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Millionenverluste bei Haitec Aircraft Maintenance GmbH und was uns sonst noch verschwiegen wird


Der neue Favorit

Nachdem die Flughafen Frankfurt-Hahn nur noch mit "Meldungen" wie bspw. "Lotto-Annahmestelle im Terminal eröffnet", "Flughafen und Bürger für Hahn stellen Hinweisschild zum Hahn auf" oder "Kiddy-Krabbelstube im Terminal eröffnet" glänzen kann, musste dringend eine andere Firma die Erfolgsmeldungen vom Vorzeigeprojekt der Landesregierung in Sachen Konversion liefern. Der kurzzeitige Medienliebling VG Cargo kommt hierfür nicht mehr in Frage. Ihr gefeierter Hallenneubau könnte nach dem Weggang von Yangtze River Express und Air China Cargo das finanzielle Fiasko für VG Cargo bedeuten.

Neuer Favorit ist nun die Firma "Haitec". Zumindest gefühlt vergeht keine Woche, in dem nicht großspurig über den Neubau deren Halle, den dabei vermeintlich entstehenden Arbeitsplätzen und dem großen wirtschaftlichen Erfolg der Firma berichtet wird. Dabei werden wie bei der Berichterstattung zum Hahn fast üblich, wichtige Fakten bewusst oder unbewusst nicht erwähnt.

Jahresfehlbetrag 2013: 1.295.065,84 €.

Die HAITEC Aircraft Maintenance GmbH hat vor geraumer Zeit ihren Jahresabschluss zum Geschäftsjahr 2013 im Bundesanzeiger veröffentlicht, der ein ganz anderes Bild von Haitec zeigt.
Jahresabschluss 2013 der Haitec Aircraft Maintenance GmbH

Man erfährt daraus:

"Der Jahresfehlbetrag 2013 betrug 1.295.065,84 €."

Jahresfehlbetrag 2014: voraussichtlich 1,429 Mio. €

Für 2014 sieht es offensichtlich noch schlechter aus. Hier findet sich im Jahresabschluss 2013 im Nachtragsbericht folgender Hinweis: "Auch im laufenden Geschäftsjahr 2014 tritt ein Missverhältnis zwischen Umsatz und Kosten auf. Der Geschäftsverlauf präsentiert sich daher als unbefriedigend und wir schließen das Geschäftsjahr mit einem Minus von voraussichtlich 1,429 Mio. € ab."

TOP-Kunden mit zweifelhafter oder schlechter Zahlungsmoral

Im Prognosebericht erfährt man von der Akquisition der Kunden Wow-Air, HiFly, Icelandair, Privat Air und Iraqi Airways.

Allerdings finden sich im Geschäftsbericht folgende beiden Aussagen, die die Angaben über die Kunden stark relativieren:

"Bedingt durch die Kundenstruktur und die Zahlungsmoral der Kunden hat sich in der Vergangenheit ein hoher Bestand von Kundenforderungen und Verbindlichkeiten aufgebaut. Die längeren Zahlungsziele der Kundenforderungen bedingen auf der anderen Seite entsprechende Finanzierungsanstrengungen im Bereich der Lieferanten und Bankenfinanzierungen."
"Ausbleibende oder späte Zahlungseingänge führten dazu, dass zeitweilig ein teurer Kontokorrentkredit in Anspruch genommen werden musste."

Angesichts dieser Verhältnisse verwundert es nicht, das in der Bilanz von den 6.288 Mio. € auf der Aktivseite 3.075 Mio. € auf Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände und lediglich 0,092 Mio. € auf den Kassenbestand und das Guthaben bei Kreditinstituten entfällt.

Hohe Personalkosten

Für mindestens genauso interessant halten wir jedoch folgenden Hinweis im Zusammenhang mit dem geplanten Bau einer zweiten Halle und der Ausweitung des Geschäftsbetriebes, der sich im Prognosebericht findet:

"Auf Grund der Kosten im Vorfeld (Personalaufbau, Verwaltung, Gebühren) planen wir die Gründung einer Personalauffanggesellschaft. So werden die Kosten aus dem operativen Geschäft der Haitec nicht anfallen und wir rechnen im Geschäftsjahr mit einem deutlich operativen Cashflow sowie mit einem operativen Betriebsergebnis (EBIT), welches ausreicht, den Zinsaufwand zu decken, so dass wir ein ausgeglichenes Jahresergebnis erwarten."

