Hahn hat es geschafft:

Im letzten Jahr noch Charleroi beim Wettbewerb um Ryanair’s erste Europabasis unterlegen, hat man jetzt den Zuschlag der irischen Low-Cost-Spezialisten erhalten: Am 14. Februar 2002 wird Ryanair ihre Deutschlandbasis in Hahn eröffnen und vier Maschinen exklusiv den Deutschland-Operationen zuteilen. Die Zahl der angeflogenen Destinationen erhöht sich von vier auf zehn, die Zahl der täglichen Abflüge von sechs auf fünfzehn. Neue Ziele sind: Bergamo (vermarktet als Mailand; ab X7 0645, X 2025), Pisa (ab X7 0650, X 1945), Torp (vermarktet als Oslo, ab X 1025), Montpellier (ab X 1050), Perpignan (ab X 1050), Bournemouth (ab X 1510) und Pescara (ein Flug täglich). Diese neuen Dienste ergänzen die bisherigen Flüge nach Shannon (ab X 1910), Prestwick (ab X 1015) und London Stansted (X7 0745, X7 1040, X6 1600, X6 1930). Zum Einsatz kommen auf allen Flügen 189sitzige Boeing 737-800.

In Hahn werden 200 neue Arbeitsplätze geschaffen; mit zusätzlichen 1,5 Mio. Passagieren pro Jahr wird gerechnet. Kein Aussage hat Ryanair gemacht, ob mit der neuen Basis in Hahn der Plan aufgegeben worden ist, in Deutschland zwei weitere Flughäfen anzufliegen. Neben Hahn hatte Ryanair nach eigenen Angaben mit vier weiteren Flughäfen in Deutschland über neue Strecken verhandelt. Als einer der Kandidaten war der Flughafen Zweibrücken durchgesickert. Ebenfalls im Gespräch war die ehemalige RAF-Basis Laarbruch (Airport Niederrhein) an der deutsch-holländischen Grenze. Nachdem Hahn den Zuschlag als weiterer Ryanair-Hub bekommen hat, sind auch innerdeutsche Flüge denkbar. Michael O’Leary: "Deutschland ist ein sehr interessanter Markt, gerade für Billigfluggesellschaften. Die Flugpreise zählen dort zu den höchsten in Europa." Auch von Lübeck könnten zusätzliche Zielorte in Skandinavien oder z.B. Prestwick angeflogen werden. Dort sei aber eine Verlängerung der Start- und Landebahn nötig. In fünf Jahren, so kündigte O’Leary in einem weiteren Interview an, wolle Ryanair bereits mehr Flugzeuge als die Lufthansa betreiben.

Unmittelbar nach der Ankündigung der Etablierung des neuen Ryanair-Hubs Hahn begann das erwartete "Hauen und Stechen" zwischen Lufthansa und Ryanair. Die von Ryanair gestartete Werbekampagne beantwortete Lufthansa am 27. November mit dem – erfolgreichen – Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen Ryanair beim Landgericht Köln wegen wettbewerbswidriger vergleichender Werbung. Gerichtlich wurde Ryanair einstweilig unter Androhung eines Ordnungsgeldes untersagt, ihre One-Way Preise vom Flughafen Hahn aus ohne nähere Erläuterungen mit jenen der Star Alliance-Gruppe von Frankfurt aus zu vergleichen.

Moniert wurde insbesondere die Verwendung von Begriffen wie "Frankfurt-Hahn" oder "Glasgow-Prestwick" und der Vergleich von Flughafenpaaren, die nicht parallel bedient werden (z.B. Hahn-Bergamo/Frankfurt-Mailand; Hahn-Perpignan/Frankfurt-Toulouse). Die Klage kommentierte Ryanair-Chef Michael O’Leary heftig: "Diese Klage ist typisch für die schmutzigen Tricks der Lufthanseaten, um einen echten Wettbewerb für Flugreisen in Deutschland zu verhindern." Ryanair hat gegen die Entscheidung Widerspruch eingelegt und angekündigt, sich bis zu einer endgültigen Entscheidung trotz drohender Ordnungsgelder über die einstweilige Verfügung hinwegsetzen zu wollen. Zudem hat Ryanair am 29. November offiziell beim zuständigen EU-Kommissar Mario Monti gegen das aus ihrer Sicht wettbewerbshemmende Verhalten der Lufthansa beschwert.

Lufthansa kündigte unterdessen an, auch weiterhin "die zielgerichtete Irreführung deutscher Verbraucher" durch Ryanair gerichtlich unterbinden zu lassen. Offenbar sei Ryanair nicht bereit, die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften einzuhalten. Sollte Ryanair sich nicht an die gerichtlichen Verbote halten, werde Lufthansa gegen die irische Gesellschaft Vollstreckungsmaßnahmen zur Befolgung der richterlichen Anordnungen beantragen.

(Auszug aus einer Darstellung im Internet-Magazin Jetstream - siehe Linkseite)