a) Ideen und Vorschläge zur sinnvollen Folgenutzung des Flugplatzes Hahn
b) Wie die schönen Mehrheitsbeschlüsse zustande kamen!

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Absender:

Dr. Wolf-Dietrich Hoffmann
Kleinich, den 29.01.1992

An den
Ministerpäsidenten des Landes Rheinland-Pflaz
Herrn Rudolf Scharping
Staatskanzlei

6500 Mainz


Betreff: Konversionpläne Flughafen Hahn/Hunsrück

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

erlauben Sie mir, daß ich mich heute mit einem offenen Brief persönlich an Sie wende: Ich habe die Sorge, daß es aufgrund von Aktivitäten der Landesregierung zu einer Entwicklung gekommen ist, die sowohl in Form als auch im Inhalt bedenklich ist und wo gerade Sie als Ministerpräsident gefordert sind, einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion und zum Erzielen einer für alle Betroffenen akzeptablen Lösung zu leisten.

Wie bekannt, setzt sich Ihre Regierung, allen voran Staatsminister Brüderle, aber offensichtlich auch Sie persönlich, dafür ein, daß der Militärflughafen Hahn möglichst rasch in einen zivilen Flughafen umgewandelt wird. Für diesen ist vorgesehen, die vorhandene Startbahn auf 4 km zu verlängern sowie eine Genehmigung für einen 24 Stundenflugbetrieb zu beantragen. Alternative Nutzungen des militärischen Komplexes Hahn, der ja nicht nur aus einem Rollfeld, sondern viel komplexeren Strukturen, wie z. B. dem Housingbereich mit umfangreichen Wohnmöglichkeiten, ausgezeichneten Schulen und Kindergärten besteht, werden durch die Landesregierung nicht oder nicht mehr verfolgt, wie sich aus den Vorschriften über den Gesellschaftszweck der von Ihrer Regierung vorgeschlagenen Betreibergesellschaft ergibt. Und dies, obgleich zahlreiche Vorschläge für die Nutzung der Anlage z.T. schon seit Jahren vorliegen:

Es ist nicht meine Absicht, Ihnen detaillierte Vorschläge zu unterbreiten Vielmehr geht es mir darum, Ihnen mein Unverständnis darüber zum Ausdruck zu bringen, daß einerseits die an sich nicht schlechte Idee der Gründung einer Betreibergesellschaft einseitig auf ein einziges, und dazu noch unakzeptables Ziel ausgerichtet, anstatt daß eine systematische, offene und vorbehaltslose Suche nach sinnvollen, sozial- und umweltverträglichen und darüber hinaus zukunftsweisenden Alternativen betrieben wird. Andererseits bedarf es einer gründlichen Kosten/NutzenAnalyse für alle in Betracht zu ziehenden Vorschläge, so daß der volkswirtschaftliche Gesamtnutzen für die Region auch für alle Betroffenen sichtbar und einsichtig wird.

Betrachtet man den Vorschlag der Landesregierung für einen Frachtflughafen Hahn mit 4 km Startbahn und uneingeschränkten Nachtflugbetrieb, so sind - ohne auch annähernd einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben - folgende Effekte offensichtlich:

positiv:

dagegen stehen:

Neben diesen zugegebenermaßen nur kursorisch aufgeführten inhaltlichen Problemen mit dem Vorgehen der Landesregierung befremdet mich aber auch dessen Form:

Die betroffene Bevölkerung ist bislang durch die Landesregierung so gut wie überhaupt nicht informiert worden, weder über die konkreten Pläne, noch über Alternativen, obwohl ein für sie absolut einschneidendes Projekt vorgesehen ist.

Es gleicht regelrecht einem Erprossungsversuch, wenn die betroffenen Landkreise zur bedingungslosen Zustimmung zu den Plänen der Landesregierung in kürzester Frist aufgefordert werden mit dem deutlichen Hinweis, daß dieses Programm zu akzeptieren sei, da die Landesregierung nicht bereit sei, für alternative Maßnahmen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Die im Betreibervertrag vorgesehene Vorschrift, daß alle Gesellschafter schon heute bedingungslos künftigen Änderungen des Vertrages, soweit es dem Gesellschaftszweck diene, zustimmen müssen, entspricht insbesondere in Verbindung mit den Vorschriften über die Meinungsbildung (einfache Mehrheiten) einer Blanko-Vollmacht, die von einem arg gestörten Demokratie-Verständnis zeugt. Der Vorschlag ist schlicht sittenwidrig.

Erlauben Sie mir abschließend, Sle nochmals nachdrücklich zu bitten, die bisherigen, ziemlich unglücklichen Aktivitäten Ihrer Landesregierung in diesem Bereich zu stoppen und einen Beitrag zu leisten, der es ermöglicht, Lösungen zu finden, die sozial und umweltverträglich sowie gesamtwirtschaftlich sinnvoll sind und darüber hinaus von den Betroffenen akzeptiert und mitgetragen werden können. Ich möchte Ihnen versichern, daß solche Lösungen möglich sind, ohne daß es dazu solch schwerwiegender Eingriffe bedarf, wie die eines 24 Stundenbetriebs auf dem Hahn. Schließlich möchte ich wiederholen, daß ich Kopie dieses offenen Briefes sowohl weiteren politischen Instanzen als auch den einschlägigen Medien zur Verfügung stellen werde.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolf Dietrich Hoffmann

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