Werden Arbeitsplatzzahlen ausgewürfelt?

Leider gibt der Jahresabschluss keine hinreichenden Aufschlüsse über den tatsächlichen Personalbestand bzw. dessen Einsatz. 2013 beschäftigte die Haitec im Jahresmittel 210 Mitarbeiter. Diese Mitarbeiter verteilten sich auf die Standorte Hahn und Saarbrücken. Auf dem Hahn und in Saarbrücken warten ein Teil der Mitarbeiter Flugzeuge, auf dem Hahn werden zudem Flugzeuge gereinigt. In welchen Bereichen wie viele Mitarbeiter arbeiten, geht aus dem Jahresabschluss nicht hervor.

Aufgrund der Angaben zu den im Zusammenhang mit dem Hallenneubau neu geschaffenen Arbeitsplätzen, gewinnen wir den Eindruck, dass diese jedes Mal gewürfelt werden.

Im Hahner Durchhalteblättchen "Hahn on Air" heißt es am 07.06.2014:
"120 neue Mitarbeiter bis 2016"

Die Hunsrücker Zeitung schreibt in einem Bericht am 23.10.2014:
"Dabei können bis zu 160 neue Arbeitsplätze entstehen"

In der Hunsrücker Zeitung vom 10.07.2015 heißt es:
"..., wenn sie 30 Millionen Euro investieren und 200 zusätzliche Arbeitsplätze im Hunsrück schaffen wollen"

Am 22.09.2015 berichtet die Hunsrücker Zeitung:
"Haitec: 100 neue Arbeitsplätze auf dem Hahn"

Nach unseren Informationen hat Haitec allerdings allergrößte Probleme, geeignete Mitarbeiter zu rekrutieren. Selbst wirtschaftlich gesunde, alteingesessene und tarifgebundene Unternehmen bspw. der Metall- und Elektroindustrie oder des Handwerks haben Schwierigkeiten Facharbeiter aus metallverarbeitenden Berufen, dem Elektronikbereich, selbst der Verwaltung und der Logistik zu finden. Für die Haitec mit dem nach Angaben von Bewerbern unterdurchschnittlichen Lohngefüge, weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld und ungünstigen Arbeitszeiten in der 7-Tage-Woche dürfte dies noch schwieriger sein.

Dies gilt noch mehr für qualifizierte Techniker und Ingenieure, die auf dem Hunsrück sowieso Mangelware sind. Wo sollen denn bspw. die hochqualifizierten Ingenieure für Luft- und Raumfahrtechnik oder die Elektroingenieure herkommen, wenn selbst Airbus Industries, EADS oder Rolls Royce, an weitaus attraktiveren Standorten als dem Hahn, händeringend dieses Fachpersonal sucht und mit äußerst attraktiven Arbeitsplätzen, übertariflicher Bezahlung und sonstigen Sozialleistungen locken?

Angesichts dessen ist es kein Wunder, dass Haitec vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Preis für die Beschäftigung von vielen älteren Mitarbeitern erhalten hat, was für sich betrachtet durchaus löblich ist.

Bericht in Perpesktive 50+

Bei rechtem Licht, ohne die rosarote Politikerbrille bedeutet es höchstwahrscheinlich jedoch nur, dass es Haitec nicht gelingt, im ausreichenden Maß jüngeres Fachpersonal zu rekrutieren und auf Bewerber zurückgreift, die aufgrund ihres Alters am Arbeitsmarkt oder regionaler Bindung schwerer vermittelbar sind und aus dieser Not heraus, jedes Angebot annehmen.

Standortbezogene marktbeherrschende Stellung - Was ist mit der Wartungshalle von Ryanair?

Für sehr merkwürdig halten wir folgenden Hinweis im Lagebericht des Jahresabschlusses 2013 der Haitec: "Die Haitec nimmt standortbezogen eine marktbeherrschende Stellung ein."

Nachvollziehen können wir diese Aussage nicht. Nach früheren Zeitungsberichten, wartet Ryanair am Flughafen Frankfurt-Hahn doch angeblich den Großteil der im Jahr 2015 ca. 310 Flugzeuge umfassenden Flotte.

