Auf dem Prüfstand: Versprechungen und Schwärmereien

Der Airbus A 300 wurde von Anfang der Diskussion um die fliegerische Nutzung des Flugplatzes Hahn an, als der Musterknabe bezüglich der Lärmwerte präsentiert. Wenn solche Flugzeuge am Hahn fliegen würden, bräuchte die Bevölkerung sich keine Sorgen über nächtliche Ruhestörungen zu machen. Man könne ruhig schlafen. Insbesondere Frau MdB Marita Sehn von der FDP ließ keine Chance aus, von diesem Flugzeug als "Flüsterjet" zu schwärmen.

Es ist an der Zeit, und die gesammelten Lärmwerte lassen es zu, diese Versprechungen und Schwärmereien auf den Prüfstand zu stellen.


16 Flugbewegungen mit nur 24 Lärmereignissen

Im August 2003 gab es am Flugplatz Hahn insgesamt 16 Flugbewegungen dieses Flugzeugtyps. Diese führten zu 24 registrierten Lärmmeßereignissen an den vier Lärmmeßstellen. Wir hätten allerdings erwartet, dass mindestens 32 oder sogar noch mehr Lärmereignissen hätten registiert werden müssen. Warum nicht, ist uns rätselhaft.

Wir können bspw. nicht verstehen, warum ein Flugzeug, das bei der Landung in Oberkleinich 76,3 dB(A) Krach verursachte, in Hirschfeld, das in viel niedrigerer Höhe überflogen wird, nicht registriert wurde.
Noch unbegreiflicher ist es in Hahn.
Bei 8 Starts in Richtung Koblenz ist in Hahn in 7 Fällen kein Lärmereignis verzeichnet. Lediglich bei einem Start wurde ein Wert von 82,0 dB(A) gemessen.
In Würrich hingegen, 2 km nach dem Abheben, haben alle Starts zwischen 79,2 und 85,5 dB(A) Lärm verursacht.


Unstimmigkeiten nicht aufgefallen

Die von uns aufgedeckten Unstimmgkeiten in den Lärmmeßberichten lassen ernsthafte Zweifel an der Aufrichtigkeit der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH aufkommen. Deren Management lobt sich ständig selbst, wie ernst sie das Problem des Fluglärms nimmt.
Und dann solch eklatante Ungereimheiten in den Lärmmeßberichten. Das paßt nicht zueinander.

Da nur Einfallspinsel und törichte Menschen ernsthaft erwarten, dass den Lippenbekenntnissen der Hahner Flughafenmanager auch Taten folgen, gibt es zum Schutz der Bevölkerung die Kommission zum Schutz vor Fluglärm. Zum kleinen Einmaleins dieser Kommission gehört die sorgfältige Analyse der Lärmmeßberichte. Man sollte ja schließlich wissen, welchen Belastungen die Bevölkerung ausgesetzt ist und wie sich bspw. Änderungen im Flugzeugmix auf die Einzelschallereignisse auswirken.
Anders am Hahn.
Mit Ausnahme des Vertreters der Bundesvereinigung gegen Fluglärm und des Bürgermeisters von Hirschfeld, ist den zum Teil hochrangigen Kommissionsmitgliedern die Unlogik in den Lärmmeßberichten nicht aufgefallen. Allerdings sind die Berichte, bewußt oder unbewußt, auch so aufbereitet, dass man ohne eigenes Zutun, nichts oder nur wenig erkennen kann. Den Kommissionsmitgliedern, Ausnahmen wie vor, war und ist der "Zahlenfriedhof" anscheinend aber gut genug, zumindest hat es keiner beanstandet. Vielleicht sind ihnen die Lärmmeßprotokolle aber auch völlig egal oder es besteht die Befürchtung, dass eine der Sache dienliche, kritische Auseinandersetzung mit den Berichten nicht gerne gesehen wird.
Selbst der Bürgermeister der Gemeinde Hahn, der seinen Ort in der Öffentlichkeit als den vom Fluglärm am schlimmsten betroffenen Ort präsentiert, stellt die Lärmeßberichte, die aussagen, dass Hahn am wenigsten von allen Orten mit Lärmmeßstation vom Fluglärm betroffen ist, nicht in Frage.


