Ob das alles so stimmt?

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Absender:

Der Ministerpäsident des Landes Rheinland-Pfalz
Rudolf Scharping
Mainz, den 27.03.1992

Herrn
Dr. Wolf-Dietrich Hoffmann

Landhaus Arnoth

5551 Kleinich


Betr.: Künfitge Nutzung des Flugplatzes Hahn

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

Ihr Schreiben vom 29. Januar 1992 enthält einige Vorhaltungen und Unterstellungen, die falsch sind und einer sachlichen Diskussion nicht dienen. Insbesondere der Vorwurf, die betroffene Bevölkerung sei bislang von der Landesregierung "so gut wie überhaupt nicht informiert worden", ist Unsinn. Die Landesregierung hat regelmäßig über alle wichtigen Gespräche und Verhandlungen informiert. Das beweisen allein die vielen Presseveröffentlichungen. Ebenso ist in den kommunalen Gremien (Gemeinderäten, Kreistagen) wiederholt über die Frage eines zivilen Frachtflughafens und im Zusammenhang damit wohl auch über Nutzungsalternativen in öffentlichen Sitzungen diskutiert worden. Auch darüber gibt es eine Fülle von Presseberichten.

Zur Sache selbst möchte ich folgendes bemerken:

Die Landesregierung hat für den Flugplatz Hahn eine Reihe von Nutzungsalternativen geprüft. So z. B. als Hochschulstandort. Jedoch ist der Bereich Hahn dafür wenig geeignet, da die sonstigen infrastrukturellen Voraussetzungen sowie die Anbindungen an bestehende Einrichtungen nur teilweise gegeben und nur mit großem Aufwand zu schaffen sind. Die Realisierung eines Hochschulstandortes erfordert umfangreiche Investitionen, die grundsätzlich nicht von privaten, sondern von der öffentlichen Hand zu leisten sind. Die derzeit für den Hochschulbau verfügbaren Finanzmittel reichen aber kaum aus, um die bereits jetzt bestehenden Hochschulstandorte an den gewachsenen Bedarf anzupassen.

Untersucht wurden auch die Möglichkeiten zur Schaffung von anderen Einrichtungen, wie z. B. Müttergenesungswerk, Behinderteneinrichtungen, Justizvollzugsanstalt oder Feuerwehrschule. Alle diese Nutzungsformen sind allenfalls partielle Lösungsversuche, die aber keinen Ersatz für eine Gesamtverwertung des Flugplatzes Hahn darstellen. Diese Nutzungsformen können zudem nur einen relativ geringen Beitrag zur Bruttowertschöpfung leisten und bieten nur wenig interessante Arbeitsplätze. Sie sind überwiegend von öffentlichen Investitionen abhängig und ihre indirekten Wirkungen auf die regionale Wirtschaft müssen als vergleichsweise gering eingestuft werden.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Errichtung eines Industrie- und Gewerbe- oder Technologieparks. Hier hat sich herausgestellt, daß Hahn ungünstigere Bedingungen als andere Standorte bietet.
Auch sind die vorhandenen Einrichtungen des Flugplatzes für den Fremdenverkehr kaum nutzbar. Darüberhinaus ist das KliMa für eine große Fremdenverkehrsentwicklung wenig günstig. Der Ausbau von Fremdenverkehrseinrichtungen könnte die wirtschaftlichen Verluste durch den Truppenabzug nicht ausgleichen.

Daher kommt die Landesregierung nach sorgfältiger Prüfung aller Alternativen zu dem Ergebnis, daß der Flugplatz mit seiner umfangreichen flugtechnischen Infrastruktur einen spezifischen Standortvorteil für die Errichtung eines zivilen Flughafens darstellt, der in dieser Zusammensetzung einmalig ist.

Bereits die bisherigen Akquisitionsbemühungen haben gezeigt, daß die Chancen des Standortes Hahn in der einmaligen Kombinationsmöglichkeit der Flughafenfunktion mit

Die ermittelten Chancen im Fracht- und Personencharterbereich bieten m.E. gute Entwicklungsmöglichkeiten für den Bereich Hahn. Es ist davon auszugehen, daß ein breites Arbeitsplatzangebot in den Bereichen High-tech, Datenverarbeitung, Logistik, Lager- und Transportwesen, Dienstleistungen, Sicherheitsdienste, Feuerwehr und Zoll entsteht. Durch den Zivilflughafen werden bestehende Arbeitsplätze in der Region gesichert und zusätzliche geschaffen. Die einheimische Wirtschaft wird von den notwendigen Baumaßnahmen im Zusammenhang mit der Realisierung des Flugplatzes sowie der Ansiedlung von neuen Industrie- und Gewerbegebieten profitieren.

Ich gehe weiter davon aus, daß von einem Zivilflughafen Hahn auch deutliche Impulse zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur sowie für den Erhalt der Hunsrück-Bahn zu erwarten sind. Ein Zivilflughafen Hahn kann in der Rhein-Hunsrück-Region zu einem Kristallisationspunkt für eine neue wirtschaftliche Entwicklung werden. Insbesondere dürften sich damit jungen Menschen neue Perspektiven in ihrer Heimat eröffnen.

Ich bin fest davon überzeugt, daß aufgrund der bisherigen Erfolge auch weitere Fortschritte in der Verminderung des Fluglärms zu erzielen sind. In diesem Zusammenhang möchte ich anmerken, daß z. B. die Deutsche Lufthansa ab 1992 nur noch leise Flugzeuge der Kategorie III in ihrem Flugzeugpark betreiben wird. Weitere Entwicklungen zu leiserem Fluggerät hin sind zu erwarten. Daher ist die Landsregierung der Auffassung, daß in Abwägung des Nutzens und der Risiken die geplante Einrichtung eines zivilen Flughafens in Hahn vertretbar ist.

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