Bericht in der Hunsrücker Zeitung über die Flugzeugwartung von Ryanair auf dem Hahn

Um dies bewerkstelligen zu können, müsste nach unserem Kenntnisstand Ryanair mehrere Hundert Fluggerätemechaniker, Fluggeräteelektroniker und ähnliches Fachpersonal, teilweise mit CAT- Lizenzen auf dem Hahn beschäftigen und somit mit Haitec auf dem ohnehin knappen Markt für technischen Luftfahrtpersonal konkurrieren. Hinzu kommt, dass laut anderen Berichten angeblich auch noch vier Simulatoren für die Pilotenschulung auf dem Hahn stehen sollen, für deren Bedienung ebenfalls hochqualifiziertes Fachpersonal gebraucht wird.

Angesichts dessen verwundert es uns, dass in keiner der Berichte zum Hallenneubau von Haitec die riesige Wartungshalle von Ryanair, die zudem direkt neben der Halle von Haitec steht, zu sehen ist und auch nirgends erwähnt wurde.

Wer ist der geheimnisvolle Besitzer aus Aserbaidschan?

Nicht zuletzt erfährt man im Jahresabschluss, dass ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat. Hierzu schreibt die Hunsrücker Zeitung am 10.07.2015:
"Das Unternehmen, dessen Gesellschafter aus Aserbaidschan im Hintergrund bleiben wollen, ..." Auch wir möchten darauf nicht weiter eingehen.
Jemand, der sich mit dem neuen Eigentümer befasst hat, soll bei seiner Suche zu dem Unternehmer auf sehr interessante Informationen in "Wikileaks" gestoßen sein.

Liegt der Hahn in Mitteldeutschland?

In dem nachfolgenden Fernsehbericht des SWR anlässlich der Grundsteinlegung für die neue Halle führt der Geschäftsführer der Haitec, Herr Rott aus:

" ... den Standort entwickelt und wir haben ein Aviation-Center in Mitteldeutschland... "

Bisher sind wir davon ausgegangen, dass der Flugplatz Hahn in Westdeutschland und nicht in Mitteldeutschland liegt. Es scheint, dass Herr Rott auf dem Hahn dieselben einstudierten wohlfeilen Sprüche wie bei der Grundsteinlegung am Haitec-Standort in Erfurt aufgesagt hat.

Bericht in der Landesschau Rheinland-Pfalz vom 21.09.2015 zur Grundsteinlegung der Haitec-Halle

Mehr Bescheidenheit

Aus unserer Sicht würde es der Firma Haitec sicherlich gut tun, mehr Bescheidenheit an den Tag zu legen, nicht fast täglich mit immer dem gleichen Thema in den Medien zu erscheinen und sich vor allen Dingen nicht vor den Karren der Politik spannen zu lassen.
Dies hat in der Vergangenheit bspw. ihren Vorgängerfirmen Aircraft Maintenance Germany GmbH, Aircraft Maintenance Academy Germany GmbH und Line Maintenance Services Germany GmbH oder auch die Frachtfluggesellschaft ACG Air Cargo Germany nicht vor der Insolvenz gerettet.
Ob Haitec ohne den Investor aus Aserbaidschan noch Bestand hätte, ist angesichts der Zahlen des Geschäftsberichtes zumindest fraglich. Auf jeden Fall ist es positiv zu bewerten, dass sich überhaupt ein Investor für die Haitec gefunden hat, auch wenn dies andere Fragen wie bspw. der Herkunft des Geldes aufwerfen könnte.
Wir sind sicher, dass Haitec von den ganzen Firmen auf dem Hahn noch eine der Besten, wenn nicht sogar die Beste ist. Im Gegensatz zu anderen Firmen hat sie tatsächlich qualifizierte Arbeitsplätze für Menschen aus der Region geschaffen.
Wir hoffen daher, dass Haitec sich mit dem Hallenneubau nicht übernimmt und sich die Hoffnungen, die mit dem Neubau einhergehen, tatsächlich auch erfüllen.
Höhenflüge mit senkrechtem Absturz gab es auf dem Hahn wahrhaftig schon genug.

(Newsletter der BI Nachtflughafen Hahn vom 28.10.2015)