Wie ist das denn jetzt in Hahn?

Entweder sind die Flugzeuge in Hahn wirklich so leise, oder die Lärmmeßprotokolle sind trotz hochmoderner Lärmmeßanlage falsch.

Wenn die Lärmmeßprotokolle stimmen, gibt es keinen Grund mehr, den Hahnern ihr Neubaugebiet zu verweigern, dann aber bitte auch den Titel des am schlimmsten betroffenen Dorfes abgeben.

Wenn die Lärmmeßprotokolle falsch sind, ein Armutszeugnis für den Flugplatz Hahn und ein Rüffel für die Sachbearbeiterin, die in der Werbebroschüre "hahn affairs" vom Januar 2003 für ihre hervorragende Arbeitserfüllung noch so über den grünen Klee gelobt wurde. Ein Rüffel auch für ihren Vorgesetzten, der die Plausibilität der veröffentlichten Daten anscheinend nicht überprüft hat. Vielleicht gelingt es ja in der Zukunft.

P.S. Solche Unstimmigkeiten fallen auf, wenn man bspw. die Daten auch nach Flugbewegungen und nicht nur nach Lärmmeßstellen aufbereitet.



Analyse der Lärmwerte
Airbus A 300 B (vermutlich von MNG und/oder Orex Orbit)
im August 2003
22.00 - 06:00 Uhr

Index Datum Zeit Wert Art Ort Bemerkung
1L. Mi. 06.08.2003 02:10:59 76,1 Landung Oberkleinich
Mi. 06.08.2003 02:11:33 78,3 Landung Bahnhof Hirschfeld

1S. Hahn Kein Lärmwert > 70dB(A)?
Mi. 06.08.2003 03:07:06 79,2 Start Würrich

2L. Fr. 08.08.2003 02:41:03 73,7 Landung Oberkleinich
Fr. 08.08.2003 02:41:35 76,2 Landung Bahnhof Hirschfeld

2S. Fr. 08.08.2003 03:48:42 82,0 Start Hahn
Fr. 08.08.2003 03:49:15 80,5 Start Würrich

3L. Mi. 13.08.2003 02:11:07 75,1 Landung Oberkleinich
Mi. 13.08.2003 02:11:38 78,4 Landung Bahnhof Hirschfeld

3S. Hahn Kein Lärmwert > 70 dB(A)?
Mi. 13.08.2003 03:01:50 82,5 Start Würrich

4L. Fr. 15.08.2003 02:05:49 79,3 Landung Oberkleinich
Fr. 15.08.2003 02:05:49 79,3 Landung Bahnhof Hirschfeld

4S. Hahn Kein Lärmwert > 70 dB(A)?
Fr. 15.08.2003 03:13:09 83,5 Start Würrich

5L. Mi. 20.08.2003 03:20:06 75,7 Landung Oberkleinich
Mi. 20.08.2003 03:20:49 77,3 Landung Bahnhof Hirschfeld

5S. Hahn Kein Lärmwert > 70dB(A)?
Mi. 20.08.2003 04:24:20 79,7 Start Würrich

6L. Fr. 22.08.2003 03:40:17 77,6 Landung Oberkleinich
Fr. 22.08.2003 03:40:48 77,3 Landung Bahnhof Hirschfeld

6S. Hahn Kein Lärmwert > 70 dB(A)?
Fr. 22.08.2003 04:26:37 84,7 Start Würrich

7L. Mi. 27.08.2003 04:39:05 76,3 Landung Oberkleinich
Bahnhof Hirschfeld Kein Lärmwert > 70dB(A)?

7S. Hahn Kein Lärmwert > 70dB(A)?
Mi. 27.08.2003 05:43:50 85,5 Start Würrich

8L. Fr. 29.08.2003 04:27:58 76,2 Landung Oberkleinich
Fr. 29.08.2003 04:28:25 77,4 Landung Bahnhof Hirschfeld

8S. Hahn Kein Lärmwert > 70dB(A)?
29.08.2003 05:27:11 84,2 Start Würrich