschub geleistet hat, indem man schon im Jahresabschluss 2016 "Sonstige betrieblicher Erträge" zu "sonstigem Umsatz" umdeklariert hat, ist augenscheinlich. Im Rosstäuschen war man auf dem Hahn schon immer fit.


Fragwürdige Annahmen zur Umsatzsteigerung im Bereich Aviation

Allein im Segment Aviation sollen nach der Planung von HNA die Umsätze von EUR 14,7 Mio. im Jahr 2016 auf EUR 32,8 Mio. in 2024 steigen. In Summe also um 18,1 Mio. € oder 123 Prozent.

Die Einnahmen aus dem Fluggeschäft (Aviation) haben 2016 tatsächlich EUR 14,6 Mio. betragen. Diesen Einnahmen resultieren aus 2.609.156 Passagiere (= 2.609.156 Verkehrseinheiten und 72.577 to (= 725.770 Verkehrseinheiten) Fracht.


Exkurs:

Umsatz je Verkehrseinheit und Gesamtumsatz nach Segment

Im Schlussbericht zur Neuausrichtung der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH vom 13.08.2013 (Autor: Dr. Heinz Rethage) findet sich eine Aufstellung der Umsätze je Verkehrseinheit, unterteilt in Passage, Fracht, Parkierung und Retail (Umsatzabgaben der Einzelhändler).
Dabei entspricht eine Verkehrseinheit einem Passagier (1) oder einhundert (100) kg Fracht.

Der Umsatz pro Passagier im Bereich Passage bei der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH betrug 2012:
Passage: 3,91 €, Parkierung: 2,22 €, Retail: 0,72 €
Zusammen: 6,85 € je Passagier

Der Umsatz je Verkehrseinheit im Bereich Fracht bei der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH betrug 2012: 6,51 € je 100 kg Fracht

Dem Segment Aviation sind die Frachtumsätze in Höhe von 6,51 € je 100 kg Fracht und die 3,91 € aus dem Bereich Passage zuzurechnen. Parkierung und Retail fallen in das Segment Non-Aviation.
Legt man die 3,91 € Umsatz je Passagiere und die 6,51 € Umsatz je 100kg Fracht von 2012 zugrunde, hätte die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH 2016 insgesamt im Bereich Aviation einen Umsatz in Höhe von 14,9 Mio. € (Passage: 10,2 Mio. € + 4,7 Mio. €) erzielen müssen. Tatsächlich waren es je jedoch nur 14,6 Mio. €.
Demzufolge hat sich in den vier Jahren seit 2012 die Erlössituation im Bereich Aviation für die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH leicht verschlechtert.


Durchschnittlich 4,37 € Umsatz je Verkehrseinheit in 2016

Für 2016 ergibt sich ein Umsatz von 4,37 € je Verkehrseinheit (14,6 Mio. € / Summe Verkehrseinheiten 2016). Dieser Wert ist laut den Jahresabschlüssen der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH über die letzten 8 Jahre, bei zwei unerklärlichen Ausreißern nach oben (2013 und 2014) und einem nach unten (2015), mit geringen Schwankungen weitgehend gleich geblieben:

Jahr Umsatzerlös je Verkehrseinheit
in Euro
2008: 4,44
2009: 4,31
2010: 4,55
2011: 4,65
2012: 5,02
2013: 5,53
2014: 4,58
2015: 4,09
2016: 4,37
Mittelwert 4,62


HNA plant für die Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH 7,59 € je Verkehrseinheit

HNA plant für das Jahr 2024 mit einem Umsatz von EUR 32,8 Mio. bei 2.500.000 Passagieren und 182.000 to Fracht, in Verkehrseinheiten ausgedrückt 4.320.000 Verkehrseinheiten.
Der Umsatz soll demzufolge 2024 je Verkehrseinheit 7,59 € betragen. Gegenüber 2016 also um 3,22 € bzw. 73,68 % steigen.


Fragwürdige Annahmen zur Umsatzsteigerung im Bereich Non-Aviation

Im Bereich Non-Aviation müssen im Jahr 2024 Erträge in Höhe von 20,2 Mio. € erwirtschaftet werden (53 Mio. Gesamtumsatz minus 32,8 Mio. € aus dem Bereich Aviation).
In 2016 wurde im Bereich Non-Aviation ein Umsatz von 13,4 Mio. € erwirtschaftet. Demzufolge plant HNA mit einem Umsatzanstieg in diesem Segment von 6,8 Mio. € bzw. 50,75 %.


Planungen nicht seriös - Mehrgeschäft durch Preiserhöhungen?

Wir halten im Gegensatz zur Allgemeinen Zeitung die Planungen von HNA keinesfalls für seriös. Dies schon allein wegen der viel zu hohen Umsatzangaben für das Jahr 2016.

Für völlig unrealistisch halten wir die von HNA geplante Umsatzsteigerung im Bereich Aviation von 14,6 Mio. € in 2016 auf 32,8 Mio. € im Jahr 2024.
Realistischerweise ist davon auszugehen, dass weder Ryanair noch Wizz Air nach ihren Motti "Wir haben es nicht vom Geben" und "Nehmen ist profitabler als Geben" bereit sein werden, Steigerung bei den Gebühren hinzunehmen. Mr. O`Leary von Ryanair hat bereits mehrfach angekündigt, bei Gebührensteigerungen den gesamten Flugbetrieb am Hahn einzustellen.
Und Frachtfluggesellschaften brauchen, wenn sie marktübliche Preise bezahlen müssen, nicht nach Hahn zu gehen. Selbst Preise unter Marktniveau haben nicht ausgereicht.

(Newsletter der BI Nachtflughafen Hahn vom 06.08.2017)