Tiefflüge und seltsame Eindrehmanöver (als Sichtanflüge freigegeben?) über den Dörfer waren am Flugplatz Hahn auch schon mehrfach zu beobachten

Zurück zur Übersicht

drucken

Fluglotsen machen Billig-Linien schwere Vorwürfe

WAZ London. Die Preisbrecher der Lüfte sind erstmals heftig unter Beschuss geraten. Britische Fluglotsen werfen den Billig-Linien schwere Verstöße gegen die Sicherheitsregeln vor.

Das Motto "Zeit ist Geld" habe wichtige Standards zu Fall gebracht. In einem Report heißt es gar, dass das Leben der Passagiere ernsthaft in Gefahr sei. Hintergrund ist der enorme Zeitdruck von Fluglinien, die der etablierten Konkurrenz von Lufthansa oder British Airways mit aggressivem Preis-Dumping das Leben schwer machen. Eine Maschine der irischen Gesellschaft Ryanair, die soeben Rekordgewinne ausgewiesen hat, presst zum Beispiel vier Rückflüge in einen Arbeitstag - doppelt so viel wie die Konkurrenz. Außerdem müssen die Maschinen 25 Minuten nach der Landung schon wieder in der Luft sein. In der Praxis führt das zu extremer Eile. Vorne steigen die Passagiere aus, hinten steigen neue ein, während die Stewardess noch schnell die Toiletten säubert. Nur so kann man europäische Ziele für weniger als 50 Euro anfliegen.

Um diese engen Vorgaben einzuhalten, wird nach den Erfahrungen der Fluglotsen rücksichtslos gedrängelt. Anweisungen der Flugsicherung würden dabei grob missachtet. Gefährliches Überholen, unerlaubte Abkürzungen - kurz vor der Landung gehe es so haarsträubend zu, dass zuweilen der Anflug abgebrochen werden musste. Außerdem häufen sich angeblich die Fälle, bei denen die Billig-Piloten das Sicherheitspersonal per Funk kräftig unter Druck setzen, um vorgelassen zu werden.

Ein Sprecher von Easyjet, einem der größten Budget-Flieger, wies die Vorwürfe als überzogen zurück. Bei Sicherheitsstandards mache man keine Kompromisse. Gleichzeitig warf Easyjet allerdings der Konkurrenz von Ryanair vor, mit einer überalterten Flotte das gemeinsame Image der Flug-Discounter zu beschädigen. Die Hälfte der irischen Flugzeuge bestehe aus Second-Hand-Maschinen, die zuweilen 20 Jahre alt sind.

Ryanair rüstet seine Flotte inzwischen mit nagelneuen Flugzeugen auf und weist auch die Vorwürfe der Fluglotsen scharf zurück. Die Start- und Landzeiten seien zwar kürzer als bei anderen Linien, aber bei der Sicherheit mache man keine Abstriche. Auf den Piloten laste daher auch nicht mehr Druck als bei der Konkurrenz von British Airways.

Der Sicherheitsexperte der Fachzeitung "Flight International" sieht dagegen im gnadenlosen Kampf über den Wolken ernsthafte Gefahren lauern. In einem Beitrag für Londoner Zeitungen fürchtet David Learmount, dass es wohl nur noch eine Frage der Zeit sei, bis die Piloten unter dem enormen Druck gravierende Fehler mit unabsehbaren Konsequenzen machen könnten.

18.06.2002 Von Ulrich Schilling-Strack

Originalbericht aus der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung

(Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 19.06.2002)

Zurück zur Übersicht

www.counter-kostenlos.net