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Stürzt RyanAir ab?
EU-Kommission wirft RyanAir Wettbewerbsverzerrung vor

RyanAir-Passagiere sind es gewohnt, in der Regel nicht dorthin geflogen zu werden, wo sie eigentlich hinwollen. Statt nach Mailand geht es nach Bergamo, statt in London landen die Fluggäste in Stansted, und wer einmal mit dem irischen Billigflieger nach Frankfurt will, merkt schnell, dass zwischen Hahn und der Bankenmetropole noch der halbe Hunsrück und gut zwei Autostunden liegen.


Zahlungen und Vergünstigungen


Es sind in erster Linie die günstigeren Start- und Landegebühren, die RyanAir und andere Billig-Anbieter an den Provinzflughäfen schätzen. Es ist jedoch kein Geheimnis, dass gerade RyanAir versucht, noch günstigere Bedingungen für sich herauszuhandeln – sogar direkte Zahlungen lokaler und regionaler Behörden an den irischen Billigflieger sind bekannt geworden.

Seit eineinhalb Jahren prüft daher die EU-Kommission, ob Entgegenkommen dieser Art nicht als versteckte und möglicherweise unzulässige Subvention und Wettbewerbsverzerrungen zu bezeichnen wäre.


Gratis in Charleroi


Insbesondere interessiert die Brüsseler Wettbewerbshüter der Fall des belgischen Provinzflughafens Charleroi, 40 km von der Hauptstadt Brüssel gelegen und Heimatbasis von RyanAir in Belgien. Denn im Gegenzug für die Verpflichtung, Charleroi 15 Jahre lang als Heimatbasis zu nutzen, sicherte die Region Wallonien RyanAir beträchtliche Subventionen zu. Sie reichen von verringerten Start- und Landegebühren über Zuschüsse für Marketing und Fortbildung bis hin zur Übernahme der Hotelkosten für das Flugpersonal. Schätzungen der Kommission zufolge summieren sich die Finanzspritzen auf jährlich über acht Millionen Euro.


Einseitige Bevorzugung und Geheimverträge

E

s gilt mittlerweile als sicher, dass die EU-Kommission in ihrem sich dem Ende nähernden Prüfverfahren über das Ausmaß der Beihilfen hinaus auch weitere Umstände des Vertrags zwischen den Wallonen und der Fluggesellschaft rügen und möglicherweise mit Strafzahlungen ahnden wird. Die Vereinbarung zwischen der Regionalregierung und RyanAir sei beispielsweise niemals veröffentlicht worden, entspreche in Teilen nicht den belgischen Gesetzen und schütze den Carrier vor jedwedem Geschäftsrisiko, heißt es. So habe RyanAir beispielsweise bei einer allgemeinen Abgabenerhöhung auf dem Flughafen Charleroi Anspruch auf Entschädigung. Eine derart einseitige Bevorzugung eines einzelnen Carriers stelle eine "massive Wettbewerbsverzerrung" dar.

Gegen diese Wettbewerbsverzerrung will die Union nun vorgehen und - wie nicht anders zu erwarten – wehrt sich RyanAir mit Händen und Füßen. So bezeichnete Ryanair-Chef Michael O'Leary am Freitag vor Journalisten in Brüssel das mögliche Vorgehen der EU-Kommission als einen Schlag gegen billige Flugtickets in ganz Europa.

Ein wutentbrannter RyanAir-Vorstandschef Michael O'Leary (links) macht dem wallonischen Wirtschaftsminister Serge Kubla unmissverständlich deutlich, dass eine Streichung der Subventionen mehr der Region Wallonien als seiner Gesellschaft schaden würde.


Weitere Untersuchungen angekündigt


Das Charleroi-Verfahren ist jedoch nur der Auftakt einer ganzen Reihe von Untersuchungen zu den Geschäftsbeziehungen zwischen dem irischen Billigflieger und den Betreibern europäischer Regionalflughäfen. Luftfahrtexperten schätzen, dass Ryanair auf seinen insgesamt 76 Flugstrecken in 13 europäischen Ländern Steuervorteile in dreistelliger Millionenhöhe genießt. Weitere Rückzahlungen in Millionenhöhe könnten also durchaus den Ruin des irischen Billigfliegers bedeuten.

Bereits im vergangenen Juli hatte erstmals ein nationales Gericht Subventionen für den Discount-Flieger untersagt. Das Verwaltungsgericht Straßburg verbot der örtlichen Industrie- und Handelskammer, an Ryanair jährlich Zuschüsse von 560 000 Euro zu zahlen.

Originalbericht

(Tixcali vom 11.01.2004)

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